Witten. Eine Recherche zeigt, dass die giftige Chemikalie PFAS viele Orte in NRW belastet. Auch in der Ruhr in Witten wurden die Stoffe entdeckt.
Wird Nordrhein-Westfalen von einem der größten Umweltskandale der Vergangenheit eingeholt? Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zeigen, dass 1500 Orte mit der giftigen Chemikalie PFAS (früher PFT) belastet sind. Auch in Witten gibt es Nachweise.
Das Rechercheteam hat eine Karte erstellt, auf der alle Fälle eingezeichnet sind. Auch der Ennepe-Ruhr-Kreis ist dabei. Vier Fälle gibt es demnach in Hattingen, zwei in Wetter und ebenfalls zwei in Witten. Beide Male wurden die giftigen Stoffe in der Ruhr nachgewiesen.
Eine Messung hat 2006 eine Belastung von 122 Nanogramm pro Liter in ergeben, eine weitere im Jahr 2010 15 Nanogramm pro Liter. Die Karte ist dabei in vier Stufen eingeteilt. Gelb bedeutet eine geringe Belastung von unter 100, dunkelrot hingegen über 100.000. Die Werte in Witten sind demnach im gelben Bereich.
Ruhrverband: Trend in der Ruhr ist abnehmend
Der Auslöser für die damaligen Messungen war der PFT-Skandal im Jahr 2006. Damals wurde in Ruhr und Möhne eine hohe Konzentration festgestellt. Grund dafür war, dass über mehrere Jahre PFAS-haltiger Industriemüll illegal statt Dünger auf Feldern verteilt worden war. „Wir haben die intensiven Messungen 2010 dann eingestellt“, sagt Markus Rüdel vom Ruhrverband. Auffällige Werte seien dann nicht mehr festgestellt worden.
Gibt es dennoch einen Grund zur Besorgnis in Witten? „Der Trend war in den letzten Jahren abnehmend“, erklärt Rüdel. Regelmäßig prüfe man das Wasser in der Ruhr noch am Standort in Essen-Rellinghausen. Dort seien die Spitzenwerte am besten zu erkennen. Laut Ruhrlagebericht hat es dort 2021 noch eine Belastung von 0,08 Milligramm pro Liter gegeben. „Das ist wirklich ein relativ unauffälliger Wert“, so der Ruhrverbandssprecher. Die Daten aus den Jahren 2010 und 2006, die in der Statistik für Witten ausgewiesen wurden, seien deshalb nicht mehr relevant.
Um ein genaueres Bild zu erhalten, analysiert der Ruhrverband das Gewässer zudem einmal im Monat mit einer sogenannten Lage-Untersuchung noch an zwölf weiteren Stellen. Dabei wird das Wasser auf 350 verschiedene Stoffe untersucht. „Wenn wir dort Auffälligkeiten entdecken, werden wir natürlich aktiv und veranlassen weitere Messungen. Wir haben das regelmäßig auf dem Monitor“, so Rüdel.
Ruhrverband befürwortet Verbot
Zwar tauche PFAS immer wieder in geringen Mengen auf, das sei aber nicht zu vermeiden. „Es gibt immer ein Grundrauschen der PFAS-Stoffe. Wir sprechen aber nicht von einer akuten, sondern von einer Hintergrundbelastung.“
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Dennoch sei es gut, dass das Thema nun noch einmal an Fahrt aufnimmt. Schon seit Jahren fordern Deutschland, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Schweden ein Verbot der Stoffe und schätzen, dass in den kommenden Jahren mindestens 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen. Mit einem Verbot wird allerdings erst frühestens 2026 gerechnet. NRW-Umweltminister Oliver Krischer betonte bereits, dass so etwas sinnvoll wäre.
Gruppe mehrerer Chemikalien
PFAS (per- und polyfluorierte Chemikalien) umfassen eine Gruppe von mehreren Tausend Chemikalien. Sie sind wasser- und schmutzabweisend und werden in vielen Bereichen des Alltags verwandt, etwa in Outdoor-Bekleidung und beschichteten Pfannen, in Kosmetik, Pizzakartons oder in Löschschaum. Man kann sie weder riechen noch schmecken oder sehen.
Und auch der Ruhrverband schließt sich dem an. „Wir begrüßen es, dass es das Verbot geben soll. Anders kriegen wir die giftigen PFAS-Stoffe nicht raus“, sagt Sprecher Markus Rüdel. Das Problem sei, dass es sich bei PFAS um sehr persistente, also schwer abbaubare Stoffe, handele, die überall im Alltag, zum Beispiel bei Pizzakartons, eingesetzt werden. Nur wenn diese gar nicht mehr verwendet werden, könne man sie aus der Umwelt verbannen.