Witten. Der Hammerteich war für Witten schon 1914 wichtig. Das zeigen alte Postkarten, die Ralf Brostermann gesammelt hat. Er schwelgt in Erinnerungen.
Witten sorgt sich um seinen Hammerteich. Die kleine grüne Oase am Fuße des Hohensteins droht zu verlanden, also aufgrund von Ablagerungen, Schlamm oder Sumpfpflanzen immer kleiner zu werden. Eine Bürgerinitiative macht seit Jahren auf die Bedeutung des Gewässers aufmerksam. Jüngst wurde der Stadtverwaltung von der Politik aufgetragen, sich um Lösungen zu bemühen. „Richtig so“, sagt Ralf Brostermann. Auch er macht sich große Sorgen, denn der Teich hat den 65-Jährigen sein ganzes Leben lang begleitet. Noch älter sind aber seine Erinnerungsstücke. Auf ihnen ist zu sehen, wie schön es einst an dem kleinen See war.
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Ein Ruderboot schippert übers Wasser, ein junger Mann in Knickerbockern steht am Ufer und schaut sinnend über die Wellen. Dieses schöne Motiv zeigt eine alte Postkarte vom Hammerteich, die Brostermann auf einem Trödelmarkt gefunden hat und die er jetzt wie einen Schatz hütet. „Nur kurz ein inniger Sonntagsgruß“, steht auf der Rückseite.
Ein „Henrich“ schreibt hier an seine Schwester Anneliese in Bielefeld, kurz bevor er sich eilig auf den Weg nach Bommern macht. „Könntest du doch dabei sein...“ Dieses sehnsüchtige Lebenszeichen stammt vom 25. April 1914, das war noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Die seltene Aufnahme auf der Ansichtskarte dürfte also noch älter sein. „Daran sieht man, wie wichtig der Teich damals schon für die Stadt war“, sagt Ralf Brostermann, selbst ein gebürtige Wittener.
Wittener Ansicht, die es heute so nicht mehr gibt
Die ganze einstige Ausdehnung des stadtbekannten Gewässers ist auf einer anderen, vermutlich etwa gleich alten Karte zu sehen. Aufgenommen von der Egge runter, etwa von dort, wo jetzt das Altenheim steht. Die Borbach schlängelt sich durch die Wiese, der Spazierweg zur Krumme Dreh ist gut zu sehen. Ein Blickwinkel, den es heute so nicht mehr gibt. „Inzwischen ist das alles bewaldet“, sagt der Rentner.
Seine Lieblingsaufnahme von damals aber zeigt den Teich ganz aus der Nähe. „Da sieht man die mächtigen Trauerweiden, deren Zweige bis ins Wasser hingen“, sagt Brostermann. Die Bäume stehen längst nicht mehr, aber der Wittener kann sich noch gut daran erinnern. Denn schließlich war er schon als kleines Kind mit den Eltern fast jedes Wochenende dort, zum Entenfüttern. „Zu Fuß waren wir in einer Viertelstunde da“, sagt der Wittener, der noch immer in seinem Elternhaus am Felsenweg wohnt.
Segelboot kam zum Ufer zurück – zumindest meistens
Mit neun Jahren bekam er ein Segelboot, das er auf dem Teich fahren lassen durfte. Gut 40 Zentimeter groß war die „Möwe“, die ohne mechanischen Antrieb auskam. „Sie hatte ein Ruder, das so eingestellt war, dass sie in einem großen Kreis zum Ausgangspunkt zurückkam“, erinnert sich der 65-Jährige. „Und wenn nicht, dann musste ich sie mit einem großen Stock zurückholen.“
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Brostermann kann sich an viele Stunden am Hammerteich erinnern. Ans Händchenhalten mit seiner damaligen Freundin – mit der er inzwischen seit 44 Jahren verheiratet ist, an Streiche, die er hier ausgeheckt hat. „Einmal war ich verbotenerweise mit einem Freund am Teich angeln. Die 25 Fische haben wir dann einem nichtsahnenden Kumpel in den Gartenteich gekippt“, erzählt er schmunzelnd. Der habe am nächsten Tag nicht schlecht gestaunt.
Mitte der 90er Jahre konnte man wochenlang Eislaufen
So wie er selbst als Kind am Hammerteich war, so ist Ralf Brostermann später auch mit seinen Kindern zum Wasser gegangen. „Mitte der 90er Jahre konnte man sogar einmal wochenlang Eislaufen“, 2009 noch einmal. Inzwischen geht er mit seinen Enkeln zum Teich. Auch die werden bald ein Bötchen zu Wasser lassen können. „Aber daran baue ich noch.“
Brostermann hofft, dass er noch viele Gelegenheiten haben wird, mit den Kindern am Ufer zu stehen. „Ich beobachte schon lange, wie der See verkommt“, sagt der Jogger, der mehrmals in der Woche seine Runden ums Ufer dreht. „Das tut echt weh.“ Er findet, die Stadt müsse mehr Werbung für den Hammerteich machen. „Das könnte ein Touristenmagnet werden. Aber ich lese beim Stadtmarketing immer nur vom Muttental.“
Der 65-Jährige ist froh, dass die Rettung des Teichs endlich bei der Stadt auf der Agenda steht und sich auch ein Verein darum kümmert. Den will er unterstützen: „Denn der Hammerteich muss Witten erhalten bleiben.“
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Und wenn nicht? Dann bleiben Ralf Brostermann seine Erinnerungen und die alten Postkarten. Die will er für seine Enkel verwahren. „Denn das sind Zeitzeugen“, sagt er. „Es lohnt sich, die Karten für die Nachwelt zu erhalten.“