Bochum. Die Staatsanwaltschaft hat Räume der Bochumer Vonovia-Zentrale durchsucht. Verdacht der Bestechlichkeit bei Handwerksaufträgen. Vier Festnahmen.

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia steht im Mittelpunkt eines größeren Falls von Korruption in der Immobilienwirtschaft: Die Staatsanwaltschaft Bochum rückte am Dienstagmorgen zu einer Razzia in der Bochumer Zentrale aus und durchsuchte mehrere Räume. Ihr Verdacht: Vonovia-Mitarbeiter sollen für die Vergabe von Handwerksaufträgen Bestechungsgelder eingesteckt haben. „Wir sind erschüttert“, sagte Konzernchef Rolf Buch am Abend, „offenbar haben sich einzelne Mitarbeiter bei unseren Tochterunternehmen zum Schaden von Vonovia bestechen lassen – das ist nicht akzeptabel.“

Betroffen sei auch ein süddeutsches Unternehmen, erklärte die Staatsanwaltschaft, es seien bundesweit 40 Objekte in NRW, Baden-Württemberg, Hamburg, Sachsen durchsucht und dabei vier Haftbefehle vollstreckt worden. In NRW arbeite die Bochumer Staatsanwaltschaft mit dem Landeskriminalamt sowie den Finanzämtern für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Düsseldorf, Bochum und Münster zusammen.

Vonovia: Hohes Interesse an schneller Klärung

Der Dax-Konzern sieht sich selbst als Opfer, erklärte er auf Anfrage unserer Redaktion, deshalb habe er auch ein hohes Interesse an einer schnellen Aufklärung der mutmaßlichen Korruptionsfälle. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, ihre Ermittlungen zielten auf „strafbare Handlungen zum Nachteil“ der Unternehmen. Es bestehe Verdacht „der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, der Untreue, des Betruges und anderer Straftaten“. Ermittelt werde gegen mehrere ehemalige Konzernmitarbeiter, Personen aus deren Umfeld sowie Verantwortliche mehrerer Unternehmen, die mit dem Wohnungsunternehmen in Geschäftsverbindung stehen bzw. standen, so die Staatsanwaltschaft.

„Heute haben die Ermittlungsbehörden bei uns Unterlagen eingesehen, da zum Schaden von Vonovia offenbar der Verdacht von mutmaßlich problematischen Vorgängen bei der Vergabe von Aufträgen an Nachunternehmer besteht“, hieß es in der offiziellen Erklärung des Unternehmens. Vonovia habe das größte Interesse an einer lückenlosen Aufklärung und kooperiere vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden. Gleichzeitig habe man die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt. Vonovia habe bereits erste personelle Maßnahmen ergriffen und werde Anzeige gegen Beschuldigte erstatten.

Vonovia-Manager aus dem mittleren Management beschuldigt

Die Staatsanwaltschaft erklärte, nach bisherigen Erkenntnissen seien die Beschuldigten „höchstens dem mittleren Management zuzuordnen“. Sie sollen zum einen mehrere für das Wohnungsunternehmen tätige Unternehmen bei der Auftragsvergabe bevorzugt und dafür als Gegenleistung Geld bzw. Sachleistungen erhalten haben. Zum anderen sollen Leistungsverzeichnisse manipuliert worden sein, um den beauftragten Unternehmen überhöhte Abrechnungen bzw. die Abrechnung tatsächlich nicht erbrachter Leistungen zu ermöglichen. Die betrügerisch erlangten Gelder sollen anschließend zwischen den Beschuldigten aufgeteilt worden sein. Nach dem Wechsel eines Beschuldigten zu einem süddeutschen Wohnungsunternehmen sollen die Beschuldigten auch bei dortigen Ausschreibungen wettbewerbsbeschränkende Absprachen getroffen haben.

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Vonovia ist mit rund 550.000 Wohnungen in Deutschland sowie weiteren rund 87.000 in Schweden und Österreich einer der größten Wohnungskonzerne in Europa und Marktführer im Heimatmarkt. Damit ist der Konzern gleichzeitig auch ein Riesen-Kunde des Handwerks – für die Instandhaltung der Häuser, die Sanierung und natürlich auch im Neubau. Dafür hat Vonovia selbst bundesweit mehr als 5000 Beschäftigte in seinem eigenen Technischen Service, muss dennoch viele Aufträge auch extern vergeben.

Mieterbund fordert Aufklärung und Rückzahlung

Im gesamten technischen Bereich hat Vonovia im vergangenen Jahr bis einschließlich November 1,75 Milliarden Euro ausgegeben. In welchen Bereichen die verdächtigen Fälle gefunden wurden und welchen Umfang der durch überhöhte Preise entstandene Schaden hat, ist bisher völlig unklar.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert von Vonovia, hier genau hinzuschauen und transparent zu machen, in welchen Bereichen genau zu hohe Rechnungen von Handwerkern gestellt wurden. „Ein großer Teil der Arbeiten hat direkte Auswirkungen auf die Betriebskosten, die dann an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden“, sagte André Juffern, DMB-Geschäftsführer in NRW, unserer Zeitung. Sollte das der Fall sein, erwarte der Mieterbund, dass Vonovia die Mehrkosten umgehend zurückerstatte.

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Der Mieterbund NRW lag in der Vergangenheit wegen der Betriebskostenabrechnungen häufiger mit Vonovia über Kreuz. Dies und auch Ärger bei Modernisierungen stünden nach wie vor auf der Tagesordnung. Hans-Jochem Witzke, DMB-Vorsitzender in NRW,sieht deshalb „die jetzigen Ermittlungen als Chance, mehr Transparenz für alle zu schaffen“.