Witten. Immer weniger Jugendliche bewerben sich im EN-Kreis um einen Ausbildungsplatz. Ein Wittener Unternehmer spricht von einer „Katastrophe“.
Das Interesse an Ausbildungsberufen im Ennepe-Ruhr-Kreis mit Witten wird offensichtlich immer geringer. Das zeigt der Bericht der Agentur für Arbeit für das Jahr 2022/2023. Dabei gibt es mittlerweile mehr Stellen als ein Jahr zuvor.
So haben im vergangenen Jahr rund 1300 Jugendliche und somit 9,4 Prozent weniger eine Ausbildung begonnen als im Jahr zuvor.. Die Unternehmen hingegen meldeten mit etwas über 2000 rund 14 Prozent mehr Stellen, 1355 sind aktuell noch unbesetzt. Die Chancen für junge Menschen, einen Job zu ergattern, haben sich also eigentlich verbessert.
Wittener Betrieb kennt die Probleme
„Die heimischen Unternehmen melden trotz aktueller Probleme in diesem Jahr noch mehr Ausbildungsstellen. Dennoch stehen ihnen immer weniger Bewerberinnen und Bewerber gegenüber“, sagt Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hagen. „Die Coronafolgen sind immer noch zu spüren. Jugendliche hatten in den letzten zwei Jahren vielfach nicht die üblichen Möglichkeiten der Berufsorientierung“, so die Jobexpertin. Vor allem das Interesse an dualen Ausbildungen habe zunehmend abgenommen.
Insbesondere im Handel hakt es. Dort sind 92 Ausbildungsstellen kreisweit noch unbesetzt. Auch Marc Wischmann, der einen Holzfachmarkt in Herbede betreibt, hat mit den Problemen zu kämpfen. Derzeit bietet der Unternehmer eine Ausbildung im Groß- und Außenhandel an. Die Bewerber bleiben allerdings aus. „Früher hatten wir rund 100 Bewerbungen, jetzt sind es gerade einmal fünf.“ Schon im vergangenen Jahr sei das ein Problem gewesen. Damals interessierten sich zehn junge Menschen für die Stelle. „Fünf haben wir eingeladen, vier kamen gar nicht und derjenige, der kam, war nicht geeignet.“
Dabei ist Wischmann auf Fachkräfte angewiesen. „Der Großteil unser Mitarbeiter ist zwischen 30 und 35 Jahre alt. Wir haben aber auch ältere Beschäftigte, die irgendwann in Rente gehen.“ Dafür müssten schon jetzt Nachwuchskräfte eingesetzt werden. So hätten diese genug Zeit, sich zu entwickeln und bis dahin auf dem Stand der jetzigen Mitarbeiter zu sein.
Arbeitsagentur motiviert Betriebe
Derzeit ist aber gerade einmal ein Auszubildender bei Holzland Wischmann angestellt. „Es ist wirklich eine Katastrophe“, sagt der Geschäftsführer. Die Gründe für den Einbruch kann er nur erahnen, die Coronapandemie sieht der Unternehmer aber nicht als ausschlaggebend. „Die Probleme gab es schon vorher.“ Der 54-Jährige hat in den vergangenen Jahren einiges versucht, um geeignete Kräfte zu gewinnen. „Wir werben auf Social-Media mit unseren Stellen und sind auch auf Messen vor Ort. So richtig hilft aber auch das nichts.“
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Laut der IHK Mittleres Ruhrgebiet, zu der Witten zählt, liegt ein Grund für die abnehmende Bewerberzahl auch an der Situation an den Berufskollegs. Dort sei die Schülerzahl abnehmend „Damit ist ein geringeres Nachwuchspotenzial für die Wirtschaft vorhanden“, sagt Andrea Koch von der Fachkräftesicherung. Mehr Studierende und eine gesunkene Ausbildungsattraktivität seien weitere Faktoren. „Der Bildungsweg mit Abitur ins Studium ist mittlerweile für immer mehr junge Menschen zum sogenannten Königsweg geworden“, so die IHK-Expertin.
Die Agentur für Arbeit appelliert trotz allem weiter an die Unternehmen, sich um Azubis zu bemühen. „Für die Unternehmen ist Ausbildung immer noch das stärkste Mittel gegen den Fachkräftemangel, der unzweifelhaft weiter zunehmen wird. Qualifizierte Arbeitnehmer werden immer gebraucht“, sagt Katja Heck. Auch Betriebspraktika seien möglich, um erst einmal zu schauen, ob jemand zu der Firma passt. Und auch die Jugendlichen motiviert sie, sich zu bewerben. „Es ist noch vieles in Bewegung. Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz waren selten so gut wie heute.“
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