Witten. „Null Toleranz“ kündigt Lars König gegenüber Maskenverweigerern in Witten an. Warum der Bürgermeister so angefressen und zutiefst besorgt ist.
Bürgermeister Lars König ist ganz schön angefressen. Je schöner das Wetter, um so mehr Maskenverweigerern begegnet er draußen vor dem Rathaus, am Kornmarkt, in der Fußgängerzone, auf der Ruhrstraße. Mit freundlichen Ermahnungen sei es nicht mehr getan, kündigt König eine „Null-Toleranz“-Strategie des Ordnungsamtes an. Denn gleichzeitig schießen die Infektionszahlen und damit die Inzidenzwerte weiter in die Höhe, in Witten zuletzt auf 253. Schulen stehen wieder vor Schließungen, viele Geschäfte sind seit Montag erneut zu.
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Mit ihrem Verhalten trügen nicht wenige Zeitgenossen dazu bei, so König, dass Witten nicht nur im Lockdown verharrt, sondern die Situation sich weiter zuspitzt, ob in den Schulen, Kitas oder Kliniken. Auf seiner Seite weiß er etwa Mediziner und Lehrer, die den Appell des Bürgermeisters ausdrücklich unterstützen, sich an Corona-Regeln wie die Maskenpflicht auch in bestimmten City-Zonen zu halten.
Ärztlicher Direktor aus Witten warnt: Intensivstationen werden immer voller
Denn inzwischen laufen die Intensivstationen mit schweren Fällen immer voller. Im Marien-Hospital ist die Intensivstation mittlerweile zu 60 bis 70 Prozent mit Covid-19-Patienten belegt. Krankenhäuser aus ganz NRW, darunter Köln und Hagen, fragen nach, ob Witten Patienten übernehmen könne, weil die eigenen Kapazitäten erschöpft sind.
Immer mehr jüngere Menschen seien betroffen, sagt der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Metin Senkal. „Wir können nur appellieren, sich an die Regeln zu halten“, sagt der Chirurg. „Wir“, damit meint er das medizinische Personal, „halten uns auch als Geimpfte an die Regeln, aus Solidarität zu den Schulen, Kitas und dem Handel und weil wir nicht wissen, ob Geimpfte das Virus weitergeben oder nicht.“ Senkal unterstützt den Weckruf des Bürgermeisters daher „voll und ganz“. „Wir haben es in der Hand, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen.“
Bei dem schönen Wetter lassen besonders viele in Witten die Maske weg
Stichproben der WAZ-Redaktion in der Innenstadt bestätigen die Beobachtungen des Bürgermeisters, dass eine ganze Reihe von Bürgern die Maskenpflicht verletzt, obwohl die entsprechenden Zonen ausgeschildert sind. Beispiel Berliner Platz, am Montagmittag.
Auf der „Schnecke“ am Berliner Platz schleckt eine Frau ein Eis, ein Mädchen telefoniert ohne Maske, auf den Bänken sitzen Männer ohne Mund-Nasen-Schutz oder tragen ihn auf halb acht. Man könnte diese Aufzählung bis ins Unendliche fortsetzen. Ältere, Männer, jüngere, Schülerinnen, Frauen mittleren Alters, ein Gastronom – sie haben die Maske zwar dabei, sie aber nicht aufgesetzt. Manche tragen sie am Handgelenk oder in der Hand.
„So kriegen wir es nicht hin“, sagt Lars König. Erst am Montagmorgen hatte er eine Besprechung im Ordnungsamt, das seine Erfahrungen nur bestätigen konnte. „Mir geht die Geduld aus“, sagt der 50-Jährige. Das „individuelle Fehlverhalten“ treibe die Infektionszahlen in die Höhe. „Mir tut es in der Seele weh“, so der Bürgermeister, wenn er an die Schulen denke, die leidenden Wirte und Einzelhändler, die Kitas… Selbst von Spielplätzen erreichten ihn „ganz viele Elternbeschwerden“, weil gegen die Maskenpflicht verstoßen werde. Auch in „einigen Migrantengruppen“ macht er einen laschen Umgang mit der Maske aus.
Auch Schulleiter in Witten unterstützen Appell des Bürgermeisters
Mit Schulleiter Dirk Gellesch („Ruhr“), Sprecher der Gymnasien, und Susanne Daum (Bruchschule) als Vertreterin der Grundschulrektoren weiß König weitere Persönlichkeiten hinter sich. „Ich kann das nur total unterstützen“, sagt Daum. Eine Zeit lang habe sie ja ein gewisses Verständnis gehabt, wenn es der ein oder andere mit den Regeln etwas lockerer hielt. „Aber mittlerweile macht mich das stocksauer“, sagt die 47-Jährige, „gerade wenn ich sehe, wie rasant die britische Virusvariante durch die Schulen fegt“.