Witten. Die Bücherei St. Joseph in Witten-Annen braucht Engagierte. Denn sie will Treffpunkt für alle werden. In der Krise bietet der Ort große Vorteile.

Die Öffentliche Bücherei St. Joseph in Annen existiert seit über 125 Jahren. Damit Kinder und Erwachsene dort noch lange Literatur, DVDs und Hörbücher ausleihen können, muss sich jedoch einiges ändern. Leiterin Christiane Grafe träumt davon, dass Wittens einzige Pfarrbücherei zu einem Treffpunkt für alle wird. Doch das geht nur, wenn sich noch mehr Ehrenamtliche engagieren.

Ein bisschen versteckt liegen die Räume im Kellergeschoss des Pfarrheims an der Stockumer Straße, gleich neben der Kirche. „Tatsächlich gibt es immer noch Annener, die uns nicht kennen“, sagt Grafe. Die 49-Jährige lebt selbst seit ihrer Geburt im Stadtteil und ist der Bücherei seit ihrem 16. Lebensjahr verbunden. „Ich bin damit groß geworden.“ Früher sei es schon fast Tradition gewesen, dass Kinder nach dem Besuch der Sonntagsmesse in die Bücherei stürmten, um sich mit Lesestoff einzudecken oder einfach dort zu spielen, sagt auch Gemeindereferent Dieter Fender. Doch diese Zeiten seien längst vorbei.

Wittener Pfarrbücherei schon jetzt für alle offen

Die sozialen Medien und Streamingdienste hätten einen Besucherschwund bewirkt. Corona habe noch einen draufgesetzt. Nicht zuletzt habe der pastorale Prozess, der einen Umbruch in der katholischen Kirche bewirken soll, auch hier den Anstoß für Veränderungen gegeben.

Die katholische Kirche St. Joseph in Annen, rechts daneben befindet sich das Pfarrheim. Die Bücherei hat ihren Platz im Kellergeschoss des weißen Gebäudes.
Die katholische Kirche St. Joseph in Annen, rechts daneben befindet sich das Pfarrheim. Die Bücherei hat ihren Platz im Kellergeschoss des weißen Gebäudes. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Geblieben sind aktuell 16 Ehrenamtliche sowie etwa 130 aktive Leserinnen und Leser. Grafe: „Das klingt nicht so schlecht, ist aber mit den Zahlen von früher nicht zu vergleichen.“ Doch es könnte in diesen Krisenzeiten, wo alles teurer wird, wieder aufwärts gehen.

„Die Bücherei könnte dann ein total wichtiger Ort vor allem für Familien und ältere Menschen werden“, hofft sie. Schließlich sind Ausleihe und andere Angebote, die in Zukunft wieder häufiger stattfinden sollen, kostenlos. Man müsse auch nicht katholisch sein oder überhaupt einer Konfession angehören. „Wir wollen für alle da sein.“ Deshalb übrigens fehlt inzwischen auch das „Katholisch“ im Titel der Bücherei.

Wittenerin träumt von Lesungen und Bilderbuchkino

Doch mehr Angebote erfordern noch mehr Engagement. Nicht nur für die Ausleihe sei Verstärkung gefragt. „Wir suchen vor allem Menschen, die Lust haben, eigenständig etwas zu organisieren“, sagt Christiane Grafe. Das können etwa Lesungen für Kinder oder Erwachsene sein oder ein Bilderbuchkino. Ein Literaturcafé gab es schon mal – es könnte wiederbelebt werden.

Leseratten und Ehrenamtliche: Einfach vorbeikommen

Die Öffentliche Bücherei St. Joseph liegt an der Stockumer Straße 13. Sie ist geöffnet: mittwochs von 10 bis 12 und 16 bis 18 Uhr, freitags von 16 bis 18 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr. Der ganze Bestand ist online einsehbar auf buecherei-annen.de.

Wer ehrenamtlich in der Ausleihe mitarbeiten möchte (Vorkenntnisse nicht erforderlich), Veranstaltungen organisieren oder sich anderweitig engagieren will, kann sich melden: 02302 203318,
oder einfach während der Öffnungszeiten vorbeikommen.

Noch ein heißer Tipp: Unter dem Motto „Erwärmt euch“ bietet die Gemeinde vor der Kirche St. Joseph an den Adventssamstagen ab 17 Uhr ein gemütliches Beisammensein mit Musik, Glühwein oder Suppe an. An diesem Samstag sorgt Dieter Fender für Musik, am 17. Dezember tritt das Blasorchester „BloW“ auf. Spenden gehen an die Tafel.

Grafe stellt sich Spielenachmittage vor. Einer findet tatsächlich am 30. Dezember von 16 bis 18 Uhr statt. Doch es gehe darum, so etwas regelmäßig zu machen. Händeringend würden auch neue Mitarbeiter für die Dependance im Altenheim St. Josef gesucht.

Wittener Gemeindereferent: Bücherei hat Bildungsauftrag

Für Gemeindereferent Dieter Fender habe die Bücherei nach wie vor einen Bildungsauftrag. „Sie kann Unterstützung bieten, zum Beispiel bei der Vorbereitung der Erstkommunion.“ Es gebe auch theologische Bücher vor Ort, appelliert er an seine Kolleginnen und Kollegen. Außerdem könne man Fortbildungen für Ehrenamtliche aufleben lassen oder Kurse anbieten, um das Vorlesen oder freie Erzählen zu trainieren. Fender, der die Kleinkunstbühne Kukloch in Stockum mitorganisiert, wünscht sich mehr Vernetzung. Man könne auch mit der Bücherei gemeinsam etwas auf die Beine stellen.

Die Voraussetzungen für einen Neustart der Pfarrbücherei sind gut. 2020 wurde sie umgebaut und hat mehr Platz bekommen. 4500 Medien gibt es insgesamt. Die Bücher seien immer auf dem neuesten Stand, Krimis und aktuelle Zeitschriften der Hit. „Alles wird mit Herzblut ausgewählt“, sagt Christiane Grafe, der die Bücherei ein zweites Zuhause ist. Sie würde gerne mehr Zeit investieren. Doch da gibt es auch noch ihre Familie und den Job.

Trotzdem will sie alles daransetzen, dass der Ort wieder mehr Wertschätzung erfährt. „Je mehr Menschen sich engagieren, desto mehr ist möglich.“ Ja, das mache Arbeit. Doch darüber hinaus sei auch der soziale Kontakt im Team ein schöner Nebeneffekt. Fender: „Es ist wichtig, dass die Menschen zusammenrücken.“