Witten. Die Kostensteigerung bei der Wittener Rathaussanierung hat erneut die Politik beschäftigt. Sind um die zehn Millionen Euro plus gerechtfertigt?

Nach den Fachausschüssen kamen die Mehrkosten bei der Rathaussanierung nun auch im Rat auf den Tisch. Angesichts der Kritik aus den Reihen von Stadtklima, AfD und WBG stieg sogar Stadtbaurat Rommelfanger noch mal in die Bütt.

Wittener Stadtbaurat: Mehrkosten bleiben unter zehn Millionen Euro

Das großzügige Rathausfoyer mit Wartezonen für die Bürgerberatung gilt nach der Sanierung des Südflügels als neues Schmuckstück.
Das großzügige Rathausfoyer mit Wartezonen für die Bürgerberatung gilt nach der Sanierung des Südflügels als neues Schmuckstück. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Um mit Letzerem anzufangen. Dem Technischen Beigeordneten war der Hinweis wichtig, die Mehrkosten lägen „unter zehn Millionen Euro“. Hauptkritiker Michael Hasenkamp („Stadtklima“) hatte noch von zwölf gesprochen, man könnte sogar von 14 reden. Zumindest wurde laut WAZ-Berichten von 2015 ursprünglich mal eine Summe von 25 Millionen Euro veranschlagt. Nun, der Stadtbaurat setzt bei 29,6 Millionen an, die der Rat 2017 genehmigt habe. Inzwischen will man bei 39,4 Millionen landen, Risikorückstellung inklusive.

„Unanständig“ nannte Michael Hasenkamp den von der Verwaltung mit 33 Prozent bezifferten Kostenanstieg. Man solle doch nicht überrascht sein, sagte Matthias Renkel von der AfD. „Wir wissen doch in dieser Stadt, dass es immer teurer wird.“ Er hatte aber auch ein Lob auf Lager. „Ein modernes Rathaus steht uns gut zu Gesicht.“ Und ja, er habe sogar ein gewisses Verständnis dafür, „dass es mal teurer wird“.

Siegmut Brömmelsiek von der Wittener Bürger Gemeinschaft (WBG) glaubt, dass Mehrkosten in dieser Höhe durch „PPP“ vermeidbar gewesen wären. Gemeint war das „Public Private Partnership“. Dabei hätte die Stadt das gesamte Projekt wie beim Schiller-Gymnasium Privaten überlassen.

Wittener Ratsherr der SPD: „Bei PPP wäre uns das Fell über die Ohren gezogen worden“

Großprojekt Rathaussanierung

Die Sanierung des Rathaus-Südflügels ist so gut wie abgeschlossen. Die Bauzeit hatte sich von 46 auf 65 Monate verlängert, laut Stadt unter anderem weil Förderbescheide noch fehlten. „Kostenintensive zusätzliche Maßnahmen“ wurden wegen der starken Mängel bei Statik und Brandschutz erforderlich. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 17,5 Millionen Euro. Jugendamt, Sozial- und Wohnungsamt, Ordnungsamt, Standesamt und Bürgerberatung sind eingezogen.

Nun ist der weniger publikumsstarke Nordflügel an der Reihe. Bis Ende Februar sollen Schadstoffsanierung und nötige Abbrüche im Inneren erledigt sein. Die Fassade wurde für die Sanierung eingerüstet. Bis Herbst 2023 will man fertig sein.

Ganz anders sah das Holger Jüngst (SPD), der eine Bresche für die Bauverwaltung schlug. „Bei PPP wäre uns das Fell über die Ohren gezogen worden“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher seiner Fraktion. Er bescheinigte der Behörde, eine „gute Leistung, dass Rathaus so gebaut zu haben“. In Richtung WBG sagte er: „Bei einem Gebäude dieser Größe und Bauen im Bestand kriegt es keine Firma der Welt hin, alles wunderbar zu kalkulieren.“

Blaue Würfel als Beratungszonen: Das denkmalgeschützte Rathaus ist moderner geworden.
Blaue Würfel als Beratungszonen: Das denkmalgeschützte Rathaus ist moderner geworden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Neben gestiegenen Baupreisen seien Nutzungsänderungen und -anpassungen erfolgt und auch mehr Leistungen abverlangt worden, so Jüngst. Über Kostendisziplin könne man mit ihm immer reden. Doch ein Vorhaben, dass sich über einen solchen langen Zeitraum erstrecke, berge immer gewisse Risiken und eine bestimmte Dynamik. Er wünsche sich weiterhin „ambitionierte Projekte“ und dafür auch „ein bisschen Mut“.

Aufs Ganze betrachtet haben die „exorbitant gestiegenen Preise“ am Bau nach Darstellung von Dezernent Rommelfanger einen Anteil von „60 bis 70 Prozent“ an der Kostensteigerung. Zudem erinnerte er daran, dass man eine „Nutzungsverdichtung“ vorgenommen habe, den Ratssaal ertüchtige und immer mal wieder auch Unvorhergesehenes entdecke – ein Denkmal eben.

Wittener CDU-Fraktionschef: Über Verzögerungen oder neue Kosten nicht erst 2023 informieren

Im Übrigen ist die Politik seiner Ansicht nach stets auf dem Laufenden gewesen. Rommelfanger: „Es herrschte zu jeder Zeit Kostentransparenz.“ Es gebe keine Baumaßnahme in Witten, in die sich der Rat so intensiv eingebracht habe. Er schloss mit einem Kompliment: „Der Rat hat seine Kontrollfunktion sehr gut ausgeführt.“

CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki erinnerte daran, dass bisher schon 20 Millionen Fördermittel geflossen sind. Er appellierte an den Stadtbaurat, den Rat nicht erst 2023 zu informierten, sollte es „irgendwelche Zeitverzögerungen“ und womöglich neue Kosten geben. Die Stadt will im Herbst 2023 fertig werden, nach dann sechs bis acht Jahren Sanierung.