Witten. Vonovia-Mitarbeiter sollen bestechlich gewesen sein. Auch Wittener Mieter könnten unter den Leidtragenden sein, sagt der hiesige Mieterverein.

Der Wohnungskonzern Vonovia, der in Witten knapp 1000 Wohnungen bewirtschaftet, steht im Mittelpunkt eines Korruptionsskandals. Am vergangenen Dienstag (7.3.) hatten Polizei und Steuerfahnder die Konzernzentrale in Bochum durchsucht. Vonovia-Mitarbeiter sollen Bestechungsgelder angenommen und dafür bestimmte Baufirmen bei der Vergabe von Handwerksaufträgen bevorzugt haben, so der Verdacht. Vier Personen wurden festgenommen.

Auch sollen die beschuldigten Mitarbeiter – laut Staatsanwaltschaft „höchstens dem mittleren Management zuzuordnen“ – sogenannte Leistungsverzeichnisse manipuliert haben. So sollen den beauftragten Unternehmen überhöhte Abrechnungen beziehungsweise die Abrechnung gar nicht erbrachter Leistungen ermöglicht worden sein. „Die Geschädigten sind in diesen Fällen möglicherweise die Mieter. Denn sie zahlen die gefälschten Rechnungen über Modernisierungsmieterhöhungen und Nebenkosten“, sagt Knut Unger, Vorsitzender des MieterInnenvereins Witten und Umgebung.

Abrechnung von Leistungen, die nie erbracht wurden, kommen Mieterverein Witten bekannt vor

Die nun von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe kommen dem Mieterverein bekannt vor. Schon lange setzt sich Unger für eine transparente Offenlegung der Betriebskosten- und Modernisierungsabrechnungen des Konzerns ein. „Seit Jahren entdecken Mieterinnen und Mieter immer wieder Positionen, für die es nach ihrer Beobachtung keine Leistung gab.“ So würden etwa bei Vonovia-Häusern in Heven Winterdiensteinsätze berechnet, die nie stattgefunden haben sollen.

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Ebenfalls in Heven würden „ausgerechnet in zugemüllten Wohnvierteln“ die Kosten für mehrfach wöchentlich durchgeführte Mülldienstleistungen verlangt, die noch nie beobachtet wurden, so der Mieterschützer. Gleiches gelte für Modernisierungen. Bereits 2018 hatte das „Team Wallraff“ öffentlichkeitswirksam in Mietshäusern in Heven recherchiert und war dabei etwa auf „extremen Pfusch“ beim Einbau einer neuen Gastherme gestoßen. Ebenso fand der eingeschleuste Experte heraus, dass Heizkörperventile zwar abgerechnet, aber nicht verbaut wurden.

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Konzern reagiert „schockiert“ auf Vorwürfe

„Es handelt sich bei diesen ,Phantomabrechnungen’ offensichtlich nicht um Einzelfälle“, sagt Knut Unger nun. Sie werden laut Mieterverein durch das intransparente Abrechnungssystem der Vonovia zumindest begünstigt. Durch die staatsanwaltlichen Ermittlungen fühle man sich ermutigt, weiter konsequent Abrechnungen der Vonovia zu prüfen. „Wir hoffen, dass die Staatsanwaltschaft im Unterschied zu früheren Jahren nun auch weiteren Hinweisen von Mieterinnen und Mietern nachgeht“, sagt Unger. Unabhängig davon solle kein Mieter die Abrechnungen der Vonovia ungeprüft akzeptieren, sondern immer einen vollständigen Beleg verlangen, so sein Ratschlag. Bis dahin hätten Mieter das Recht, Modernisierungs-Mieterhöhungen, Nebenkosten-Nachforderungen und laufende Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zurückzubehalten.

Das Wohnungsunternehmen selbst zeigte sich in einer Stellungnahme „schockiert, dass ehemalige Mitarbeiter mit großer krimineller Energie bandenmäßige Kriminalität in unseren Tochterunternehmen praktiziert haben“. Man habe selbst das größte Interesse an einer lückenlosen und schnellstmöglichen Aufklärung und kooperiere vollumfänglich mit den Behörden. Auch habe man bereits „erste personelle Maßnahmen ergriffen“ und werde Anzeige erstatten. Der Vorstand hat zudem die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt.

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