Witten. In Witten warten viele Kinder vergeblich auf einen OGS-Platz. Die Stadt bekämpft die Raumnot mit neuen Nutzungskonzepten. Wo tut sich schon was?
Bis 2025 sollen alle Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag haben. Bei einer Betreuungsquote in Witten von aktuell unter 50 Prozent also noch ein ganzes Stück Arbeit. Besonders Raumnot und fehlende Erzieher sind ein Problem. Stadt und Träger haben sich bereits auf den Weg gemacht. Doch schon heute warten viele Eltern auf einen Platz.
„Wir haben an allen Schulen zu wenige Plätze“, sagt Susanne Daum. Die 45-Jährige ist Leiterin der Bruchschule und Sprecherin der Grundschulrektoren der Stadt. An ihrer Schule werden derzeit über 90 Kinder in der OGS von der Awo betreut. „Und die Warteliste ist lang“, so Daum.
Klassenzimmer wird in Witten zum multifunktionalen Raum
Derzeit wird deshalb an der Schule an der Ardeystraße ein Klassenzimmer zu einem multifunktionalen Raum umgestaltet. Dort soll künftig nach Unterrichtsschluss auch die Nachmittagsbetreuung stattfinden. Spezielle Möbel, die selbst von den Kindern leicht umgestellt werden können, machen es möglich. Ähnliche Bestrebungen gibt es an anderen Schulen.
„Aus Platzgründen müssen wir Schule und OGS künftig besser verzahnen“, sagt Heiko Müller vom Jugendamt. Aus Klassenräumen sollen deshalb Lernräume werden, in denen nicht nur Unterricht stattfindet, sondern auch Angebote wie Hausaufgabenbetreuung oder Bewegungsspiele Platz finden. Müller: „Das ist der Trend, die Richtung, in die wir müssen.“ Dazu müssen die Räume gemütlicher und vor allem flexibler werden, aber auch die pädagogischen Konzepte miteinander verknüpft werden.
Vormholzer Grundschule kämpft mit dem Platzproblem
Besonders eng ist es derzeit etwa an der Vormholzer Grundschule. Seitdem das Gebäude der dortigen OGS vor drei Jahren abgerissen wurde, musste die Nachmittagsbetreuung ins Schulgebäude umziehen. Rektorin Alexandra Schüler spricht von „massiver Raumnot“, die hier auf eine sehr große Nachfrage nach weiteren Plätzen trifft. In Vormholz soll die Trennung zwischen Klassen- und OGS-Räumen deshalb großflächig aufgehoben werden.
1580 Kinder im Offenen Ganztag
Derzeit werden in Witten von 3200 Grundschülern rund 1580 im Offenen Ganztag betreut. Über 80 Kinder stehen auf den Wartelisten der Stadt. Besonders hoch ist der Bedarf laut Jugendamt an der Bredde-, der Crengeldanz- und der Pferdebachschule.
Finanziert werden soll der weitere Ausbau der OGS-Plätze etwa über Fördermittel aus dem Programm „Gute Schule“. Derzeit sei das Schulamt noch in Absprache mit anderen Abteilungen darüber, wie die 2,3 Millionen Euro, die die Stadt aus diesem Topf erhält, aufgeteilt werden, so Heiko Müller vom Jugendamt. Denn auch die Digitalisierung der Schulen und die Instandsetzung der Gebäude werden damit unterstützt
Auch die Hüllbergschule in Annen will nach Abschluss von Sanierungsarbeiten fast flächendeckend multifunktionale Räume bieten. Notgedrungen nutzt die Schule schon seit Sommer 2019 Klassenräume auch nachmittags. Der Gebäudeteil, in dem die OGS eigentlich beheimatet ist, wird saniert. Derzeit arbeite man an einem Konzept, wie man den Ganztag für alle Schüler öffnen könne, sagt Schulleiterin Maria Nehm. „Da muss natürlich auch viel bei den Lehrern und Erziehern passieren“, so die 62-Jährige. Sie müssten die pädagogische Öffnung zulassen und künftig enger miteinander arbeiten.
Awo fordert mehr Landesmittel für den OGS-Ausbau
Damit 2025 aber wirklich alle Grundschulkinder einen Platz in einer OGS bekommen könnten, müssten sich die Rahmenbedingungen ändern, mahnt Ulla Wacker, Awo-Bereichsleiterin für Kinder und Familie im EN-Kreis. „Vor allem müssen mehr Landesmittel fließen“, fordert sie. Denn Kommunen müssten bei der Finanzierung schon jetzt kräftig zuschießen. Wie gut die nachschulische Betreuung ausgebaut ist, hänge deshalb auch immer von der Finanzstärke der Kommune ab, sagt die 63-Jährige.
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Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Schon heute kann die Arbeiterwohlfahrt, die an sieben Schulen in Witten den Ganztag organisiert, Stellen nicht nachbesetzen, die im laufenden Schuljahr wegfallen. Daher bildet der Verband nicht nur aus, sondern versucht auch, eigene Mitarbeiter zur Weiterbildung zu motivieren – besonders die sogenannten Ergänzungskräfte, die bislang ohne pädagogische Ausbildung in der Kinderbetreuung mitarbeiten. Trotz dieser Bemühungen sieht Ulla Wacker die Chancen für eine umfassende Ganztagsbetreuung als gering an. „Wir kümmern uns intensiv, aber ich sehe das kritisch.“Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Witten