Witten. Seit einem halben Jahr ist ein Paar aus Witten in Europa unterwegs. In Portugal hatten sie eine ganz besondere Begegnung mit einem Baumfäller.
Dem Alltag entfliehen und einfach mal was Neues entdecken. Diesen Entschluss haben Lisa Veselinovic und ihr Lebensgefährte Thomas Sonntag aus Witten im vergangenen Jahr gefasst. Seit August touren sie durch Europa und sind mittlerweile in Griechenland angekommen. Bis heute haben sie ihre Entscheidung nicht bereut.
Dabei war es zunächst gar nicht geplant, so eine große Reise zu machen. 2019 haben die beiden sich ihr kleines Wohnmobil zugelegt, einen Fiat Ducato. „Wir wollten an den Wochenenden einfach mal raus aus dem Alltag und richtig abschalten“, sagt Lisa Veselinovic. Dabei ging es mal ins Münster- und mal ins Sauerland. Der erste größere Urlaub stand dann an der Mecklenburgischen Seenplatte an. „Wir sind da von Ort zu Ort gefahren“, sagt die 57-Jährige. Dort sei der Entschluss immer mehr gereift, das Ganze einfach mal auf Dauer auszuprobieren.
Wittener kündigen Jobs
„Wir waren uns beide direkt einig, dass es was für uns ist“, sagt Thomas Sonntag. Dann aber kam Corona und das Reisen war erst mal nicht möglich. Das hat den beiden aber auch etwas geholfen. „So konnten wir die Reise noch etwas mehr planen“, so der gelernte Tischler. Kurzerhand kündigten sie ihre Jobs und machten im Sommer 2022 dann Nägel mit Köpfen.
Am 13. August setzten sie sich in ihr Wohnmobil und fuhren los. Wirklich weit ging es aber nicht. „Wir sind nur ins Hohe Venn in Belgien gekommen“, sagt die Beinahe-Globetrotterin lachend. Bis kurz vor der Abfahrt räumten sie ihr Haus in Stockum noch leer. Ihr Hab und Gut lagert jetzt in der Garage, Veselinovics Sohn ist ins Haus gezogen. „Uns wurde das Haus sowieso zu groß. Man muss zu manchen Dingen einfach mal Ja sagen“, so die Altenpflegerin.
Da die Zeit am Abreisetag immer knapper wurde – wer kennt das nicht –, ging es erst am Nachmittag los. Kurz vor der Abfahrt passierte dann auch schon das erste Missgeschick. „Mir ist der Schlüssel vom Tankdeckel in das Klo gefallen“, sagt Lisa Veselinovic. Nur mit Hilfe von Nachbarn konnten sie ihn noch retten. Nun ja, aller Anfang ist schwer.
Portugal hat es dem Paar angetan
In Belgien angekommen, konnte es dann aber endlich so richtig losgehen. Über Luxemburg ging es mit dem Heim auf vier Rädern in die Pyrenäen nach Frankreich und von da aus bis nach Portugal. Die bislang schönste Station der beiden. „Wir haben sogar schon nach Grundstücken geschaut. Mal schauen, vielleicht leben wir dort irgendwann“, sagt Thomas Sonntag.
Auf ihrer Reise, die auch schon durch Spanien und Italien ging, haben sie schon viele Menschen getroffen. „Es ist unglaublich, wie viele Leute das Gleiche wie wir machen. Wir dachten, wir wären total exotisch.“ Immer wieder begegnen sie auch jungen Menschen, die den Alltag hinter sich gelassen haben und die Welt erkunden. Sie haben auch einen deutschen Baumfäller kennengelernt, der mittlerweile den Palmen in Portugal an den Kragen geht. „Auf solche Menschen und ihre Geschichten wären wir in unserem normalen Leben doch gar nicht getroffen", schwärmt Thomas Sonntag.
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Und auch die beiden selbst können sich neu kennenlernen. „Es ist natürlich interessant zu sehen, wie es ist, wenn man ein Jahr lang auf maximal fünf Quadratmetern zusammenlebt“, sagt Lisa Veselinovic. Bislang könne sich aber noch keiner beklagen.
Kinder waren bereits zu Besuch
Aber was sagt die Familie, wenn die Eltern einfach mal ein Jahr weg sind? Beide haben Kinder aus früheren Beziehungen – sie eine Tochter (28) und zwei Söhne (25/24). „Meine Kinder fanden es super.“ Die Jungs hätten sie bereits in Barcelona und Rom besucht, Tochter Leoni will auch bald vorbeischauen. Sonntags Töchter (27/22) waren zunächst etwas traurig, dass Papa ein Jahr lang nicht zu Hause ist. „Sie gönnen es uns aber auch total“, sagt der 58-Jährige
Derzeit ist das Paar auf den Peleponnes in Griechenland. „Wir haben hier 20 Grad und können sogar ins Meer.“ Entspannt leben sie in den Tag hinein. „Wenn uns ein Ort gefällt, können wir einfach hier bleiben. Das gibt einem eine unheimliche Lebensqualität“, sagt Sonntag.
Instagram lässt mitreisen
Auf dem Instagram-Kanal „reissauszeit“ lassen Lisa Veselinovic und Thomas Sonntag Freunde, Bekannte aber auch alle anderen einen Teil ihrer Reise werden. In regelmäßigen Abständen posten sie dort Bilder von den Orten, an denen sie gerade sind. „Die Leute interessieren sich wirklich dafür. Das ist toll“, sagt Veselinovic.
Auf ihrer weiteren Reise wollen sie noch nach Albanien, Montenegro, Kroatien und Slowenien. Nach einem Abstecher in die baltischen Staaten soll Skandinavien die letzte Station sein, bevor es zurück nach Witten geht. Was dann passiert, wissen die beiden noch nicht.
Lisa Veselinovic war bei der Tagespflege Wiesenviertel angestellt, Thomas Sonntag war Anleiter bei der Awo. Ihre Arbeitgeber hätten signalisiert, dass man eventuell auch in den Job zurückkehren könnte. „Darüber machen wir uns aber noch keine Gedanken“, sagen beide. Ein halbes Jahr haben sie ja auch noch vor sich. Auf der Reise ihres Lebens ist gerade einmal Halbzeit.