Witten. Immer mehr Menschen suchen Hilfe bei Psychotherapeuten. Nun soll es bald ein weiteres besonderes Angebot an der Uni Witten/Herdecke geben.
Die psychischen Probleme der Menschen nehmen zu – nicht zuletzt wegen Covid und Ukraine-Krieg. „Entsprechend steigt der Bedarf an gut ausgebildeten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten“ bestätigt Prof. Dr. Thomas Ostermann von der Uni Witten/Herdecke (UW/H). Deshalb leiste das Department für Psychologie und Psychotherapie einen wichtigen Beitrag, damit „genug Plätze für die studentische Ausbildung zum Psychotherapeuten in NRW da sind“. Auch eine Ambulanz gehört dazu. Ab Frühjahr werden dort Kinder und Jugendliche behandelt.
Schon von Anfang an liege der Schwerpunkt des seit zehn Jahren bestehenden Studiengangs auf der Kombination von Forschung und Praxis, so Ostermann. Dazu trage vor allem das Zentrum für psychische Gesundheit und Psychotherapie bei, das 2015 gegründet wurde. Dort kommen Studierende hautnah mit Patienten in Kontakt. „Mit den Ambulanzen leisten wir aber auch einen Beitrag zu einer breiten psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung“, sagt Prof. Dr. Ulrike Willutzki (65), die einen Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Uni hat und die Ambulanz leitet.
Viele Patienten kommen aus Witten
Die Patientenzahlen sprechen für sich. Pro Quartal betreuen 22 Therapeuten und Therapeutinnen in dem Zentrum, das über zehn Räume im FEZ verfügt, rund 500 Menschen – hauptsächlich aus Witten und der näheren Umgebung. Manchmal reicht eine Sprechstunde aus. Manchmal dauern die Therapien bis zu einem Jahr. Wer sich jetzt dort anmeldet, muss mit einer Wartezeit von bis zu einem Jahr rechnen.
„Das ist schrecklich und für die Betroffenen eine Katastrophe“, sagt Ulrike Willutzki. „Aber wir können nicht schneller arbeiten.“ Der Bedarf bei den Erwachsenen sei auch vor Corona schon hoch gewesen und mit Covid weiter gestiegen. „Wir haben seit Beginn der Pandemie voll durchgearbeitet, teils online oder in besonders geschützten Räumen.“
Ambulanz für junge Menschen ab April
Die Patientinnen und Patienten leiden an Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen, haben Traumata oder Psychosen. Nur für akute Suchtprobleme sei die Ambulanz nicht die richtige Anlaufstelle, betont die Professorin. Weil Corona Kindern und Jugendlichen besonders zugesetzt hat, werden im Zentrum für psychische Gesundheit und Psychotherapie künftig nicht mehr nur Erwachsene behandelt. Ab April oder Mai soll sie auch Anlaufstelle für die Jüngeren werden. „Die Räume dafür haben wir schon.“
Wittener Fachärztin: Corona hat Probleme auf die Spitze getrieben
Auch Kornelia Paucke, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Bommern, sieht dringenden Bedarf an weiteren Therapieplätzen. „Corona hat die Probleme auf die Spitze getrieben.“ Kinder und Jugendliche, die zu ihr und den Wittener Kollegen und Kolleginnen kommen, hätten Depressionen und Essstörungen. Ihr soziales Verhalten weise Störungen auf und sei oft von Gewalt geprägt. Mediensucht sei ein weiteres Problem.
Die Wartezeit betrage im Schnitt ein halbes Jahr, so Paucke. Akute Fälle – etwa wenn der Betroffene selbstmordgefährdet sei – würden möglichst sofort behandelt. „Und wir haben alle eine Notfallsprechstunde.“ Um junge Patienten bestmöglich versorgen zu können, halte sie eine Kooperation mit den Psychotherapiezentren für wichtig.
Uni Witten/Herdecke: Mit 35 Studierenden fing vor zehn Jahren alles an
Bewerbungen für Psychologie-Studiengänge
Das Zentrum für Psychische Gesundheit und Psychotherapie an der Alfred-Herrhausen-Straße 44 ist erreichbar unter 02302 926 633-0. Sprechzeiten: dienstags 14 bis 15.40 Uhr, mittwochs 12 bis 13.40 Uhr. Per Mail: zpp@uni-wh.de.
Bewerbungen für die Studiengänge „Psychologie mit Schwerpunkt Psychotherapie“ und „Psychologie mit Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie“ sind für das Sommersemester bis zum 15. Januar (Master) und für das kommende Wintersemester bis zum 28. Februar (Bachelor) möglich unter uni-wh.de/studium.
Mit diesen Ambulanzen wächst längst auch das Department für Psychologie und Psychotherapie an der UW/H. Angefangen haben sie 2012 mit 35 Studierenden im ersten Semester. Inzwischen ist es mit 551 Bachelor- und Masterstudierenden und fast ebenso vielen Alumni, also ehemaligen Absolventen, die zweitgrößte Fakultät. Und weiter auf Wachstum.
Interessierte können sich nicht nur ein-, sondern zweimal im Jahr im Sommer- und Wintersemester für dieses Studium einschreiben. Insgesamt starten also 180 neue Studierende pro Jahr. „Außerdem schreiben wir gerade neue Professuren aus“, so Leiter Thomas Ostermann. „Wir sind schon stolz darauf, wie wir uns entwickelt haben“, sagt Ostermann. Gut für die Zukunft. Denn neu ausgebildete Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten werden angesichts aktueller Krisen mehr denn je gefragt sein.