Witten. Wie verändert Corona die City und den Einzelhandel in Witten? An Online-Shops werde auf Dauer kein Weg vorbeiführen, sagen Experten vor Ort.

Nicht nur in der Gastronomie, auch im Handel ringen landesweit viele Betriebe wegen der Corona-Krise um ihre Existenz. Damit sie wieder Fuß fassen, sind nicht nur finanzielle Hilfen, sondern auch neue Konzepte gefragt. Die Pandemie – sie wird auch die Wittener Innenstadt und den Einzelhandel langfristig verändern, sagen die Experten vor Ort.

Blick in die Ruhrstraße: Hier hat Witten viele kleinere Geschäfte zu bieten.
Blick in die Ruhrstraße: Hier hat Witten viele kleinere Geschäfte zu bieten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Schon zu Beginn der Krise habe es eine „satte Veränderung“ gegeben, erinnert sich Kerstin Loyal, die jetzt Ansprechpartnerin für die Händler in der City ist. Innerhalb von zehn Tagen haben sie „Witten liefert“ auf die Beine gestellt. Kunden können telefonisch oder online Bestellungen aufgeben. Die Ware soll dann direkt geliefert werden.

Wirtschaftsförderung: „Witten liefert“ wird kaum noch genutzt

„Das Ostergeschäft lief damit super. Auch vor dem Muttertag ist das noch einmal aufgeflammt“, so Loyal. Doch seit der Öffnung der Läden im April werde der Service kaum noch genutzt. Trotzdem glaubt die Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung: „Alles deutet darauf hin, dass es neue Impulse in Richtung Digitalisierung geben muss.“ Ähnlich sieht das auch Angelika Bilow-Hafer.

Die Chefin der Genuss-Galerie am Berliner Platz und stellvertretende Vorsitzende der Standortgemeinschaft Witten-Mitte verweist auf das Förderprogramm für die Digitalisierung im Einzelhandel, für das sich Unternehmer noch bis zum 30. August bewerben können. Bilow-Hafer: „Ohne finanzielle Unterstützung können sich viele einen Online-Shop gar nicht erlauben.“ Diesen einzurichten, sei nicht nur teuer, sondern auch „eine Riesen-Arbeit“.

Weihnachtsgeschäft in Corona-Zeiten bereitet Standortgemeinschaft Sorgen

Die Geschenke-Expertin weiß, wovon sie spricht. Denn ist selbst gerade damit beschäftigt, einen Online-Shop für ihren Laden aufzubauen. „Ich möchte unbedingt in diesem Jahr damit starten.“ Denn Sorge bereite ihr das Weihnachtsgeschäft, von dem der Handel in der Stadt sonst sehr profitieren. Doch proppevolle Läden darf es in Zeiten von Corona nicht geben.

Ein Online-Shop – das sei zu aufwändig bei dem großen Sortiment, heißt es aus dem Hause Gassmann. Das Traditionskaufhaus bietet lediglich einen Prospekt online an, doch bestellen kann man daraus nichts. Auch „Witten liefert“ werde nicht mehr in Anspruch genommen, bestätigt ein Mitarbeiter. Jedoch sei man zufrieden. Die Situation habe sich auf einen Stand fast wie vor Corona eingependelt. Es kämen weniger Kunden, doch die würden qualitativ hochwertiger einkaufen. „Schnäppchenjäger sind nicht unterwegs.“

Füllbar in Witten: Umsatzrückgang trotz durchgehender Öffnung seit Beginn der Krise

Eine Schließung in der Krise droht also offenbar nur bei Galeria Karstadt Kaufhof. Die Füllbar wird demnächst sogar ihr Angebot erweitern – wenn auch nicht in Witten. Der Unverpackt-Laden eröffnet am 1. August wie kurz berichtet eine Zweigstelle im Dortmunder Kaiserstraßenviertel. „Wir haben das geschafft, obwohl uns ein großer Kredit weggebrochen ist“, sagt Geschäftsführer Lucas Bauer. Gerade versuchen sie, über „Crowdfunding“ die Summe zu sammeln, und hoffen, dass noch mehr Leute für das neue Projekt spenden.

Etwa zehn Leerstände

Insgesamt etwa zehn Ladenlokale stehen derzeit auf der Ruhr- und auf der Bahnhofstraße leer. Damit das nicht so bleibt, „müssen wir kreativer werden“, sagt Angelika Bilow-Hafer von der Standortgemeinschaft Witten-Mitte.

Vermieter könnten Start-ups zum Beispiel in Form von Pop-up-Geschäften, die ein leeres Ladenlokal für wenige Monate füllen, ermöglichen, ihr Konzept testen. Online-Shops allein könnten nicht die Zukunft sein. „Dann haben wir bald tote Innenstädte“, so Bilow-Hafer.

An der Füllbar ist die Krise dennoch nicht spurlos vorbeigegangen. Statt 20 Mitarbeiter gibt es nur noch 13. Der Umsatzrückgang sei massiv, obwohl der Laden wegen seiner Artikel für den täglichen Bedarf die ganze Zeit geöffnet hatte. „Es gibt die verständliche, aber irrationale Angst, dass unverpackte Lebensmittel unhygienisch sind“, so Bauer. Bis auf diese bietet die Füllbar alle Waren auch online an. Und anstelle der Bewusstseinsarbeit, die sonst in Form von Workshops im Laden stattfindet, gibt’s jetzt entsprechende Videos im Netz.