Witten. Das Wittener Café „Fräulein Mayer“ musste wegen Corona schließen. Nun hat es Wiedereröffnung gefeiert. Doch am Konzept hat sich etwas geändert.

Das vegane Café „Fräulein Mayer“ war in Witten eines der bekanntesten Opfer der Corona-Pandemie. Im Juni 2022 zog Inhaberin Natalie Bubolz wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, die durch die Inflation noch angefeuert wurden, die Reißleine. Ein dreiviertel Jahr später wagt die 54-Jährige nun einen Neuanfang. An anderer Stelle und mit einem veränderten Konzept.

Als die gelernte Friseurin 2017 an der Oststraße eröffnete, war ihr veganes Café das erste seiner Art in Witten. Am neuen Standort an der Johannisstraße, direkt gegenüber dem Kornmarkt, sollen nun aber nicht Kuchen und herzhafte Quiches ohne tierische Produkte im Fokus stehen, sondern die alten Möbel, denen Bubolz in liebevoller Handarbeit wieder neues Leben eingehaucht hat. Der hintere Teil des rund 50 m² großen Ladens, in dem zuvor ein Schuhreparaturdienst untergebracht war, wird deshalb auch als Werkstatt genutzt, der vordere mit seiner großen Fensterfront als Verkaufsraum.

Auch im neuen „Fräulein Mayer“ gibt es Kaffee und veganen Kuchen

Aber ehemalige Stammgäste müssen sich nicht sorgen: Auch im neuen „Fräulein Mayer“ wird es „zum Klönen einen Kaffee dazu geben“, sagt Bubolz. Und auch wieder Torten und Kuchen. Allerdings dieses Mal nicht gebacken von der Inhaberin selbst, sondern zugeliefert. Sie stehe dazu im Austausch mit der gerade frisch eröffneten Kijami Konditorei und dem ebenfalls veganen Café Paniflora in Bommern.

Weitere selbst gemachte Lampen gibt es bei „Fräulein Mayer“, ebenso zugekaufte Deko-Artikel von kleinen, nachhaltig arbeitenden Manufakturen und Kunstwerke von Natalie Bubolz’ Tochter.
Weitere selbst gemachte Lampen gibt es bei „Fräulein Mayer“, ebenso zugekaufte Deko-Artikel von kleinen, nachhaltig arbeitenden Manufakturen und Kunstwerke von Natalie Bubolz’ Tochter. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Denn den Gastro-Betrieb von A bis Z alleine zu stemmen, sei irgendwann für eine einzige Person zu viel geworden, so Bubolz. Gleichzeitig brachte genau das sie während Corona „in die Bredouille“, denn der Außer-Haus-Verkauf von Torte und Kuchen wollte nicht recht laufen. „Ich war eigentlich wirklich fertig damit“, sagt die gebürtige Hamburgerin. Doch dann stolperte sie zufällig über das leerstehende Lokal, in dem sie nun am vergangenen Freitag Eröffnung feierte. „Ich habe mich selbst dazu überredet, es noch einmal zu versuchen“, sagt Bubolz. Trotz Krieg und Inflation. „Ich glaube einfach, dass sich die Menschen trotzdem ab und zu etwas gönnen.“

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Natalie Bubolz restauriert seit über 30 Jahren Möbel

Schon seitdem sie mit Anfang 20 bei einem Praktikum das Aufpolstern von Möbeln gelernt hat, hat Bubolz stets nebenher alte Möbelstücke restauriert. Auch im alten „Fräulein Mayer“ standen die von ihr aufgearbeiteten Unikate zum Verkauf. In der Zeit ohne Lokal machte sie weiter, arbeitete etwa Aufträge von Kunden ab. Nun will sich Bubolz weiter voll und ganz auf’s Upcycling konzentrieren. Und ihr Wissen weitergeben. Denn in der Werkstatt sollen ab April regelmäßig Workshops zum Thema stattfinden.

Im neuen „Fräulein Mayer“ wird nicht nur Kaffee und Kuchen aufgetischt, sondern vor allem handwerklich gearbeitet. Der hintere Teil des neuen Lokals ist eine Werkstatt. Hier sollen bald auch Workshops stattfinden.
Im neuen „Fräulein Mayer“ wird nicht nur Kaffee und Kuchen aufgetischt, sondern vor allem handwerklich gearbeitet. Der hintere Teil des neuen Lokals ist eine Werkstatt. Hier sollen bald auch Workshops stattfinden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Um an neue alte Möbelstücke zu kommen, hält die 54-Jährige stets Ausschau nach Sperrmüll, viel kauft sie auch über E-Bay ein. „Aber aktuell ist mein Lager gut gefüllt“, sagt Bubolz. Denn als das alte Café noch geöffnet hatte, haben viele Menschen ihr einfach ausrangierte Regale, Tische, Stühle und anderes vorbei gebracht. So warten zum Beispiel auch noch alte Schuhkoffer auf ihr zweites Leben. Mit ihnen gingen anno dazumal Schuhhändler noch zu den Menschen nach Hause um verschiedene Modelle zu präsentieren.

Aus Schuhkoffern werden Sideboards

Von Dekoartikeln über Lampen bis zu Kleinmöbeln baut oder restauriert Natalie Bubolz fast alles selbst.
Von Dekoartikeln über Lampen bis zu Kleinmöbeln baut oder restauriert Natalie Bubolz fast alles selbst. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Günter und Sigrid Schwabe, die 33 Jahre lang den Naturwarenladen „Fortschritt“ an der Ruhrstraße betrieben haben, brachten Bubolz die besonderen Koffer, nachdem sie Ende 2020 in den Ruhestand gegangen waren. „Sie meinten, die wären doch eigentlich schön und man könnte vielleicht noch was draus machen“, erinnert sich Bubolz. Demnächst sollen sich die eine Schuhlänge schmalen und über einen Meter langen Koffer in Sideboards verwandeln. „Genau das ist mein Anspruch. Bevor etwas auf der Deponie landet, sollte man versuchen, es zu retten.“

>>>Geöffnet ist das „Fräulein Mayer“ an der Johannisstr. 10 Dienstag und Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch, Freitag und Samstag von 10-14 Uhr. Mehr Infos – bald auch zu den kommenden Workshops – gibt es auf facebook.com/mayer.fraeulein oder instagram.com/fraeulein_mayer.

Weitere Upcycling-Angebote

Wie man aus Alt Neu machen kann, kann man nicht nur bei „Fräulein Mayer“ lernen. So trifft sich etwa eine Holz- und Upcyclinggruppe jeden Montag von 18 bis 20 Uhr zum Werkeln in der Werkstadt an der Mannesmannstraße. Mitmachen ist kostenlos.

Auch der Cap-Baumarkt, Annenstraße 118-122, bietet von Mitarbeitern aufgearbeitete Möbel zum Verkauf an.

Feuerwehrmann Udo Faber und seine Frau Anja fertigen zusammen mit ihrem Team Upcycling-Unikate aus ausgedienten Feuerwehrschläuchen und Feuerwehruniformen. Sie werden zu Einkaufskörben, Taschen, Mappen, Accessoires oder auch Trainingswerkzeugen für die Hundeausbildung.