Witten. Ein Wittener klagt wegen Mieterhöhung gegen Vonovia. Für den Mieterverein ist es „ein Pilotprozess“. Es gehe um das Geschäftsmodell des Konzerns.
Der Streit zwischen dem Wohnungsriesen Vonovia und einem Mieter der Wittener Schulze-Delitzsch-Straße ist nun vor Gericht gelandet und wurde am Donnerstag am Amtsgericht verhandelt – ohne Ergebnis. Es geht im Kern um eine Mietkostenerhöhung nach Sanierung der Wohngebäude in Heven. Hinzu kommen Streitigkeiten über eine verweigerte Nachzahlung der Betriebskosten.
„Das Ganze nimmt uns sehr mit“, sagt Kläger Seyhan Korkmaz. Der 38-Jährige wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in einer rund 70 qm großen Vonovia-Wohnung. Bereits 2017 hatte der Konzern in den Häusern 17 bis 19 eine alte Heizanlage ausgetauscht und die Fassaden wärmegedämmt. Anfang 2018 folgte eine Mieterhöhung um 121 Euro.
Wittener Gericht soll feststellen, ob Mieterhöhung rechtens war
Viel zu viel, findet Korkmaz, der zuvor rund 530 Euro Miete für seine 3,5-Zimmer gezahlt hatte. „Von irgendwas muss ich ja auch noch leben“, so der Familienvater. Also verweigerte er auf Anraten des Mietervereins die Zahlung der verlangten Mieterhöhung für einige Monate, überwies sie dann aber unter Vorbehalt.
Das Gericht soll nun feststellen, ob die Mieterhöhung rechtens war und Korkmaz einen Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Mietzahlungen hat. Im Vorlauf der Verhandlung hatte der Konzern aber bereits mit einer Gegenklage reagiert und verlangt nun seinerseits eine Nachzahlung seines Mieters – für die Monate, als Korkmaz die erhöhte Miete nicht gezahlt hat und für nicht beglichene Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung. Diese hatte der Wittener verweigert, weil Kostenbelege nicht eingesehen werden konnten.
Mieterverein: Verhandlung über typischen Modernisierungs- und Betriebskostenabrechnungen
Für Knut Unger vom Mieterverein Witten ist der aktuelle Rechtsstreit eine „Verhandlung über die typischen, umstrittenen Modernisierungs- und Betriebskostenabrechnungen der Vonovia“ an sich. Nach Ansicht des Vereins hat der Wohnungsriese keine prüffähigen Belege vorgelegt. „Wir müssen die tatsächlichen Kosten sehen und nachvollziehen können“, so Unger.
Das Problem ist dabei aus seiner Sicht: Große Teile der Rechnungen und Verträge hat der Vermietungskonzern intern an Tochterfirmen gerichtet, also quasi „an sich selbst“ ausgestellt. Das gilt etwa für Service-Leistungen wie den Hausmeister- oder Winterdienst. Für Mieterschützer Unger ist das ein „manipulierbares Konstrukt“, er vermutet versteckte Gewinnmargen. Denn: „Ein Zehntel seiner operativen Gewinne macht Vonovia mit solchen internen Leistungen.“
Vonovia: Interne und externe Dienstleister werden gleich behandelt
Diesen Vorwurf weist das Unternehmen von sich. „Wir behandeln interne Dienstleister wie externe“, sagt Vonovia-Sprecher Matthias Wulff. Es werde zu marktüblichen Preisen abgerechnet, man erziele branchenübliche Gewinnspannen. Vor einigen Jahren habe man auf interne Dienstleister umgestellt, weil externe Anbieter nicht die gewünschte Qualität geliefert hätten und oftmals nicht zuverlässig gewesen seien.
Bei Modernisierungsmaßnahmen versuche man stets, die Mieter aufzuklären und mitzunehmen, so Wulff. Der Vonovia-Sprecher verweist zudem auf das Härtefall-Management des Konzerns bei Mieterhöhungen nach Sanierung. „An vielen Stellen setzen wir uns schon mit Mietern zusammen und versuchen, eine Lösung zu finden.“ Die Wittener Klage sei einer der Fälle, „bei denen man sich bedauerlicherweise vor Gericht streitet“. Man wolle hier aber sicherlich keine besonders harte Linie umsetzen.
Das sieht Mieterschützer Knut Unger ganz anders. „Vonovia geht es hier nicht um Kompromisse, sondern ums Ganze“, ist er sich sicher. Schließlich stehe das Geschäftsmodell des Dax-Konzerns auf dem Spiel. Der Fall wird seiner Ansicht nach noch weitere gerichtliche Instanzen durchlaufen und habe den Charakter eines Pilotprozesses, der über Witten hinaus Bedeutung gewinnen könne.
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