Witten. Der Lockdown wird verlängert. Für viele Einzelhändler in Witten geht es nun um die Existenz. Das sagen sie zum andauernden Shutdown.

So viel Verständnis die Einzelhändler in Witten angesichts der nur langsam sinkenden Infektionszahlen auch für einen verlängerten Lockdown haben - so langsam geht es an die Substanz. "Ein Drittel von uns muss komplett schließen", schätzt Axel Stinshoff vom gleichnamigen Schuhgeschäft in Annen. Auch er fürchtet um seine Existenz. Und ist sauer, weil die versprochene Hilfe vom Staat nicht fließt.

Geschäfte wie seines müssten im Lockdown schließen, obwohl sie gar nicht maßgeblich ein hohes Ansteckungsrisiko tragen, so Stinshoff. Auch die Schließung der Gastronomie habe er aus diesem Grund nicht verstanden. "Die meisten haben doch wie verlangt in wirksame Maßnahmen investiert." Vieles werde willkürlich entschieden, so empfindet es Stinshoff. "Als Bürger wird man da nicht in die Entscheidungen einbezogen."

Schuhhändler aus Witten: Bis Ende Januar halte ich hoffentlich durch

So will ihm auch nicht in den Kopf, warum Kaufland oder Real öffnen dürfen, er oder andere Einzelhändler aber nicht. "Die verkaufen doch auch Schuhe und Kleidung." Bis Ende Januar, hofft Stinshoff, werde er durchhalten. "Das schaffe ich." Obwohl das Kurzarbeitergeld für November und Dezember noch nicht auf dem Konto sei. "Im Frühjahrs-Lockdown hat das gut funktioniert. Aber im Moment fließt vom Staat gar nichts. Da muss ich in Vorleistung gehen. Die Kosten laufen ja weiter."

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Natürlich könne man bei ihm auch bestellen. Nur - bei Schuhen sei das so eine Sache. "Ein paar gute Stammkunden fragen ab und zu an." Nett, aber letztlich ein Tropfen auf dem heißen Stein sei das. "Alle anderen wechseln zu den großen Online-Plattformen", befürchtet Stinshoff.

Auch Feti Guevenc von Intersport in der Stadtgalerie empfindet die Situation längst als schwieriger als im ersten Lockdown. Er sei nicht mehr so optimistisch, die Angst um die Existenz nehme zu. "Ich habe keinen großen finanziellen Puffer mehr", sagt Guevenc. Den Januar hatte er ohnehin schon abgehakt. Dauert der Lockdown dann noch länger, werde es eng für ihn. Denn die neue Saisonware für Februar/März sei bestellt und könne nicht mehr storniert werden.

"Witten liefert"-Service wird von Gassmann-Kunden kaum genutzt

Sie könne sich nur stets wiederholen, sagt Christine Gassmann-Berger vom Traditionskaufhaus an der Bahnhofstraße: "Für uns ist es bitter. Uns ist das Weihnachtsgeschäft entgangen und jetzt fehlt auch noch der ganze Januar." Auch sie sieht sich im Wettbewerbsnachteil zu den großen Lebensmittelvollsortimentern. "Viel von dem, was die anbieten, führen wir auch. Wir haben nur kein Klopapier."

Der Lieferservice, den sie über das Portal "Witten liefert" anbiete, werde wenig genutzt. Einige holen ihre bestellte Ware zwar direkt ab, aber "das ist kein Vergleich zu unserem Umsatz, wenn das Geschäft offen ist". Christine Gassmann-Berger: "Ich kann noch nicht absehen, ob wir durchhalten. Viele Kosten laufen weiter. Gelder, die der Bund angekündigt hat, kommen aber nicht an."

Füllbar und Kaffeerösterei in Witten kommen vergleichsweise gut durch die Krise

Dass die staatliche Hilfe offenbar nicht so gut funktioniere, kritisiert auch Lucas Bauer von der Füllbar. Würde das besser klappen, sei für viele Einzelhändler auch eine längere Schließung nicht so problematisch. Der Unverpacktladen darf als Grundversorger weiterhin öffnen. Doch trotz vieler treuer Stammkunden leide der Umsatz. Die Umkleiden für die Anprobe der nachhaltig produzierten Kleidung sind geschlossen. "Wir wollen nicht, dass die Kunden sich lange im Laden aufhalten."

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Glück im Unglück hat Dominik Münstermann, Inhaber der Rösterei Kijamii Kaffee. Sein Produkt zählt als Grundnahrungsmittel. Allerdings würde nur das To-go-Geschäft im Lädchen an der Oberstraße nicht ausreichen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Doch den Kaffee gibt es mittlerweile in sieben Edeka-Märkten im Ruhrgebiet zu kaufen, darunter Schwalemeyer in Bommern und Grütter in Herbede. Fünf Standorte hat Münstermann allein im vergangenen Dezember für sich gewinnen können.

"Es ist wichtig, überhaupt etwas zu machen und sich nicht zurückzuziehen", sagt der Kaffee-Experte. Aber er weiß auch, das kann nicht allen gelingen.

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