Witten. Der Sommer ist vorbei und schöne Freibaderlebnisse in Witten bleiben nicht haften – die Becken waren ja dicht. Aber wirklich nur wegen Corona?

Zum Ende des Sommers melden sich Kritiker zu Wort, die den wahren Grund für die dauerhafte Schließung des Freibads in Witten kennen wollen. Dies sei nicht allein dem Ansteckungsrisiko geschuldet gewesen, wie immer behauptet wurde, sondern auch der Tatsache, dass die Abteilung für Bäder und Schifffahrt wegen Corona in Kurzarbeit war und sich die Geschäftsführung nicht mit dem mächtigen Betriebsrat anlegen wollte, wenn sie die Mitarbeiter wieder früher zur Arbeit geholt hätte. Die Stadtwerke bestreiten dies.

Während selbst kleinere Städte wie Sprockhövel oder Hattingen sich irgendwann dazu durchgerungen hatten, ihr Freibad nach dem Lockdown wieder zu öffnen, blieb es im größeren Witten bei der Dauerschließung. Obwohl Kritik aus der Bevölkerung kam, weigerten sich die Stadtwerke hartnäckig, dem Wunsch nach einer Öffnung nachzugeben.

Stadtwerke Witten: „Was wäre gewesen, wenn unter 500 Badegästen ein Infizierter gewesen wäre?“

Ausgerechnet im Hochsommermonat Juli, als das Freibad in Witten dicht war, kam eine Briefmarke mit einem Motiv aus besseren Tagen heraus.
Ausgerechnet im Hochsommermonat Juli, als das Freibad in Witten dicht war, kam eine Briefmarke mit einem Motiv aus besseren Tagen heraus. © Unbekannt | Foto: Blossey


Zum einen wurde auf das Infektionsrisiko verwiesen. Was ist, wenn nur einer von 500 Gästen das Virus in sich trägt, hieß es. Gleichzeitig war immer wieder vom „eingeschränkten Badespaß“ aufgrund der erforderlichen hohen Sicherheitsauflagen die Rede – und dem enormen Mehraufwand. Diese Linie vertritt Geschäftsführer Andreas Schumski bis heute. Er versichert: „Die Kurzarbeit spielte bei der Freibadschließung keine Rolle.“

Seit dem 11. Mai hatte der Energieversorger Kurzarbeit für die mehr als 20 Mitarbeiter der Abteilung „Bäder und Schifffahrt“ angemeldet. Die Betriebsvereinbarung dazu gilt bis Jahresende. „Nach und nach“, sagt Schumski, seien die Mitarbeiter dann wieder aus der Kurzarbeit gekommen – etwa die Kapitäne der Schwalbe, die ab 1. Juli die Leinen kappten, oder „ x Mitarbeiter“, die zum gleichen Termin das Hallenbad in Annen für die Vereine öffneten. Alle weiteren Leute würden bis zum 14. September benötigt, wenn das Hallenbad in Herbede ebenfalls wieder öffnet. Dazu gehöre eine 14-tägige Vorbereitungszeit.

Kritiker: Es gab keinen politischen Druck von der Aufsichtsratsspitze in Witten

Nun sind die Stadtwerke natürlich nicht das einzige Unternehmen, das Kurzarbeit angemeldet hat und dafür ja auch einen guten Grund hatte, sprich die im Lockdown geschlossenen Bäder. Doch als die Corona-Regeln überall gelockert wurden und auch die Bäder wieder öffneten, hätten die Mitarbeiter – deutlich früher als jetzt – wieder zurückgeholt werden können –, etwa um den Betrieb des Freibads hochzufahren. Doch darauf wurde verzichtet. Nicht einmal von der Aufsichtsratsspitze, rügen Kritiker, sei politischer Druck gekommen – während einzelne Mitglieder in dem Kontrollgremium für eine Öffnung gewesen sein sollen.

Man habe den Aufsichtsrat permanent darüber informiert, warum man an der Schließung festhalte, sagt Schumski. Auch der Betriebsrat habe voll bei allen Corona-Schutzmaßnahmen mitgezogen. Es sei überhaupt nicht darum gegangen, möglichen Ärger vermeiden zu wollen, betont der Geschäftsführer. Man hätte auch die Betriebsvereinbarung über die Kurzarbeit nicht kündigen müssen, hätte man sich pro Freibad entschieden. Die Schließung sei eine rein unternehmerische Entscheidung gewesen.

Betriebsrat der Stadtwerke Witten: Leute konnten wegen Pandemie nicht arbeiten

Schon seit Mitte Mai geöffnet: Der ein oder andere Wittener weicht nach Sprockhövel aus, um dort ins Freibad zu gehen. Dort endet am Sonntagmittag die Saison (12 Uhr Kassenschluss).
Schon seit Mitte Mai geöffnet: Der ein oder andere Wittener weicht nach Sprockhövel aus, um dort ins Freibad zu gehen. Dort endet am Sonntagmittag die Saison (12 Uhr Kassenschluss). © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch


„Die Bäder waren aufgrund der Pandemie zu. Und aufgrund der Pandemie konnten die Leute nicht arbeiten. Deshalb gab es Kurzarbeit“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Sven Schmidt. Im Übrigen seien einzelne Kollegen immer wieder zu Wartungsarbeiten herangezogen worden.

Dass das Kurzarbeitergeld von 60 bis 70 Prozent vom Arbeitgeber auf 95 Prozent aufgestockt wird, sehe der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst vor, so Schmidt. Die immer noch gut verdienenden Stadtwerke legten noch einmal weitere fünf Prozent drauf, so dass die Beschäftigten sogar ihren vollen Lohn weiter bekommen haben – während im Freibad das Gras immer höher wuchs.