Witten. Es ist bereits seine 20. Fahrt nach Israel. Doch so etwas Schlimmes wie jetzt hat der Wittener Pfarrer Claus Humbert noch nie erlebt.
Sie wollen zurück nach Hause, so schnell wie möglich. Eine 24-köpfige Reisegruppe aus der evangelischen Gemeinde in Annen hält sich derzeit in Israel auf. Sie kam Freitagabend in Tel Aviv an, wenige Stunden, bevor das Land von der schlimmsten Terrorattacke seit Jahrzehnten heimgesucht wurde.
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Der WAZ-Redaktion gelang es am Montagmittag, den seit wenigen Monaten pensionierten Pfarrer Claus Humbert telefonisch zu erreichen. Es ist bereits seine 20. Fahrt ins Gelobte Land, die er mit seiner Frau leitet, der Pfarrerin Sabine Maiwald-Humbert.
Man halte sich im derzeit noch sicheren Norden auf, so der 64-Jährige, in der Nähe des Sees Genezareth, „weit weg von den Konfliktzonen“ im Gaza-Streifen. „Bisher gab es bei uns keinen Luftalarm. Wir sind aber darauf vorbereitet und wissen, wo die Schutzräume liegen“, sagt Humbert. Natürlich mache sich die Gruppe Sorgen.
„Der Wunsch ist eindeutig, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen“, erklärt der evangelische Geistliche. Der Reiseveranstalter aus Limberg bemühe sich darum. Doch derzeit sei noch völlig unklar, ob es mit einem früheren Flug oder dem geplanten Rückflug am Sonntag klappt. so Humbert zur Mittagszeit. „Sich im Land zu bewegen, ist nicht das Problem. Die Schwierigkeit ist rauszukommen.“
Rückflug von Jordanien aus
Nach seinen Informationen war der Flughafen Tel Aviv zeitweise gesperrt und Lufthansa fliege nicht nach Israel. Jüngste Internet-Recherchen dieser Redaktion ergaben, dass aktuell von über 70 Airlines die Hälfte Tel Aviv noch oder wieder anfliegt. Lufthansa soll bis Samstag alle Flüge dorthin gestrichen haben.
Eine Option sei es auch, sagte Pfarrer Humbert am Montagmittag, den Rückflug vom nahen Amman in Jordanien aus anzutreten. Am frühen Montagabend informierte Humbert dann die Lokalredaktion darüber, dass man diesen Weg tatsächlich wählen werde: In der Nacht zum Mittwoch werde die Wittener Gruppe von Amman aus zurückfliegen.
Die Terrorattacken auf Israel beeinflussen das komplette Restprogramm der Wittener Reisegruppe. „Die vier Tage Jerusalem können wir knicken“, sagt der Theologe. Für Donnerstag war dort ein Konzert mit der Gruppe „Jerusalem Klezmer“ geplant, die erst im April für einen Auftritt nach Witten gekommen war.
„Jerusalem ist für Touristen gesperrt“, berichtet Humbert. Zumindest gelte das für Gruppen ab zehn Personen. Nun werde man länger in der Nähe des Sees Genezareth bleiben. Dort übernachtet die Gruppe im Gästehaus eines Kibbuz. Auch der geplante Besuch in Betlehem müsse natürlich gestrichen werden.
Als die ersten Meldungen von dem Raketenbeschuss der Hamas am Samstag die Weltöffentlichkeit erreichten, war die Wittener Gruppe gerade nach Haifa gefahren, das am Mittelmeer im Norden des Landes liegt. „Das Erschrecken war natürlich groß“, sagt Humbert. Er spricht von einer ganz neuen Dimension der Gewalt. „Wir dachten, das kann doch nicht wahr sein.“ Die Gedanken sind bei den vielen Toten und Verletzten.
Es herrsche eine bedrückte Stimmung im Land und es sei „eigenartig ruhig“, berichtet der Pfarrer aus dem Norden Israels. Inwiefern Freunde oder Bekannte in Tel Aviv und Jerusalem betroffen sind, weiß er nicht. Man habe noch nicht miteinander telefonieren können. „Nach meinem bisherigen Wissen sind dort noch keine Bomben eingeschlagen.“
Israelischer Reiseführer: „In meinem Kibbuz war noch kein Alarm“
„Wir gehen gefasst mit der Situation um und können uns als Reisegruppe im Norden des Landes bewegen“, sagt Sharon (47), der „Guide“ vor Ort. Er selbst lebt nördlich von Tel Aviv. „In meinem Kibbuz war noch kein Alarm“, sagt er, „aber in der Nähe. Hier ist ja alles nicht weit weg.“ Trotz der „Schwere des erlittenen Schlages“ gehe das Leben weiter. „Die Menschen sind leiderprobt. Der Umgang mit extremen Situation hilft ihnen dabei.“
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In großer Sorge ist auch der „Freundeskreis der Israelfahrer“ in Witten. In den sechziger Jahren gab es die ersten Begegnungen, in den Siebzigern begann der Jugendaustausch. Die Städtepartnerschaft mit Ein Wered (ab 1979) wurde später (1985) auf den Landkreis Lev Hasharon ausgeweitet. Er liegt nördlich von Tel Aviv. „Es wäre im Augenblick ruhig bei ihnen. Die Kampfhandlungen fänden alle im Süden statt“, berichtet Freundeskreissprecherin Brigitte Obenaus (69) nach einem Telefonat am Montag mit Gawi Zfati, ihrem Ansprechpartner vor Ort. „Er sagte, sie schlachten die Menschen dahin.“
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