Witten. Kaffee geht immer – das hat Dominik Münstermann in der Pandemie erfahren. Mit seiner Rösterei Kijamii läuft es bestens. Er hat noch viel vor.
Das Schild an der Toreinfahrt in Rüdinghausen ist noch ziemlich klein. Doch Dominik Münstermann hat mit seinem Label Kijamii Großes vor. Mit der Rösterei ist der Medizin-Student gerade innerhalb der Stadt umgezogen, lagert seinen Rohkaffee aus Tansania statt in Hamburg nun auch in Witten. Er vertreibt seine Ware in Supermärkten. Und das ist längst nicht alles. Der 28-Jährige erzählt vom Erfolg, dem auch Corona kaum etwas anhaben konnte.
Seit Oktober 2017 vertreibt er die fair gehandelten Bohnen, die Gäste in flüssiger Form in seinem Café an der Oberstraße genießen können. Dort stand bis vor zwei Monaten auch die Röstmaschine. Doch die macht nicht nur ziemlich viel Lärm. Münstermann wollte außerdem mit seinem Lager von der Hamburger Speicherstadt in die Nähe ziehen. „So habe ich direkten Zugriff auf den Kaffee und der logistische Aufwand ist geringer.“
Halle in Witten-Rüdinghausen gemietet
Es sei extrem schwierig gewesen, in Witten die passenden Gewerberäume zu finden. Münstermann schaute sich auch in Bochum und Dortmund um – und blieb dann doch der Ruhrstadt treu. Knapp 160 m² groß ist die Halle an der Friedrich-Ebert-Straße, gleich neben dem Traditionsunternehmen Scharfen. In riesigen Regalen stapeln sich die Säcke, 20 Tonnen rohe Bohnen insgesamt. Masha Manerkina (31), die mit ihrer Familie aus Nowosibirsk nach Deutschland kam und sich mit Kaffee auskennt, wirft hier regelmäßig die Maschine an, in der sie die Bohnen röstet. Dann duftet es überall.
In der neuen Halle verpacken sie den Kaffee auch – in wiederverwendbaren Tüten. Fünf Sorten gibt es, vermutlich bald mehr. Samstags findet ein Werksverkauf statt. Einen Teil der Bohnen liefert Kijamii übrigens deutschlandweit an andere Röster. Seine eigenen Tüten mit Espresso oder Filterkaffee stehen inzwischen in über zehn Supermärkten, darunter Rewe Kesper in Rüdinghausen, Edeka Schwalemeyer in Bommern sowie Boni, aber auch in Läden von Lüdenscheid bis Castrop.
Mit Rad und Rucksack in Witten Kaffee ausgeliefert
Die Auftragslage sei trotz Corona gut gewesen, sagt Münstermann. Sein Glück: Kaffee gilt als Genussmittel. Deshalb musste er im Lockdown sein Café zwar schließen, doch der Verkauf konnte weitergehen. Einen guten Kaffee wüssten viele Menschen in dieser Zeit umso mehr zu schätzen. Und so schwang sich einer aus dem Team zweimal die Woche mit einem riesigen Rucksack aufs Rad und lieferte die Päckchen aus. Zwei Monate Kurzarbeit – länger sei das nicht nötig gewesen.
Münstermann ging neue Kooperationen ein. Seinen Kaffee gibt’s jetzt auch im Knut’s und in der Kaffeebar des Uni-Neubaus aus Holz. Ende November eröffnet der junge Geschäftsmann als Mitbetreiber eine Coffee-Bar im Schlegel-Haus mitten in der Bochumer City. Auch das Café in Witten werde ausgebaut, sagt er. Es soll dort deutlich mehr Kuchen und Pralinen geben. Auch die Pralinen will Münstermann dann selbst herstellen.
Wittener plant Import von Kakao und Gewürzen
Außerdem tourt ein Kijamii-Kaffee-Bulli über Wochen- und demnächst über Weihnachtsmärkte. Er kommt auf Wunsch zu Firmenevents oder Hochzeiten. Schulungen und Verkostungen seien langfristig geplant. Nicht zuletzt will Münstermann sein Importgeschäft erweitern. Wein bietet er bereits an, auch Kakao soll es bald geben. Im Januar sei er wieder in Afrika. Dann wolle er sich mal nach Gewürzen umschauen. „Wir gucken immer links und rechts, welche Chancen es gibt, was effizient sein könnte.“
Tag der offenen Tür
Die Kaffeerösterei Kijamii öffnet am Samstag (30.10.) von 10 bis 16 Uhr ihre Pforten für Besucher. Die Adresse: Friedrich-Ebert-Straße 86 (hinten im Hof). Dort kann man Kaffee trinken, aber auch Bier der Dortmunder Bergmann-Brauerei. Ein Food-Truck bietet vegetarische und vegane Burger an.25 Prozent des Umsatzes an diesem Tag möchte Kijamii spenden: an die Ruhrtalengel und an den Verein Africa Amini Alamo, der viele Projekte für Kinder unterstützt. Nicht umsonst heißt das afrikanische Wort „Kijamii“ auf Deutsch „sozial“.
Nicht nur der Genuss stehe dabei im Mittelpunkt. Münstermann bemüht sich um Nachhaltigkeit und Transparenz. Er reist regelmäßig ins ostafrikanische Tansania, das er einst bei seiner Arbeit auf einer Krankenstation kennenlernte. Dort verhandelt er mit den Farmern, die sich auf seine stabile Abnahmemenge verlassen können. Die Hoffnungslosigkeit dort, angesichts von Corona, hat ihn dennoch erschreckt. „Es gibt keinen Tourismus mehr. Alles ist weggebrochen.“
Vom Kaffee allein will Dominik Münstermann auf Dauer nicht leben. Er studiert im zehnten Semester Medizin an der Uni Witten/Herdecke und verspüre immer mehr den Wunsch, als Arzt zu arbeiten. Kijamii wird dann nebenher laufen. Sein Team wuppt das, weiß der Chef.