Witten. „Radio Ruhrpott“ ist zum ersten Mal in Witten auf Sendung gegangen. Natürlich auch mit Steigerlied – allerdings von einem Beatboxer begleitet.

Seit drei Jahren wird das Ruhrpott-Musical in Castrop-Rauxel gespielt. Jetzt geht es auf Tournee und hat am vierten Adventswochenende Station in Witten gemacht. Wenn man den Worten von Musical-Macher Michael Kloßek auf der Bühne glauben darf, dann hat das Ensemble darauf schon lange gewartet: „Denn im Muttental hat die Geschichte des Ruhrgebiets schließlich begonnen.“

In bestern Spiellaune zeigte sich das Ensemble von „Radio Ruhrpott“.
In bestern Spiellaune zeigte sich das Ensemble von „Radio Ruhrpott“. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Und um diese Geschichte geht es ja nun einmal im „Ruhrical“. Um Zechen und Kohle, um Zusammenhalt unter Tage und Liebe im Schrebergarten. Vor allem aber um die Musik. Die Show ist eine musikalische Reise durch all die Hits, die im Ruhrgebiet auf die eine oder andere Weise ihren Ursprung haben – aber von vielen hätte man es nicht einmal gedacht.

Helge-Double singt in Witten

Klar, dass Nena aus Hagen kommt, das weiß man. Ihr „Nur geträumt“ wird daher bei „Radio Ruhrpott“ genau gespielt wie die „99 Luftballons“. Auch Helge Schneider und Grönemeyer sind keine Überraschung, wobei vom Beinah-Bochumer nur ganz kurz ein „Tief im Westen“ anklingt. Helge hingegen kommt leibhaftig, zumindest fast: Sein Double Marc Stahlberg stelzt in Helge-Manier über die Bühne und knödelt „Katzeklo“ – sehr zur Freude der rund 500 Zuschauer im recht gut besetzten Saalbau.

Marc Stahlberg als Helge-Schneider-Double begeistert das Publikum.
Marc Stahlberg als Helge-Schneider-Double begeistert das Publikum. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Aber hätten Sie gedacht, dass aber auch der deutsche Text der Titelmelodie von Pippi Langstrumpf „Zwei mal drei macht vier“ aus einer Essener Feder stammt und „Blame it on the Boogie“ der erste Welthit aus dem Ruhrgebiet war, geschrieben von einem Dortmunder? Der Mann, der dieses Wissen verbreitet, ist Moderator Sam Maldock – angelehnt an Kult-Sprecher Mal Sondock –, der mit seiner Sendung wie ein roter Faden launig durch den Abend führt. Gespielt wird die Stimme von „Radio Ruhrpott“ in Witten von keinem geringeren als Michael Ophelders, der erst in diesem Jahr von der Deutschen Musical Akademie als „Bester Darsteller in einer Hauptrolle“ für seine Rolle in „Brigitte Bordeaux“ ausgezeichnet worden ist.

Im „Ruhrical“ hat er eine doppelte Funktion. Zum einem legt er in seinem Studio auf der Bühne die „Platten“ auf, die dann vom Ensemble aufgeführt werden – vom „Mond von Wanne-Eickel“ bis zu Falcos „Mann mit dem Koks“. Mit viel Spielfreude wird gesungen und getanzt, die Hits gehen ins Ohr – auch die, die extra fürs Musical geschrieben worden sind.

Bergmann träumt vom Leben als Rockstar

Zum anderen ist Sam Maldock aber auch Teil der Geschichte, die sich um Bergbau, Fußball und eine große Liebe dreht. Erzählt wird die Geschichte des Bergmanns Ritchie, der von einem Leben als Rockstar träumt. Seine Freundin Petra öffnet ihm die Türen zu Radio Ruhrpott. Allerdings ist Petra die Tochter von Revier-Steiger Ernst von Bodelschwingh, Ritchies Boss aufm Pütt, und der duldet die Verbindung nicht. Aber Ritchie und Petra kämpfen um ihre Liebe und – so viel sei verraten – es gibt ein Happy End.

Unterm Mond von Wanne-Eickel haben sich Petra (Anni Herget) und Bergmann Ritchie (Dimitri Vassiliadis) kennengelernt. Dann geht’s ab nach Witten und Crange.
Unterm Mond von Wanne-Eickel haben sich Petra (Anni Herget) und Bergmann Ritchie (Dimitri Vassiliadis) kennengelernt. Dann geht’s ab nach Witten und Crange. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

In den Spielszenen wird einmal mehr die Ruhrgebiets-Romantik beschworen. Hier, wo die Freundschaft zählt, wo man zusammenhält. Hier, wo man bei aller Tradition aber auch mit der Zeit geht: Da blinken die Lichter in den Farben der Ukraine zu Nenas Luftballons, da erklingt das Steiger-Lied zu den Klängen eines Beatboxers (ganz hervorragend: Kevin O’Neal). Spätestens da hält es niemanden mehr auf seinem Sitz.

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Das Publikum macht begeistert mit, singt, schwoft und spendet nach drei beschwingten Stunden reichlich Beifall. Chef Kloßek hat angekündigt, das „Radio Ruhrpott“ im nächsten Dezember wieder nach Witten kommen will. Der Applaus lässt vermuten, der Saalbau wird dann vielleicht noch besser besetzt sein.