Witten. Der Aufstand der Frauen im Iran war nun erstmals auch Thema einer öffentlichen Diskussion in Witten. Iranische Frauen berichteten Erschütterndes.
Für Künstlerin Beate Albrecht, Leiterin des „theaterspiel“, war es höchste Zeit, an die Öffentlichkeit zu gehen und über die Situation der Frauen im Iran zu sprechen. Bei einem ersten Treffen diskutierten rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Situation, darunter aus dem Iran geflüchtete Frauen und Männer. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria war der Einladung gefolgt.
Wittener Theatermacherin: Deutschland muss mehr tun
In den Produktionen und Workshops von „theaterspiel“, einem mobilen Theater mit eigenem Ladenlokal an der Annenstraße 3, wirken auch immer wieder gebürtige Iranerinnen und Iraner mit. Sie erzählen dabei auch von der Situation in ihrem Heimatland, von Gefängnisaufenthalten und ihrer zum Teil abenteuerlichen Flucht. Als „Bio-Deutsche“ sei sie erst über diese persönlichen Erfahrungen richtig in das Thema eingestiegen, sagte Schauspielerin und Theaterleiterin Beate Albrecht.
Was die Frauen erlebt hätten, sei ihr sehr nahe gegangen. Das Thema Iran tauche zwar neben Corona und Ukraine immer wieder in den Medien auf. Ihrer Ansicht nach sei Deutschland aber gefordert, mehr zu tun, so Albrecht zum Auftakt des Treffens.
Eine ältere Deutsch-Iranerin, die ihren Namen nicht nennen wollte, sagt, dass es Feminismus und ein multikulturelles Leben seit über 100 Jahren auch im Iran mit seiner multi-ethnischen Bevölkerung gebe. Dort sei die heutige Welt aber geprägt von einem Kampf gegen Israel, gegen die USA und von der Unterdrückung der Frauen. Hinzu kämen Drohnenlieferungen ins Ausland, brennende Haftanstalten und Atomverhandlungen, die als Druckmittel verwendet werden.
Nicht die Täter, sondern die vergewaltigten Frauen werden bestraft
Kämen Vergewaltigungen zur Anzeige, würden nicht die Täter, sondern die Frauen bestraft. „Wer einmal im Kerker landet, der hat verloren“, so die Deutsch-Iranerin. Es gebe daher Fragen und auch Kritik an der Haltung Deutschlands gegenüber dem Iran. Berichtet wurde auch von einer Frau, die vor ihrer Flucht nach Deutschland von der Polizei entführt und anschließend von fünf Polizisten vergewaltigt worden sei. Kein Iraner habe danach mehr etwas mit ihr zu tun haben wollen. Eine andere Iranerin sagte, dass inhaftierte Frauen von Zeit zu Zeit Besuch von Freunden und Verwandten bekommen können – und sich wünschten, diese brächten nicht nur Essen oder Kleidung mit, sondern auch Anti-Babypillen, da sie oft mehrfach täglich von den Wärtern vergewaltigt werden.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria sieht im Iran eine aufkommende feministische Revolution aus der Bevölkerung heraus. Frauen legen in aller Öffentlichkeit ihr Kopftuch ab und schneiden sich ihre Haare ab. Dafür bekommen sie Rückhalt von vielen Gruppen, wie Studenten und Ärzte. Es gebe bereits Sanktionen seitens der EU. Das weitere Einfrieren von Vermögen der Eliten könne beispielsweise noch dazukommen, so Echeverria. Damit die Bewegung im Iran aber nicht in Verruf gerate, dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass sie vom Westen gesteuert sei.
SPD-Bundestagsabgeordneter Axel Echeverria erntet Widerspruch
Dafür erntete der Politiker aber heftigen Widerspruch einiger Iranerinnen. Ob die Bewegung vom Westen gesteuert sei oder nicht, wäre nicht wichtig. Die Mullahs würden es eh behaupten. Die iranische Jugend verstehe die internationalen Zusammenhänge gut. Internet und der Zugang zu Informationen müssten aber verbessert werden. Europa müsse jetzt handeln und Wege gegen die staatliche Repression finden.