Witten. 2017 hat sich Natalie Bubolz mit dem ersten veganen Café in Witten selbstständig gemacht. Jetzt muss sie schließen. Corona und seine Folgen.

Vor fünf Jahren, im März 2017, hat Natalie Bubolz den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Die damals 49-Jährige eröffnete in der Oststraße Wittens erstes veganes Café. Bei „Fräulein Mayer“ gibt’s Kuchen ohne Milch, Eier, Butter, Sahne und Quark. Leckereien, die mittlerweile viele Fans haben. Dennoch wird die Wittenerin an diesem Samstag (18.6.) schließen. Corona und seine Folgen haben sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht.

Als sich die gelernte Friseurin entschied, ihr Geld künftig mit einem Café zu verdienen, hatte sie eine harte Zeit hinter sich. Sie war schwer erkrankt, hatte deswegen fünf Jahre lang beruflich pausiert. Ihr Vater lieh ihr Geld, damit sie in der Innenstadt, in einem früheren Ladenlokal eines Uhrmachers, Frühstück, einen Mittagstisch und Kaffee und Kuchen anbieten konnte. Für die gebürtige Hamburgerin war das in jeder Hinsicht ein Neustart. Neben ihrem Café-Betrieb verwandelt sie seither Kleinmöbel, die andere beim Sperrmüll entsorgt haben, in Unikate. Diese verkauft sie in ihrem Café an Menschen, die ihre Wohnungen nicht mit Möbeln „von der Stange“ einrichten möchten.

Wittenerin will weiterhin alte Stücke in neue verwandeln

Auch dieser alten Vitrine hat Natalie Bubolz zu neuem Glanz verholfen.
Auch dieser alten Vitrine hat Natalie Bubolz zu neuem Glanz verholfen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

„In der Coronazeit haben die Leute zuhause ausgemistet. Das war gut“, sagt sie. Natalie Bubolz polstert auch Sessel und Stühle auf, lässt andernorts ausgediente Möbel in neuen Farben erstrahlen. Aus aussortierten Spitzendecken aus Omas Kleiderschrank hat sie Kissenbezüge genäht. Ehemalige Handbohrer oder Fleischwölfe verwandelte sie in Lampen. Nähkästchen wurden von ihr lackiert und mit Stoff bezogen. „Ein Möbelstück soll ein zweites Leben haben, das ist mir wichtig“, sagt die 54-Jährige. Neudeutsch spricht man von „Upcycling“, wenn Dinge, die eigentlich für den Müll bestimmt waren, aufgepeppt werden, damit man sie weiter verwenden kann.

Die Wittenerin will weiterhin alte Stücke in neue verwandeln, auch wenn sie jetzt ihr Café schließt. Eine ehemalige Tischlerwerkstatt an der Ardeystraße kann sie bereits seit Jahren für ihre Holzarbeiten nutzen. Von dort aus könnte sie künftig auch ihre Sachen weiterhin an die Frau oder den Mann bringen, sagt sie. Als Friseurin möchte sie nicht mehr arbeiten. „Das könnte ich auch körperlich nicht.“

Die Menschen sparen, stellt die 54-Jährige fest

Vom gemieteten Garten hinter ihrem Café, in dem Feiern stattfinden konnten, hatte sich Natalie Bubolz schon Ende 2020 aus finanziellen Gründen getrennt.
Vom gemieteten Garten hinter ihrem Café, in dem Feiern stattfinden konnten, hatte sich Natalie Bubolz schon Ende 2020 aus finanziellen Gründen getrennt. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Ihr Café hat die Coronazeit leider nicht überlebt. Als sie ihre erste staatliche Coronahilfe in Höhe von 9000 Euro erhielt, war ihr klar: „Das Geld musst du zurückzahlen.“ Dann die angeordneten Schließungen in der Pandemie - „das hat mir finanziell das Genick gebrochen“, sagt Bubolz. Frühere Gäste arbeiteten von zuhause aus. „Da wird man vergessen. Auch in der Stadt waren nur wenige Leute unterwegs.“ Angesichts der derzeit hohen Inflationsrate, der Preissteigerungen, würden viele Menschen jetzt auch sparen, stellt die 54-Jährige fest.

Hinter ihrem Café hatte sie - vor der Pandemie - einen großen Garten angemietet, in dem Hochzeiten gefeiert und andere größere Gesellschaften stattfinden konnten. Aufgrund der hohen Miete trennte sich Bubolz im November 2020 von der grünen Oase. Die Folge: Große Feste konnten bei ihr nicht mehr gefeiert werden. „In meinem Café können maximal 20 Menschen sitzen. Das ist unwirtschaftlich.“

Tochter will mit einem mobilen Café in einem alten US-Bus unterwegs sein

Wo es in Witten veganen und vegetarischen Kuchen gibt

Das Café „Fräulein Mayer“ ist noch am Mittwoch (15.6.) von 12 bis 18 Uhr, außerdem am Freitag und Samstag (17./18.6.) von 10 bis 15 Uhr geöffnet. In Witten kann man weiterhin auch veganen und vegetarischen Kuchen genießen. Im „Café Paniflora“ in Bommern (Bommerfelder Ring 88) ist alles, was auf die Teller und in die Tassen kommt, rein vegan. Zum Kaffee gibt’s auch keine Kuh-, sondern Hafermilch.

In Annen hat in diesem Jahr das „Café Velcome“ eröffnet. In den Räumen der früheren Galerie „Himmelstropfen“ (Geschwister- Scholl- Str. 3) gibt es vegetarische und vegane Leckereien. Im Kijamii-Café in der Innenstadt (Oberstr. 4) wird veganer und vegetarischer Kuchen angeboten, ebenso auch im Café Leye in der Bahnhofstraße.

Über ihre früheren Gartenmöbel freut sich jetzt ihre Tochter Lara-Margo. Ihr gehört ein früherer amerikanischer Schulbus. Mit diesem, einem Café und einer Kunstausstellung an Bord, möchte die 27-Jährige, die derzeit in England arbeitet, künftig auf Tour gehen. Der alte US-Bus ihrer Tochter wird auch eine Attraktion auf dem Wittener Wiesenviertelfest am 6. August sein, sagt Bubolz. Sie wird sich an diesem Samstag mit Sekt von ihren letzten Gästen verabschieden.