Witten. In Witten häufen sich offenbar Klagen über die abgesenkte Wassertemperatur in den Lehrschwimmbecken. Lernen jetzt noch weniger Kinder schwimmen?

Nicht nur in den Wittener Hallenbädern, auch in den Lehrschwimmbecken hat die Stadt die Wassertemperatur gesenkt. Nun hagelt es Beschwerden. Denn bei 26 Grad frieren offenbar viele Grundschulkinder. Eltern schicken ihren Nachwuchs deshalb nicht mehr zum Kurs im Verein oder schreiben Entschuldigungen fürs Schulschwimmen.

„Die Kinder frieren wirklich sehr“, bestätigt Grundschulsprecherin Dörthe Diefenbruch, die die Pferdebachschule leitet. Auch von anderen Grundschulen seien ihr schon Klagen zu Ohren gekommen. Bestimmte Unterrichtsinhalte, die fürs Schwimmenlernen wichtig sind, könnten unter diesen Umständen nicht mehr vermittelt werden, etwa dass die Kinder sich aufs Wasser legen oder darin gleiten. „Die Kollegen achten gerade darauf, dass die Kinder sich viel bewegen.“

Wittener Schulleiterin: Eltern schreiben mehr Entschuldigungen

Vor allem für jene Kinder, denen sowieso schneller kalt wird, sei die niedrige Wassertemperatur extrem unangenehm. „Wir schicken sie dann unter die warmen Duschen“, sagt die Grundschulsprecherin. Und weiß selbst, dass das ein Dilemma ist. „Es leuchtet ja ein, dass wir Energie sparen müssen“, sagt sie. Aber Kinder mit blau gefrorenen Lippen seien eben auch kein schöner Anblick.

Eltern neigten inzwischen tatsächlich dazu, ihr Kind schneller für die Teilnahme am Schwimmunterricht zu entschuldigen. „Ich kann das als Mutter verstehen“, sagt Diefenbruch. Manche hätten auch schon angefragt, ob das Tragen eines Neoprenanzuges erlaubt sei. „Die Kinder dürfen solch einen Anzug tragen, müssen aber in der Lage sein, ihn selbst an- und auszuziehen, was nicht so einfach ist.“

Wittener SPD für Erhöhung der Wassertemperatur

Einige Eltern, aber auch Vereinsmitglieder hätten inzwischen der Wittener SPD-Fraktion ihr Leid geklagt. Diese hat daraufhin nun eine Anfrage an den Bürgermeister gerichtet mit der Bitte, möglichst eine Erhöhung der Wassertemperatur in Betracht zu ziehen. Andere Städte wie etwa Mülheim würden vormachen, dass dies geht, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Malz.

Auch in den Sporthallen ist es kälter

In Witten gibt es vier Lehrschwimmbecken: an der Hüllberg-, der Brenschen- und der Pferdebachgrundschule sowie an der Buchholzer Grundschule. Normalerweise lag die Wassertemperatur dort bei 29 Grad, aus Energiespargründen beträgt sie jetzt 26 Grad.

Auch in den Sporthallen ist es kälter geworden. Dort liege nach Auskunft einiger Sportvereine und laut SPD die derzeitige Temperatur zwischen 16 und 18 Grad. Einige befürchten, dass die Temperatur weiter gesenkt und dadurch die Verletzungsgefahr steigen werde.

Zwischenzeitlich hatte die Stadt außerdem das warme Wasser in den Duschen der städtischen Sportanlagen sperren lassen. Nach Legionellen-Funden wurde diese Maßnahme wieder rückgängig gemacht.

In den dortigen Lehrschwimmbecken sei die Temperatur trotz der Sparmaßnahmen mit 29 oder 30 Grad grundsätzlich höher als in den Sportschwimmbecken. Denn kleine Kinder würden schneller auskühlen als Erwachsene. „Für Vorschulkinder sollte die Wassertemperatur nach Empfehlungen von Kinderärzten bei 27 bis 30 Grad liegen“, so die SPD.

Auch Anna Kutsch von der DLRG Ortsgruppe Witten-Mitte beobachtet mit Sorge, „dass unsere Schwimmkurse deutlich leerer werden“. Die Temperatur im Becken schwanke zwischen 25,5 und 26 Grad, je nachdem wie die Umwälzpumpe arbeite. Das sei, blende man das Weltgeschehen aus, „grenzwertig“. Bei der DLRG sind deshalb ebenfalls Neoprenanzüge erlaubt. Allerdings nicht, wenn ein Abzeichen gemacht werde.

Wittener Verein: Froh, dass Hallen geöffnet sind

Zu Neopren rät auch Stefan Cohaupt vom PV Triathlon. Er bestätigt: „Nach zehn Minuten fangen die Kinder sonst an zu frieren.“ Abmeldungen in Schwimmkursen seien aber nicht zu beklagen. 240 Kinder würden wöchentlich beim Verein das lebenswichtige Schwimmen lernen. „Sie freuen sich zwar nicht mehr darauf“, weiß er und würde sich auch höhere Temperaturen wünschen. „Aber besser kaltes Wasser als gar keins.“ Man sei froh, dass die Hallen überhaupt geöffnet sind.

Laut Stadt orientiere man sich gewissenhaft an den Empfehlungen. Gerne werde man die Wassertemperatur wieder erhöhen, sobald es keine Einsparerfordernisse mehr gebe. Doch aktuell stehe dies außer Frage. Allein das Absenken der Wassertemperatur um zwei Grad in den vier Lehrschwimmbecken reduziere deren Gasverbrauch um 17 Prozent.

„Für den Bürgermeister ist die Temperaturabsenkung alternativlos“, so SPD-Vize Malz. „Das sehen wir anders.“ Zwar wisse man, dass es unumgänglich sei, Energie zu sparen. „Aber nicht wieder auf Kosten derjenigen, die schon in der Pandemie am meisten zu leiden hatten.“ Jetzt nehme man den Kindern nicht nur erneut eine Möglichkeit der Freizeitgestaltung, sondern auch die Chance, Schwimmen zu lernen.