Witten. Seit vier Wochen ist in einer Wittener Kita nur noch ein eingeschränkter Betrieb möglich. Die Eltern sind sauer. Doch es liegt nicht an Corona.

Vielen Eltern stecken die anstrengenden Wochen der Kita- und Schulschließungen im Frühjahr noch immer in den Knochen. Überstunden sind abgebaut, Urlaubstage verbraucht. Umso härter trifft es nun Mütter und Väter, wenn Kitas wieder zum eingeschränkten Regelbetrieb zurückkehren. Das ist aktuell in mehreren Kindergärten in Witten der Fall, zum Beispiel in der städtischen Kita Helfkamp – und das schon seit vier Wochen, erzählen die betroffenen Eltern.

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Die Betreuungszeiten seien um jeweils zehn Stunden pro Woche reduziert worden . Die Eltern der Helfkamp-Kita stellt das vor Probleme. „Es ist sehr, sehr schwierig für mich momentan“, sagt Jennifer Reusse. Die junge Mutter arbeitet in der ambulanten Pflege. Weil sie Sohn Leon nun immer schon um 14 statt um 16 Uhr abholen muss, kann sie manche Dienste nicht mehr übernehmen. „Ich mache Minusstunden“, sagt die 26-Jährige. „Mein Arbeitgeber ist sehr verständnisvoll, aber irgendwann muss ich diese Stunden auch wieder erarbeiten.“

Wittener Eltern sind gestresst durch reduzierte Betreuungszeiten

Auch psychisch sei die Situation belastend. „Ich stehe ständig extrem unter Zeitdruck, um pünktlich an der Kita zu sein“, so Reusse. „Das ist schrecklich.“ Auch ihr Sohn leide darunter. „Ich habe ja nicht umsonst eine 45-Stunden-Betreuung gewählt – und bezahle ja auch weiterhin den vollen Preis.“

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Unter Druck fühlt sich auch Vater Christian Möhlheinrich. Der 42-jährige arbeitet derzeit im Homeoffice und betreut Tochter Lenja notgedrungen derzeit ab 14 Uhr zuhause. „Da muss ich sie dann auch mal vors Tablet setzen, so blöd das auch ist. “ Oder er spielt mit seiner Tochter und arbeitet in den Abendstunden weiter. Beides keine befriedigende Lösung. „Wir reden ja hier nicht über ein paar Tage, die bekommt man immer irgendwie organisiert“, ärgert sich der Vater.

Vater wünscht sich Alltagshelfer in der Kita

Mit der pädagogischen Arbeit der Erzieherinnen sei man sehr zufrieden, betont er. Aber an der momentanen Situation müsse sich schnell etwas ändern. Unverständlich ist für den 42-Jährigen, warum die Stadt in dieser Situation nicht auf die Möglichkeit zurückgreift, sogenannte Alltagshelfer einzustellen . „Wenn es nicht jetzt brennt, wann dann?“

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Dass die Kita die Kinder nicht mehr in vollem Umfang betreuen kann, liegt nicht an Corona – sondern an der allgemeinen Personalsituation. Zwei Mitarbeiterinnen seien langfristig erkrankt, eine weitere Stelle habe man seit August nicht besetzen können, so das Jugendamt.

Hinzu kämen immer wieder weitere Ausfälle durch längere Krankschreibungen wegen der Corona-Pandemie. Aus pädagogischer Sicht hält es das Jugendamt daher für besser, eine konstante Betreuung im geringeren Umfang zu gewährleisten, als täglich neu über einen Notgruppenbetrieb entscheiden zu müssen.

Stadt bedauert eingeschränkten Regelbetrieb

Der reduzierte Regelbetrieb sei auch aus Sicht des Jugendamtes sehr bedauerlich, schreibt Amtsleiterin Corinna Lenhardt in einer Mail an Möhlheinrich, nachdem dieser sich hilfesuchend an die Stadt gewandt hat. Die Stadt bemühe sich fortlaufend um die Einstellung von neuen Erzieherinnen und Erziehern, stoße aber angesichts einer ausgedünnten Bewerberlage an Grenzen .

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Corinna Lenhardt, Leiterin des Amtes für Jugendhilfe und Schule der Stadt Witten.
Corinna Lenhardt, Leiterin des Amtes für Jugendhilfe und Schule der Stadt Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

In den städtischen Kitas arbeiten Ergänzungskräfte, die die Erzieher entlasten sollen. Diese konnten im Zuge der Coronakrise ihre Stunden aufstocken, so dass Alltagshelfer nicht nötig seien, so Heiko Müller, beim Jugendamt zuständig für die Kindergärten. Insgesamt sind in den acht städtischen Kitas derzeit fünf Vollzeitstellen für ausgebildete Erzieher unbesetzt.

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Auch im Falle der Kita Helfkamp fehlen Fachkräfte, so Lenhardt. Der Gesetzgeber schreibe eine bestimmte Zahl an ausgebildeten Kräften vor. „Und genau diese Fachkräfte fehlen in vielen Kitas und dürfen durch Alltagshelfer auch nicht kompensiert werden“ , erläutert die Jugendamtschefin.

Man wolle sich bemühen, die Reduzierung des Regelbetriebes so schnell wie möglich aufzuheben, sei dabei aber an die gesetzlichen Vorgaben von ausreichenden Fachkraftstunden gebunden. Derzeit laufen Auswahlverfahren, teilt das Jugendamt mit. Ab Januar werde hoffentlich weiteres Personal zur Verfügung stehen.

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