Witten. . „Upcycling“ meint das Aufpeppen von Dingen, die eigentlich in den Müll sollten. Natalie Bubolz verkauft diese Kunstwerke in ihrem veganen Café.
Selbermachen liegt voll im Trend, vegane Ernährung auch. Natalie Bubolz kombiniert beides und eröffnete gestern an der Oststraße 7 das erste vegane Café Wittens namens „Fräulein Mayer“. Dort verkauft sie auch Upcycling-Produkte.
Bei Upcycling werden Dinge, die eigentlich für den Müll bestimmt sind, aufgepeppt und erhalten bestenfalls eine neue Funktion. Im leicht alternativen Wiesenviertel findet man diese angesagten Dinge häufig: Da werden Sitzmöbel aus alten Paletten gebaut oder Regale aus Obstkisten. Sie sehen hübsch aus vor weiß verputzten Wänden, kombiniert mit Shabby Chic-Mobiliar. Dinge, bei denen sichtbare Gebrauchsspuren zum Konzept gehören. Wenn man dazu noch im selbstgenähten Kleid einen Café Latte mit Sojamilch trinkt, ist man wirklich ganz vorn mit dabei.
Beruf als Friseurin aufgegeben
Natalie Bubolz macht schon lange aus Alt Neu. Ihr geht’s dabei um Nachhaltigkeit: „Ich bin gegen diese Wegwerf-Mentalität. Wir sollten die Dinge bewusster sehen.“
Ein Holzbohrer wird zur Lampe, ein Nähkästchen hat sie neu lackiert und mit einem Pünktchen-Stoff bezogen. Allerliebst. Aus alten Spitzendecken nähte sie Kissenbezüge. Selbst eine Parade einstiger Ü-Eier-Figuren fand eine neue Heimat auf dem Fuß eines Lampenschirms. „Gerade Ü-Eier-Figuren, die schmeißt man meist direkt in den Müll!“ Das Ensemble wurde hellblau lackiert, dazu passt ein bunter Stoffschirm. Diese einzigartige Tischlampe hat sie in den letzten Tagen öfters verkauft.
Dass upgecycelte Dinge ihren Markt haben, hat die 49-Jährige in den letzten fünf Jahren beobachten können. Sie verkaufte ihr Kunsthandwerk auf Märkten oder beim Wiesenviertelfest, spezialisiert hat sie sich auf Lampen und Kleinmöbel wie Stühle oder Beistelltische.
Die Idee, ihren Beruf als Friseurin aufzugeben und sich selbstständig zu machen, hatte sie schon lange. „Aber bis man sich das traut, dauert es. Und bis zur Rente wollte ich nicht als Friseurin arbeiten.“
Als sie zufällig in der Oststraße ein passendes Lokal entdeckte, nahm sie doch ihren Mut zusammen. In den Räumen hauste vorher die Wittener Bürgerwehr – hauste, denn „das war total runter. Alle Wände hatten Löcher, ich glaube, die haben hier nur Dart gespielt“.
Statt Bürgerwehr nun Biedermeier-Kommödchen, 50er-Jahre-Vasen und mit grünem Samt bezogene Holzstühle. Vier Monate renovierten Natalie Bubolz und Freunde und machten alles irgendwie anders und besonders. Die Wände sind grob mit Kalkfarbe gespachtelt, Theke und Bänke selbstgezimmert. Natalies Tochter Lara hängte ihre Zeichnungen auf und prompt kamen am Samstag im Rahmen der Kulturreihe Sagentage viele Wittener vorbei.
Material stammt vom Sperrmüll
Wo kommt das Material fürs Upcyceln denn her? „Vom Sperrmüll, Sonntagabends sind wir oft in der Innenstadt unterwegs“, lacht Bubolz. Auch auf Flohmärkten kauft sie. „Aber es darf nicht zu teuer werden. Meine Möbel sollten sich auch Studenten leisten können.“
Ab Mai, wenn das Backen veganer Kuchen oder Gemüsequiches zur Routine geworden ist, will die Geschäftsfrau Workshops anbieten. „So viele Leute haben einen tollen Stuhl im Keller, den sie gerne aufpolstern oder neu beziehen würden. Den können sie mitbringen und wir machen das dann zusammen.“
Denn: Etwas so anzustreichen, dass es alt aussieht, ist gar nicht so einfach. „Man bearbeitet den Anstrich mit Schleifpapier und Drahtbürste. Einfach neu anstreichen, ist natürlich einfacher.“