Der Tod der 22-Jährigen rüttelt die Gesellschaft im theokratischen Iran auf. Jetzt wäre der Zeitpunkt für Baerbocks feministische Außenpolitik.
Mahsa Amini war 22 Jahre jung. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Weil ein paar Haarsträhnen unter dem Kopftuch hervorschauten und sie damit der restriktiven Kleiderordnung nicht entsprach, nahm die Sitten- und Religionspolizei sie in Gewahrsam.
Nun ist sie tot.
Dieser Tod rüttelt die iranische Gesellschaft auf, Tausende Demonstranten gehen auf die Straße, mutige Frauen schneiden sich als Ausdruck ihres Protestes ihre Haare ab, nehmen ihre Kopftücher ab und verbrennen sie. Dafür riskieren sie Haft, Geldstrafen, Folter.
Dass das Volk aufsteht, kann den Regierenden des theokratischen Systems nicht gefallen. So blieb dem erzkonservativen Präsidenten Ebrahim Raisi gar nichts anderes übrig, als anzuordnen, den Fall Amini gründlich zu durchleuchten, auch wenn die Hoffnung auf eine unabhängige Aufklärung nicht groß ist. Wahrscheinlich ist es nur Kosmetik, damit Raisi sich selbst weiter um die große Politik kümmern, China und Russland umgarnen kann.
Wunsch nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung im Iran
Doch die Menschen im Iran werden Antworten wollen. In einer Zeit, in der die Stimmung im Iran angesichts von Wirtschaftskrise, Sanktionspolitik und Wunsch nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung schlecht ist. Allein in Deutschland haben sich in diesem Jahr bereits knapp 3000 Menschen aus dem Iran um Asyl beworben, das ist die sechstgrößte Gruppe nach Syrien, Afghanistan, Irak, Türkei und Georgien.
Aber auch die internationale Gemeinschaft muss hinschauen. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen hat am Dienstag die brutale Umsetzung von Bekleidungsvorschriften für Frauen im Iran kritisiert und eine rasche und unabhängige Untersuchung des Todes von Mahsa Amini gefordert. Gut so.
Trotzdem: Noch fehlt der große Aufschrei. Wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für die angekündigten feministische Außenpolitik, Frau Baerbock?