Witten. Mehrweg statt Einweg – ab Januar müssen auch Bäcker ihren Kunden eine Alternative zum Wegwerfbecher anbieten. So setzen Wittener Betriebe das um.

Die Deutschen nutzen jährlich 2,8 Milliarden Einwegbecher für Heißgetränke, also etwa 34 Becher pro Kopf. Die meisten dieser Behälter und Deckel landen im Müll – oder in der Natur. Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung dieser Verschwendung entgegentreten. Ab 1. Januar müssen Gastro-Betriebe nun verpflichtend eine wiederverwertbare Alternative zu den Wegwerfbechern anbieten. Die Vorbereitungen dazu laufen in Wittener Betrieben bislang ganz unterschiedlich.

Das Backhaus mit seinen fünf über die Stadt verteilten Filialen ist schon jetzt startklar für die sogenannte „Mehrwegangebotspflicht“. Schon seit dem 13. August hat die Wittener Bäckerei Becher im Angebot, die vom Kunden nach der Nutzung wieder in einer der Filialen zurückgegeben werden können – oder auch andernorts.

Wittener Backhaus macht bei „Recup“ mit

Backhaus-Inhaber Julian Graßhoff hat sich dem sogenannten „Recup“-System angeschlossen. Das junge Unternehmen mit Sitz in München ist nach eigenen Angaben Marktführer bei Mehrwegsystemen für die Gastronomie. 14.700 Aus- und damit auch Rückgabestellen gibt es bereits deutschlandweit. In Witten bieten neben den Backhaus-Filialen zum Beispiel auch sechs Tankstellen, das Kijami-Café und das Café im Neubau der Uni die wiederverwendbaren Kaffeebecher an. Bei Backhaus und an der Uni können auch Speisen in „Rebowls“, den Schüsseln der gleichen Marke, mitgenommen werden.

„Ich glaube, dass das System gut angenommen und sich auch flächenmäßig durchsetzen wird“, sagt Graßhoff. Denn mittlerweile gebe es unendlich viele Anbieter von Pfandsystemen. Recup ist aber bereits recht weit verbreitet. Für einen Euro Pfand bekommt man seinen Kaffee oder Tee dann in einem zu 100 Prozent recycelbaren Mehrwegbecher, der nach Herstellerangaben bis zu 1000 Wegwerfbecher ersetzen kann.

Bäckerei Weidler setzt auf Becher aus Bio-Kunststoff

Auch die Bäckerei Büsch mit ihren drei Filialen in der Ruhrstadt setzt bereits seit Ende 2021 auf „Recup“. „Wir sind Mehrweg-Fans“, sagt Pressesprecherin Sigrid Baum. So können Kunden bei Büsch etwa auch ihre Brote und Brötchen in selbst mitgebrachten Taschen oder Dosen einpacken lassen. Das Unternehmen begrüßt die neue Regelung ausdrücklich. Leider werde das Angebot bislang viel zu wenig angenommen. „Wir würden uns freuen, wenn mehr Menschen mitmachen“, sagt Baum.

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Die Bäckerei Weidler hat sich für ihre vier Filialen anders entschieden. Über die Bäcker- und Konditorengenossenschaft (Bäko) bezieht sie Becher des Unternehmens Cuna. Die erst 2018 gegründete Firma mit Sitz in Dortmund konnte den Bäckerei-Großhandel für eine Kooperation gewinnen. Der Cuna-Becher besteht aus biobasiertem Kunststoff, genauer gesagt aus Zuckerabfällen und damit zu 90 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Hergestellt wird er in NRW.

Die Bäko legt ihren angeschlossenen Betrieben die Nutzung der Cuna-Becher ans Herz. Wie viele Bäckereien sich für diese Becher entschieden hätten, könne man derzeit aber nicht sagen, so Christoph Goretzka, Geschäftsführer des Regionalverbundes Bäko West. „Manche befinden sich noch in der Findungsphase.“

Konkurrierende Systeme

Christine Weidler hofft, dass sich noch weitere Kollegen für Cuna entscheiden. Das würde die Rückgabe für Kundinnen und Kunden deutlich einfacher machen. Gleichzeitig offenbart das auch die Schwäche der neuen Regelung: Mehrere Systeme bestehen parallel und konkurrieren miteinander. Die großen Ketten LeCrobag und Kamps haben sich unlängst für Recup entschieden. „Aber bei uns bringt sowieso rund die Hälfte der Kunden schon ihre eigenen Becher mit“, sagt Weidler. Die Pfandbecher seien nun ein zusätzliches Angebot.

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„Am besten wäre es, wenn jeder seinen eigenen Becher mitbringen würde“, sagt auch Julian Graßhoff vom Backhaus. „Denn so muss ja erst etwas zusätzlich produziert werden.“ Auch in seinen Filialen konnten Kunden schon früher eigene Behälter mitbringen und sich ihren Kaffee darin einfüllen lassen.

Auch sonst setzt der 33-Jährige auf Nachhaltigkeit. Seit 2019 verkauft die Bäckerei übrig gebliebene Produkte günstig über die App „To good to go“. Auch sonst schmeiße man nichts weg, sagt Graßhoff. So werden alte Brötchen etwa zu Paniermehl oder kommen in die Frikadellen. Was nicht mehr verzehrfähig ist, geht an Landwirte für die Mast oder in die Biogas-Anlage der AHE.

Das kosten die Leih-Becher

Wer einen Recup-Becher ausleiht, muss dafür 1 Euro Pfand hinterlegen. Wird der Becher später deutschlandweit bei einem der 14.700 teilnehmenden Gastro-Betriebe zurückgeben, erhält der Kunde sein Pfand zurück. Eine Karte mit allen Lokalen, die Recup anbieten, findet man auf der Startseite des Unternehmens: recup.de

Wer zum Becher einen Deckel nutzen will, hat bei Recup aktuell zwei Möglichkeiten: lange gab es nur einen Deckel zum Kaufen (2,50 Euro). Nun produziert das Unternehmen auch Leih-Deckel, die ebenfalls für 1 Euro Pfand geliehen werden können. Nach und nach soll die Pfand-Variante die Kaufdeckel ersetzen.

Das Cuna-System läuft ganz ähnlich. Hier muss man allerdings 2 statt 1 Euro als Pfand hinterlegen. Dafür ist der Deckel hier schon dabei. Abgeben kann man die Becher ebenfalls bei allen teilnehmenden Gastronomien. Das Dortmunder Unternehmen tauscht abgenutzte Behälter gegen neue aus und recycelt diese selbst. Aus alten Bechern werden also wieder neue.