Witten. Was nach der Schule kommt, ist für viele Jugendliche eine drängende Frage. In Witten stellten Firmen ihre Berufsangebote vor. Die Reaktionen.
Drangvolle Enge herrschte gestern im Wittener Saalbau. Große Scharen von Jugendlichen haben sich dort bei einer Berufsbildungsmesse über die Stellenangebote heimischer Firmen informiert. Die Unternehmen zeigten sich vom Zuspruch äußerst angetan und boten den jungen Leuten Einblicke in zahlreiche Berufswege.
Popcornduft durchzieht den Saal, als sich Trauben von Schülern durch die Gänge schieben. Statt morgens die Schulbank zu drücken, steht für höhere Jahrgangsstufen in Witten, Herdecke und Wetter diesmal die Ausbildungsbörse an. Spezialstahlhersteller Friedr. Lohmann stellt das Popcorn her und Personalleiter Constantin Broska erzählt von zahlreichen Gesprächen, die er und sein Team an diesem Morgen führen.
An einem solchen Tag Präsenz zu zeigen, ist für das Traditionsunternehmen selbstverständlich, in der Hoffnung, dass am Ende der eine oder andere Jugendliche andockt. Natürlich suche man nicht mehr für dieses, sondern erst für das nächste Jahr, sagt Broska. Zu den Pluspunkten, mit denen das Stahlwerk punkten will, gehört die Übernahme nach der Ausbildung – wenn Arbeitgeber und Azubi denn wollen.
Auch Drogeriekette ist in Witten vor Ort
Ein paar Meter weiter bilden sich lange Schlangen. Bei der Drogeriekette dm können sich die jungen Gäste Buttons stanzen und diese bekleben. Dass in der Reihe ausnahmslos Mädchen stehen, verwundert Drogistin Carolin Ammann (24) keineswegs. „Die meisten Jugendlichen meinen, wir machen nur was mit Schminke für Frauen.“ Dabei gebe es auch eine Menge Artikel für Männer. Letztere seien ebenso in großer Zahl in den Märkten beschäftigt.
Firmen fahren großes Technikangebot auf
Firmen wie der Beschichtungsproduzent Dörken aus Herdecke oder die Finanzverwaltung NRW nutzen die Chance, die Bandbreite der Ausbildungswege aufzuzeigen, duales Studium inklusive. Im Wettbewerb um die Fachkräfte von morgen weisen die Betriebe auf besondere Aktionen hin. Das sind beispielsweise Stammtische, zu denen sich die Azubis regelmäßig treffen. Außerdem gibt es Ausbildungspaten, die sich um die Neuankömmlinge kümmern.
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Inzwischen haben sich junge Leute vom Werkhof am dm-Stand eingefunden und sprechen mit dem Team von Carolin Ammann. Für die Jugendwerkstatt sei der Tag sehr wichtig, sagt Pädagoge Helmut Meyland (63). Die Mädchen und Jungen suchen eine berufliche Perspektive und wünschen sich, in einer Firma unterzukommen. Das geht den Berufsschülern Daris (16) und Can (17) nicht anders, die Fachabi machen wollen und am liebsten etwas im Handwerk oder in der Technikbranche finden würden. Während die zwei meinen, die Börse sei doch vielfältig aufgestellt, hätte eine andere Schülergruppe mit ähnlichen Berufswünschen mit mehr Ständen gerechnet.
Dabei haben Unternehmen wie die Deutschen Edelstahlwerke einiges aufgefahren, damit sich die jungen Besucherinnen und Besucher ein Bild vom Betrieb machen können – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Video zeigt die Stahlproduktion. Mit einer Virtual-Reality-Brille dürfen Schüler sogar einmal schweißen. Ein 13-Jähriger möchte seinen Platz gar nicht mehr räumen, obwohl noch viele weitere Jugendliche die Technik ebenfalls mal ausprobieren wollen.
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Firmen schicken gezielt junge Mitarbeiter zur Messe
244 Azubistellen noch frei
244 offene Ausbildungsstellen waren Ende August noch der Agentur für Arbeit im Geschäftsstellenbezirk Witten (mit den Städten Herdecke und Wetter) gemeldet. 136 Jugendliche hatten noch keinen Platz gefunden.
Rein rechnerisch kommen damit 1,8 Ausbildungsstellen auf jede Bewerberin und jeden Bewerber.
Jugendliche können sich unter 02302/929-450 oder kostenfrei unter 0800/4555500 mit der Berufsberatung in Verbindung setzen. Arbeitgeber steht die 0800/4555520 zur Verfügung, um Stellen zu melden.
Mit einem solchen Andrang habe er kaum gerechnet, sagt Colin Lasonczyk (21) von den Stadtwerken. Geduldig wiederholt er in vielen Gesprächen, welche Berufen mit welchen Perspektiven der Versorger zu bieten hat. Der heimische Energielieferant gehört zu einer Reihe von Firmen, die bewusst junges Personal zu der Berufsbildungsmesse geschickt haben. Dann falle es den Jugendlichen erfahrungsgemäß leichter, ein Gespräch zu beginnen.
Bei J.D. Neuhaus, dem Traditionshersteller von Hebezeugen, Winden und Krananlasgen aus Heven, hat sich die neue 27-jährige Geschäftsführerin Gitta Neuhaus-Galladé extra Zeit genommen, um mit den Jugendlichen zu sprechen. „Mir ist das sehr wichtig“, sagt sie. Für dieses Jahr sei es noch gelungen, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Aber nun wolle man sich schon auf die Suche für das nächste Jahr begeben.
Alle Firmen suchen händeringend Nachwuchs. Stichwort Facharbeitermangel. Gerade der Hotel- und Gastrobranche laufen die Leute weg. Etwas Hoffnung schöpft Lukas Zeuch, Chef des Parkhotels, an diesem Vormittag. Einige Jugendliche hätten durchaus Interesse gezeigt. Eigentlich könnten sie gleich mal vorbeischauen. Das Parkhotel liegt gleich nebenan.