Witten. Experten und Freiwillige wollen ein Feld im Wittener Pferdebachtal in einen Waldgarten zu verwandeln. Bald gibt es dort nicht nur Obst gratis.
Im Pferdebachtal wird gebuddelt und geschuftet. Mitglieder der Wittener Entwicklungsgesellschaft für nachhaltige Bildung Annener Berg haben am Wochenende mit Unterstützung von Experten und freiwilligen Helfern einen Waldgarten angepflanzt. Auf dem Feld zwischen dem Christopherus-Hof und der Uni Witten/Herdecke entstehen insgesamt zehn Biotope mit unterschiedlichen Funktionen.
Neben dem Waldgarten, der in Zukunft frisches Obst liefert, sind auch Ackerflächen für den Anbau von Gemüse sowie Feuchtgebiete für heimische Amphibien geplant. Die Arbeiten an einem Kräutergarten, der sich spiralförmig in der Mitte des Feldes auftürmt, sind bereits abgeschlossen. „Früher ist das gesamte Pferdebachtal Ackerland gewesen“, erklärt Benjamin Greulich (47) vom Vorstand des Vereins. „Wir stehen hier auf dem letzten verbliebenen Feld.“ Streng genommen handele es sich um eine öffentliche Grünfläche, die jetzt wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt wird.
Wittener Planer setzen auf nachhaltige Konzepte
Dabei setzen die Planer auf nachhaltige Konzepte, die wenig Pflege benötigen. „Ein gesunder Boden braucht manchmal tatsächlich keinen zusätzlichen chemischen Dünger, sondern kann mit seinen eigenen Fähigkeiten dafür sorgen, dass Fruchtbarkeit für viele Jahrzehnte gewährleistet ist“, erklärt Greulich. Dafür brauche der Boden allerdings Zeit. Weil diese angesichts der Herausforderungen von Klimawandel und Bodenerosion ein knappes Gut ist, greifen Experten dem Boden unter die Arme.
„Wenn man ein Ökosystem in Ruhe lässt, wird es von ganz alleine zum Wald. Das dauert dann etwa 150 Jahre – so viel Zeit haben wir nicht. Deswegen beschleunigen wir den Vorgang“, erläutert Lars Blume (40), Gründungsmitglied des Kollektivs „Flowful“, das sich für regenerative Ökosysteme einsetzt. Bis sich die etwa hüfthohen Setzlinge in einen Wald verwandelt haben, müssen sich die Wittener also noch ein wenig gedulden.
Setzlinge stammen aus Wittener Baumschule
Insgesamt werden 26 Bäume, 60 Sträucher und 532 Stauden gepflanzt. Die Setzlinge sind in Witten herangewachsen – sie stammen aus der Bommerholzer Baumschule. Sogar das Pilzgranulat, das in jedes Pflanzloch gegeben wird, stammt aus der Region.
Aus Mitteln der Corona-Soforthilfe
Die Mittel für die Umgestaltung der Fläche stammen aus dem Corona-Soforthilfetopf der EU. Da wegen der Pandemie viele Menschen nicht in Urlaub fahren konnten, werden aus den Mitteln auch regionale Erholungsräume gefördert.
Die Biotope im Pferdebachtal dienen jedoch nicht nur der Erholung. Schulklassen, Studierende und andere Interessierte sollen hier künftig einen Einblick in nachhaltige Landwirtschaft und den Ernährungskreislauf erhalten.
Wer die Entwicklungsgesellschaft bei der Umgestaltung des Ackers unterstützen möchte, findet unter www.entwicklungs-gesellschaft.org alle Termine und Kontaktdaten.
Gaby Schaefer (66) ist einem Aufruf der EG gefolgt und hilft freiwillig mit. Die Arbeit am Waldgarten ist für sie ein echter Ausgleich: „Ich habe mich schon seit meiner Kindheit für Natur begeistert, habe aber selber keinen Garten, in dem ich mich austoben kann. Also mache ich das jetzt hier.“ Die 66-Jährige ist bereits Mitglied bei der Naturschutzgruppe Witten (Nawit), möchte sich aber auch künftig im Waldgarten einbringen. „Ein bisschen Pflege braucht der schon. Wenn es zu Wildverbiss kommt, müssen die Bäume zum Beispiel mit Manschetten geschützt werden“, so Schaefer.
Sofern die Pflanzen anwachsen und das Wild die Setzlinge verschont, dürfen sich die Wittener auf verschiedene Beeren- und Pflaumensorten freuen. Außerdem werden Äpfel, Birnen und Kirschen angebaut. Das Obst darf kostenlos gepflückt werden. So entsteht quasi vor der Haustür der Uni ein „essbarer“ Landschaftsraum, der auch Igeln, Vögeln und allerlei Insekten einen neuen Lebensraum bietet.