Witten. „Echt Wahnsinn“: WAZ-Leser, die eine Tour durchs Amazon-Werk Witten machen durften, staunten nicht schlecht. Aber es gab auch kritische Fragen.
Diese Türen sind für Außenstehende eigentlich fest verschlossen. Doch 25 Leserinnen und -Leser hatten zum 75. Geburtstag der WAZ jetzt die Gelegenheit, die Sicherheitsschleusen im Amazon-Sortierzentrum an der Brauckstraße zu passieren. Sie konnten sich anschauen, wie die Päckchen und Pakete in dem riesigen Werk mit modernster Technik auf den Weg gebracht werden.
Die Freude ist groß bei den Gewinnern der ersten Tour, die sich am Donnerstag (20.4.) früh um 9 Uhr vor dem Haupteingang treffen – die Neugier auch. „Das ist ein Blick Richtung Zukunft“, meint Stefan Ziese gespannt. „Ich habe mir das schon mal auf Youtube angeschaut, wie die Pakete wie von Geisterhand bewegt werden“, so Harald Grafe. Nun kann er sich davon überzeugen, dass die Realität nicht weniger spektakulär aussieht.
Witten hat das Amazon-Kürzel DTM9
Nach einer Einführung macht sich die Gruppe auf den Weg in die große Halle. Kirsten Balz ist eine der wenigen Frauen unter den Besuchern. Haben die kein Interesse an der Technik? Von wegen. „Das ist eines der modernsten Lager, die es gibt“, so die Wittenerin. „Und dann noch vor meiner Haustür. Das ist doch spannend.“
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Von der Ankunft der Pakete aus den Logistikzentren, zum Sortieren über die Rutschen von der ersten Etage runter in die fahrbaren Container bis zum Beladen der Laster für den Abtransport: Die WAZ-Leser dürfen sich alles ganz genau anschauen. „Super, ich konnte mir bislang gar nicht so richtig vorstellen, was hier genau passiert“, sagt Sascha Wohlgemuth. Er hatte seinen Vater Johannes eingeladen, ihn zu begleiten – wen auch sonst? Schließlich hatte der ihm den Artikel über Amazon in der Zeitung weitergeleitet und ihn damit auf die Leseraktion zum großen WAZ-Jubiläum aufmerksam gemacht.
Was passiert, wenn das Paket im Werk verloren geht?
Was passiert, wenn ein Paket auf seinem Weg verloren geht? Wo wird es gescannt? Was geschieht, wenn es kaputt geht? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellen viele Fragen, die Hauptbereichsleiter Max Braeger und Steffen Adler vom Marketing geduldig beantworten. Auch, wofür die vielen Codes auf der Verpackung stehen. Übrigens: Witten hat das Kürzel DTM9. Der Flughafen Dortmund lässt grüßen.
Zweifellos am spannendsten ist der Blick auf das sogenannte „Field“ des Sortierzentrums. Schließlich hat Witten das erste Amazon-Werk in Europa, in dem Roboter die Sortierung der Pakete übernehmen. Zunächst packt sich der große „Robin“ die Ware, saugt sie mit seinem Greifarm an und setzt das Päckchen dann auf einem der kleinen blauen Flitzer ab.
Robotic-Sortierung ist ein Pilot-Projekt
Der „Drive“ saust los und bringt es vollautomatisch zum passenden Schacht. Von dort landet es per Rutsche vor einem der Container im Erdgeschoss, die sich dann auf den Weg in die entsprechende Zielregion machen.
„Das ist alles echt Wahnsinn“, staunen Renate (76) und Karl-Otto Neuhoff (75) – beide ebenso treue WAZ-Leser wie Amazon-Kunden, wie sie schmunzelnd erzählen. Auch Norbert Slanina (78) zeigt sich angesichts des planvollen Gewusels der flinken Roboter sichtlich beeindruckt. „Hier gibt es echt nichts, das nicht durchdacht wäre.“
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„Echt cool“ findet Kirsten Balz die Pilot-Anlage, in der der Versandriese die neue Robotic-Sortierung seit Oktober 2021 testet. Ein Erfolgsmodell, was die effiziente Zustellung angeht. Allerdings noch nicht ganz ausgereift, was das Arbeitstempo des Greifarms betrifft. Max Braeger von Amazon erklärt: „Die kleinen Roboter müssen manchmal auf die Beladung warten.“ Und zudem überschätzt „Robin“ mitunter auch seine Saugkraft und muss mehrmals zupacken – dann gibt’s Stau.
Leser stellen auch kritische Fragen
Ob die Technik sich im Konzern dennoch durchsetzen wird? Das könne man noch nicht mit Sicherheit sagen, so Mitarbeiter Steffen Adler. Wenn nicht, „dann haben wir trotzdem viel gelernt“. Denn Ausprobieren sei nun einmal Firmenphilosophie. „Die Sprachassistentin Alexa war zunächst auch nur eine Idee.“
In der Schlussrunde kommen noch einige kritische Fragen auf den Tisch – auch, warum Amazon als Arbeitgeber bei Verdi oft in der Kritik steht. Marketing-Mann Adler spricht über die „offene Unternehmenskultur“ und die „erwünschte Gründung von Betriebsräten“. Seine Erklärung: „Ich denke, unsere Bekanntheit wird von den Gewerkschaften oft als Projektionsfläche genutzt.“
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Am Ende gibt’s Beifall für ihn und seinen Kollegen und ein dickes Lob für die WAZ. Nicht nur Achim Liedtke und Jörg Huwig – beide selbst Techniker – sind von der Führung sichtlich angetan. „Das einmal in Wirklichkeit zu sehen, war wirklich sehr faszinierend.“