Witten. Die Gärten der Gemeinschaft in Witten nehmen Form an. Hier werden Klimaschutz und gesundes Leben vereint. Dafür wurde ordentlich Erde bewegt.
Im Pferdebachtal in Witten entsteht – bislang noch großteils von der Öffentlichkeit unbemerkt – ein einzigartiges Projekt. Seit Anfang 2022 arbeitet die Entwicklungsgesellschaft Annener Berg daran, vier Hektar des Geländes umzugestalten und in eine Art Gemeinschaftsgarten für den Stadtteil zu verwandeln.
„Gärten der Gemeinschaft“ heißt denn auch das Projekt, das mittlerweile auch zur IGA gehört. Es soll Experimentierfeld sein und zum Nachahmen anregen. Ein erhöht liegender Teil der Projektfläche schmiegt sich hinten an das Christopherus-Haus. Dort waren früher rund 1,5 Hektar Ackerland – und die Blühwiese von Biobauer Dirk Liedmann. Zum Start musste hier ordentlich Erde bewegt, der Boden modelliert werden.
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Eine „Blänke“ als neuer Lebensraum für Pflanzen und Tiere in Witten
Jetzt durchziehen auf Dauer angelegte Furchen mit Staustufen das Gelände. An einem Ende hat sich teichartig Wasser gesammelt. Das ist so gewollt. „Hier haben wir eines von zehn Biotopen geschaffen, eine Blänke“, sagt Benjamin Greulich vom Vorstand der Entwicklungsgesellschaft. Eine Blänke ist ein flacher Tümpel, der zwischendurch auch austrocknen darf. Sonst gerne auch auf Äckern zu finden, soll sie Lebensraum für viele selten gewordene Pflanzen und Tierarten sein.
Gleichzeitig erfüllt das Gewässer eine mikroklimatische Funktion: Durch die Verdunstung wird nicht nur der Nahbereich abgekühlt, sondern mit dem Wind auch ins Pferdebachtal hinunter und darüber hinaus getragen. So wird hier nicht nur aktiv Natur- und Artenschutz betrieben. Die grüne Insel im Wullen will auch zeigen, wie man die Folgen des Klimawandels innerhalb einer Stadt abschwächen kann.
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Blickfang des Geländes ist derzeit eine aus Natursteinen aufgeschichtete Kräuter- und Heilpflanzen-Spirale, die schon üppig bewachsen ist. Der Zaun drumherum soll nur Kaninchen davon abhalten, sich über Salbei und anderes herzumachen. Sollte sich ein Nachbar hier bedienen wollen, wäre er herzlich dazu eingeladen. Denn der entstehende Garten – besser Park – soll die Menschen in seiner Umgebung auch mit gesunden Lebensmitteln versorgen.
Waldgarten hat die Wetterkapriolen überstanden
Dazu hat der Verein auch im vergangenen Oktober auf einem anderen Abschnitt einen Waldgarten mit Obst- und Nussbäumen, Beerensträuchern und essbaren Stauden angelegt. Die Sorge um die Setzlinge war groß. „Erst war es extrem trocken, dann extrem nass. Es stand auf der Kippe, dass die jungen Bäume es schaffen“, sagt Greulich. Haben sie aber. Auch dem ersten Gemüse, das die Entwicklungsgesellschaft hier angepflanzt hat, hat das Wetter zugesetzt.
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Vorerst ist nur ein kleiner Abschnitt der künftigen Ackerfläche bewirtschaftet, auf der naturnaher Ackerbau betrieben werden soll. Das Projekt wächst Schritt für Schritt. Im Spätsommer soll dann auf der aktuell brachliegenden Fläche Urgetreide ausgesät werden. „Wir lassen mehr Abstand zwischen den Saatreihen als üblich. So entsteht dort auch ein Lebensraum für Tiere“, sagt der 48-Jährige. So erfüllt jeder Bereich der umgestalteten Ackerfläche immer gleich mehrere Funktionen. Ziel sei es, Naturschutz und Bewirtschaftung zu vereinen.
Teich für Geburtshelferkröte hübsch gemacht
Die Entwicklungsgesellschaft will mit ihren Gärten der Gemeinschaft aufzeigen, wie man in Zeiten des Klimawandels auf bestehenden innerstädtischen Flächen einen echten Mehrwert schaffen kann – für Mensch, Tier und Umwelt. So ist im Rahmen des Projekts auch die alte Mauer des Christopherus-Hofes teilweise erneuert worden.
Bepflanzt ist sie nun etwa mit Mauerpfeffer. Die Pflanzen bilden mit ihren flachen Wurzeln einen Teppich auf dem Mauerwerk, der es vor Umwelteinflüssen schützt. Auch der ehemals zugewachsene Teich der Wohn- und Lebensgemeinschaft wurde freigeschnitten und entschlackt, damit sich dort hoffentlich wieder die selten gewordene Geburtshelferkröte ansiedelt, wie Vorstandsmitglied Marion Körner (60) erläutert.
Im rund 2,5 Hektar großen Projektgebiet, das im Tal parallel zur Rosi-Wolfstein-Straße verläuft, wurden schon niedrige Holzzäune aufgestellt. Dort sollen artenreiche Blühwiesen die Spaziergänger erfreuen. Sitzbänke zum Verweilen sind schon aufgestellt, auch Holzstelen für künftige Infotafeln.
Was noch fehlt, sind Stauden und Sträucher, die entlang der Wege wachsen sollen, um die Besucher zu leiten. Immer samstags ist übrigens Gartentag bei der Entwicklungsgesellschaft. Wer selbst aktiv werden möchte, kann sich unterkummer@entwicklungs-gesellschaft.org anmelden.
Veranstaltungen für Erwachsene
Die Entwicklungsgesellschaft bietet nun auch zusammen mit der Ev. Erwachsenenbildung Ennepe-Ruhr mehrere Kurse an: Am 20. August und am 15. Oktober geht es auf dem Gelände des Waldorf Instituts Annen um essbare Wildpflanzen. Hier sollen die Pflanzen kennengelernt und teils auch gleich verarbeitet werden, etwa zu einem Pesto aus Wildkräutern.
Wie man mit Kräutern fermentieren kann und was das der eigenen Gesundheit bringen kann, steht am 26. August auf dem Programm. Eine Kräuterführung durchs Pferdebachtal gibt es am 2. September und 14. Oktober. Und alles über den Boden, seine Entstehung und Fruchtbarkeit erfahren Interessierte am 28. Oktober. Diese drei Veranstaltungen sind integrativ angelegt, Menschen mit und ohne Behinderung sind eingeladen, teilzunehmen.
Das aktuelle Programmheft (inkl. Anmeldezettel) kann man telefonisch anfordern: 02336-400344. Anmeldungen sind auch online möglich auf www.eeb-en.de.
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