Witten. Das erfordert Mut: Kinder vom Haus der Jugend haben in der Fußgängerzone völlig Fremden Gedichte vorgetragen. Der Poesie-Spaziergang kam gut an.
Die Aufregung ist den zwölf Schulkindern, die in einem Stuhlkreis zusammensitzen, anzusehen. Die Mission des heutigen Tages: Sie werden Gedichte mitten im Trubel auf der Bahnhofstraße in Witten vortragen. Der Poesie-Spaziergang ist Teil des Kulturrucksack-Projektes „Switch – analoge und digitale Buchwerkstatt“.
Einmal pro Woche können die Kinder im Haus der Jugend im Kindertreff „Wolke 7“ schreiben, lesen und malen, sowohl im klassischen Sinne, als auch mit Tablets und über eine App namens „Bookcreator“. „Der hybride Ansatz aus digital und analog ist uns dabei sehr wichtig“, sagt Projektleiterin und Jugendpädagogin Sylvia Steffan von der Stadt Witten. Literatur fördere die Fantasie, die Sprache und das Miteinander. Auch Klassiker wie „Die unendliche Geschichte“ und „Momo“ haben die Kinder durch die Buchwerkstatt schon kennengelernt.
Junge Wittener haben einige Gedichte selbst geschrieben
Ungeduldig hängen sich die Jungen und Mädchen nun einlaminierte Texte an einer Kordel um den Hals. Die meisten der vierzeiligen Verse stammen von Dichter Frantz Wittkamp, manche sind aber auch selbst geschrieben. Zu jedem Text gibt es ein passendes Bildchen, das die Kinder ausgemalt haben.
Auf dem Weg zur Bahnhofstraße übt die neunjährige Delstan noch einmal ihre drei Gedichte. Begleitet werden die Kinder von Sylvia Steffan, Schulsozialarbeiterin Theresa List, der freischaffenden Künstlerin Sylvia Zipprick sowie Lea Brandt und Mara Oppenberg, die Soziale Arbeit studieren.
Zuhörer spendieren Pommes und Getränke
Am Berliner Platz nimmt Delstan schließlich all ihren Mut zusammen und fragt ein Paar, das draußen vor dem Extrablatt Cappuccino trinkt, ob sie ihm etwas vortragen darf. „Manchmal, wenn ich im Garten liege und langsam ziehen die Wolken dahin, fühle ich deutlich, wie ich fliege. Ich glaube, dass ich ein Vogel bin“, sagt sie einwandfrei auf. Zuhörer Wolfgang Brückmann ist begeistert: „Ich finde es total wichtig, dass Kinder sich nicht immer nur mit dem Handy, sondern auch mal mit Literatur beschäftigen“, sagt der Wittener.
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Egal, wo sie hingehen, die Kinder und ihre Poesie kommen gut an. Ein weiterer Gast im Extrablatt spendiert ihnen sogar Pommes, am Kiosk bekommen sie Trink-Päckchen. Die Geschenke motivieren zusätzlich. „Mein Herz hat erstmal durch die ganze Bahnhofstraße gehämmert, aber dann ging es total“, sagt Sham (9) später. Auch Breddeschülerin Delstan ist Feuer und Flamme: „Ich würde das sofort noch mal machen.“
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