Witten. Das Kaufhof-Haus könnte die „Neue Mitte“ Wittens werden. Das zeigt eine Studie, die jetzt vorgestellt worden ist. Schön – aber hat sie Chancen?

Es ist eine schöne Vision, die Werner Sübai vom Düsseldorfer Architekturbüro HPP dem Ausschuss für Stadtentwicklung jetzt vor Augen geführt hat. Das leerstehende Kaufhof-Gebäude wird aufgebrochen und in mehrere Einzelteile zerlegt. Durch die „Neue Mitte“ führt ein Weg, eine offene Passage, die Bahnhofstraße und Heilenstraße miteinander verbindet. Doch diese Vision wird wohl ein Traum bleiben. Denn die Stadt bestätigte nun, dass der Eigentümer der Immobilie, die Saller Bau aus Weimar, die Studie weiterhin ablehnt. Sein Fazit: sehr schön, aber viel zu teuer.

So könnte es in der „Neuen Mitte“ Witten aussehen. Im Durchgang befinden sich Geschäfte und Gastronomie. Darüber Büros, Uni, Stadtarchiv und Wohnungen.
So könnte es in der „Neuen Mitte“ Witten aussehen. Im Durchgang befinden sich Geschäfte und Gastronomie. Darüber Büros, Uni, Stadtarchiv und Wohnungen. © Illustration/Entwurf: HPP

Die Ablehnung war schon bekannt, die Studie selbst hingegen nicht. Deswegen wurde sie den Ausschussmitgliedern am Donnerstagabend ausführlich vorgestellt. Als „aus der Zeit gefallenes Gebäude“ bezeichnete HPP-Gesellschafter Werner Sübai darin das Haus. Vier Obergeschosse mit Einzelhandel werde es künftig so nicht mehr geben. „Das will keiner mehr.“ Doch was dann?

Stadtarchiv und Uni Witten sollen große Flächen bekommen

Die Architekten, die ihre Analyse zusammen mit der Immobilienberatung „bulwiengesa“ entwickelt haben, plädieren für eine Mischnutzung mit Einzelhandel, Gastronomie, Wohnen, Büros und Praxen. Zudem sollen die Uni und das Stadtarchiv große Flächen in dem neuen Gebäudekomplex bekommen.

Der Kaufhof in Witten steht nun schon seit Oktober 2020 leer.
Der Kaufhof in Witten steht nun schon seit Oktober 2020 leer. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die Studie bleibt dabei nicht im Allgemeinen, sondern wird sehr konkret. Der Wohnkomplex soll demnach im Bereich zur Heilenstraße hin neu gebaut werden, im Anschluss ans Wiesenviertel. Das Stadtarchiv bekommt Räume sowohl zur Aufbewahrung wie auch zur Präsentation. Ein Lebensmittel-Vollsortimenter soll einziehen, entlang der Passage ziehen sich kleine Geschäfte und Restaurants.

Durch den Rückbau eines Obergeschosses und der „unbelichteten Tiefe“, also der jetzigen Mitte des Gebäudes, würde das neue Ensemble 2700 Quadratmeter kleiner sein als heute und nur noch 16 Prozent Fläche für den Einzelhandel vorsehen. 33,4 Millionen Euro würde das Projekt laut Studie kosten – Stand Mai 22. Ein dicker Batzen, der sich nach Ansicht der Studien-Macher durch die erwartbaren Mieterlöse aber rechnen würde. Wobei sie zugeben, dass in ihrer Aufstellung Optimismus miteingerechnet ist.

Machbarkeitsstudie bekommt viel Zustimmung

Die Studie stieß im Ausschuss quer durch fast alle Fraktionen auf viel Zustimmung. „Beeindruckend“ nannte der Vorsitzende Uwe Rath (SPD) die Pläne. „Architektonisch gelungen“ lobte Baurat Rommelfanger. Er sprach von einem „erfreulichen Resultat“. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit sei jetzt mit Konzepten darstellbar. Und die hätten ja bereits Hand und Fuß. Kulturforums-Chefin Jasmin Vogel habe signalisiert, dass der Standort ideal fürs Stadtarchiv wäre. Auch mit der Uni seien schon konkrete Gespräche geführt worden. Außerdem gebe es eine konkrete Nachfrage für eine Bürofläche von bis zu 9000 Quadratmetern, so Rommelfanger, und Bedarf für Wohnraum sowieso.

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Eine erfolgreiche Mischnutzung sei also realisierbar und der richtige Weg, um die Innenstadt zu beleben, betont der Stadtbaurat. Die wolle inzwischen auch Eigentümer Saller – anders als in seinen ersten Plänen – allerdings wohl nur im Erd- und Untergeschoss. Wie das aussehen soll, wolle Saller der Stadt im Frühjahr präsentieren.

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Rommelfanger hofft, dass der Eigentümer bis dahin noch umgestimmt werden kann. „Wir versuchen, ihn von dem Konzept zu überzeugen. Und meine Aufgabe wird es sein, ihm nahezubringen, welche Nachfrage es gibt.“ Denn daran hängt die Finanzierbarkeit – an der Saller ganz offen zweifelt. Doch auch wenn der Eigentümer nicht einlenken sollte: „Wir werden unseren Anspruch deutlich formulieren und den Anspruch nicht weiter nach unten schrauben“, betont der Baudezernent. Die Immobilie sei ein zentraler Standort in der Stadt. „Und Witten braucht ein urbanes Zentrum.“