Witten. Der Leiter der Wittener Sucht- und Drogenhilfe hat sich eingehend mit dem geplanten Cannabisgesetz befasst. Er kommt zu einem klaren Urteil.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Dieser Satz kommt Frank Bannasch, Leiter der Wittener Sucht- und Drogenhilfe, sofort in den Sinn, wenn er über das geplante Cannabisgesetz spricht. Das Anliegen, die Droge zu entkriminalisieren, hält er für richtig und wichtig, den vorgesehenen Weg in weiten Teilen für falsch, ja sogar gefährlich.

Erst einmal das Positive: Bannasch begrüßt es, den „Wochenendkonsumenten“ zu entkriminalisieren und Menschen, die von Cannabasis abhängig sind, Hilfe und Unterstützung anzubieten statt sie strafrechtlich zu verfolgen.

Erlaubte Mengen sind aus Sicht des Beraters viel zu hoch

Geht der 59-Jährige die geplanten Regeln aber Punkt für Punkt durch, fällt sein Urteil weit weniger wohlwollend aus. Seine Kritik kommt geradezu einem Verriss gleich. Allein schon den Konsum von Cannabis ab dem 18. Lebensjahr zuzulassen, „widerspricht den heutigen medizinischen Erkenntnissen“, sagt Frank Bannasch. Dabei beruft er sich auf die Wissenschaft und Forschung, wonach sich das Gehirn bis zum 25. Lebensjahr noch ausbildet und weiter entwickelt.

In dieser Zeit könne ein Stoff wie Cannabis, der Lern- und Gedächtnisleistungen stark beeinträchtige, zu erheblichen Schäden führen. Deshalb bringe es auch nichts, wenn die freigegebene Cannabisgrenze für junge Menschen zwischen 18 und 21 Jahren mit 30 Gramm im Monat niedriger liege als für Erwachsene. Der Gebrauch dürfe in dieser Altersspanne überhaupt nicht erlaubt sein, so der Suchtexperte.

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Kontakt zur Beratungsstelle

Die Sucht- und Drogenhilfe Witten kümmert sich um Menschen, die Suchtmittel konsumieren oder von ihnen abhängig sind. Die Beratungsstelle bietet Einzel-, Paar- und Familiengespräche an, organisiert darüber hinaus auch Gruppentreffen, beispielsweise für Angehörige von Betroffenen.

Die Beratungsstelle an der Röhrchenstraße 10 ist telefonisch von montags bis freitags vor- und nachmittags unter 02302/91484-50 zu erreichen.

Die Mengen, die nun ein Erwachsener ab dem 21. Lebensjahr demnächst über einen Verein bekommen darf, sind nach Ansicht von Bannasch aber auch noch viel zu hoch. 50 Gramm sollen pro Monat zugelassen sein. „Das bedeutet pro Tag etwa 1,7 Gramm.“ Bei einer solchen Tagesdosis „geht man weit über ein akzeptables und verträgliches Konsumverhalten hinaus“, warnt der Berater.

Seit drei Jahrzehnten ist er in der Drogenhilfe tätig. Pro Jahr suchen etwa 600 Menschen die Wittener Beratungsstelle unter dem Dach des Diakonischen Werks Mark Ruhr auf. Rund ein Drittel der Klienten konsumiert regelmäßig Cannabis. Zirka zehn Prozent kommen mittlerweile nicht mehr ohne das Rauschmittel aus und haben mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

Frank Bannasch, Leiter Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr, kritisiert deutlich das geplante Cannabis-Gesetz.
Frank Bannasch, Leiter Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr, kritisiert deutlich das geplante Cannabis-Gesetz. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Für mehr als fragwürdig hält Bannasch zudem die Vorgabe, den Wirkstoff THC auf zehn Prozent zu begrenzen. Auch hier ist für den Berater das Motiv zwar durchaus nachvollziehbar. Die Regierung wolle die Gefahr einer Abhängigkeit unterbinden. Doch mit einer solchen Lösung ergebe sich ein ganz anders gelagertes Problem.

Wer bislang Cannabis aus illegalen Quellen konsumiere, nutze einen THC-Gehalt von etwa 20 Prozent. „Der wird einen Stoff mit einem nur halb so hohen Wert kaum verwenden.“ Bannasch befürchtet, dass sich die Leute dann doch wieder Cannabis auf dem Schwarzmarkt besorgen und eine kriminelle Szene fortbesteht.

Frage nach der Kontrolle des Cannabisanbaus

Dass demnächst auch jeder Bürger selbst Cannabispflanzen anbauen kann, „hört sich auch erst mal ganz interessant an“, sagt der Drogenberater. „Aber mehr als drei dürfen es nicht sein. Die Zahl ist willkürlich festgelegt und wer soll Menge und Gehalt kontrollieren?“

Ähnlich fällt sein Urteil zu den Clubs aus, die sich demnächst gründen können, um gemeinschaftlich Cannabis anzubauen. Frank Bannasch findet es widersinnig, wenn die Mitglieder nicht vor Ort konsumieren dürfen, allein oder mit anderen. „Das ist doch in etwa so, als würde ein Billardclub Tische aufstellen, aber verpflichtet wäre, das Spielen zu unterbinden.“ Selbst in der „jugendfreien“ Umgebung eines Clubs wäre der Konsum dann nicht gestattet – stattdessen aber zuhause, wo möglicherweise Kinder zugegen sind.

Schließlich lehnt der Leiter der Wittener Sucht- und Drogenhilfe die Gesetzespläne aus dem Hause Lauterbach auch deshalb ab, weil durch die Freigabe nicht das Problem von Cannabis im Straßenverkehr gelöst werde, wie er betont. Denn die Droge lasse sich auch noch Tage nach dem Gebrauch im Blut nachweisen, obwohl die Wirkung dann schon längst nachgelassen habe.