Witten. Schon ein halbes Prozent höhere Zinsen kann für Städte wie Witten enorme Belastungen bedeuten. Das Aktionsbündnis und der Kämmerer warnen.

Der Anstieg der Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte durch die Europäische Zentralbank wirkt sich auch auf arme Städte wie Witten aus. Die für das laufende Geschäft wichtigen Liquiditätskredite werden teurer und Investitionen damit immer schwieriger.

Aktionsbündnis mit Städten wie Witten warnt: Zinsen für Kredite mit kurzen Laufzeiten schon gestiegen

Finanzschwachen Kommunen in Deutschland drohten neue Lasten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro, warnt das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, dem Witten zusammen mit 64 weiteren Gemeinden angehört. In den vergangenen Wochen seien bereits steigende Zinssätze bei Krediten mit kurzen Laufzeiten zu verzeichnen gewesen, heißt es. Und weiter: „Wie der Zinsaufwand nun weiter wächst, hängt davon ab, wie die Laufzeiten der bestehenden Kredite sind, zu welchen Zinssätzen sie aufgenommen werden und welche lang aufgeschobenen Investitionen nicht weiter warten können.“

Wie sich steigende Zinsen auswirken, hat das Bündnis in drei Szenarien simuliert. Szenario 1: Würde der durchschnittliche Zinssatz jährlich nur um 0,1 Prozentpunkte klettern, wäre das im Jahr 2026 ein Plus von 1,8 Prozentpunkten – eine Zusatzbelastung von fast 450 Millionen Euro für die Mitgliedsstädte.

Initiative armer Städte rechnet drei Szenarien durch

Szenario 2: Eine Anhebung um jährlich 0,2 Prozentpunkte würde bis 2026 den durchschnittlichen Zinssatz um 2,5 Prozentpunkte steigern. Das wären für die genannten Städte, Gemeinden und Kreise fast 900 Millionen Euro. Dem dritten Szenario liegen ein Anstieg der Zinsen um 0,1 Prozentpunkte pro Jahr (wie in Szenario 1) und ein Plus bei den Investitionskrediten von zwei Prozent zugrunde. Dann ergäbe sich eine Summe von rund 580 Millionen Euro zusätzlicher Lasten für die Kommunen.

Alarmiert ist auch Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt, der sich trotz einer Schuldenlast von 350 Millionen Euro bisher zumindest noch über billige Kredite freuen konnte. Er wird mit den Worten zitiert: „Wenn uns keiner hilft, kommen wir von den Schulden nicht runter, selbst wenn wir jedes Jahr 5 Mio. Euro Plus machen und die Zinsen nicht höher als 1 Prozent sind. Aber halten wir das für realistisch?“

Wittener Kämmerer warnt vor einer Verdoppelung der Schulden

Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt warnt vor einem Anstieg der Schulden in Witten auf das Doppelte.
Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt warnt vor einem Anstieg der Schulden in Witten auf das Doppelte. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Bei einer Zinslast von vier Prozent wie 2008 und einem Überschuss von jährlich 5 Mio. Euro „steigen die Schulden um mehr als das Doppelte“, warnt Kleinschmidt. Dies sei besonders bitter, da die Kommunen in den Krisen der vergangenen Jahre immer die „Möglichmacher“ gewesen und in Vorleistung gegangen seien, „ohne zu wissen, wann und in welcher Höhe Bund und Länder diese Ausgaben wieder ausgleichen“.

Außerdem hätten die finanzschwachen Städte und Kreise in den vergangenen Jahren mit großen Anstrengungen einen Teil ihrer Schulden abgebaut. Diese mühsam errungenen Erfolge drohten nun zunichtegemacht zu werden. Deshalb appelliert das Aktionsbündnis einmal mehr an Bund und Länder, für eine gerechte Finanzverteilung zu sorgen.

Es verlangt endlich eine Lösung der Altschuldenfrage gerade in NRW, eine gerechte Finanzausstattung der Kommunen bei Aufgaben, die Bund und Länder ihnen zuweisen, vereinfachte und pauschalisierte Förderprogramme sowie die Verhinderung „kommunaler Steueroasen“.