Witten. Wittens GroKo hat ihre Zusammenarbeit sechs Monate vor der Kommunalwahl einvernehmlich beendet. Eine Fortsetzung wird aber nicht ausgeschlossen.

Das Wittener Bürgerbündnis aus SPD und CDU hat nach fast sechs Jahren eine positive Bilanz seiner Zusammenarbeit gezogen. Es habe gepasst, sowohl inhaltlich wie auch menschlich. Das betonten beide Seiten jetzt bei einem Besuch der Wittener WAZ-Redaktion. Dort gab der 14-köpfige Bündnisausschuss einvernehmlich das Ende der GroKo bekannt – damit sich beide Parteien nun unbelastet und jede für sich auf die Kommunalwahl in gut sechs Monaten vorbereiten können. Eine Fortführung der Partnerschaft nach dem 13. September wird aber – je nach Wahlergebnis – nicht ausgeschlossen.

Beide Parteien hatten sich im Juni 2014 aufgrund fehlender Mehrheiten nach der Kommunalwahl im Rat zusammengetan. Die SPD wurde mit 35 Prozent zwar wieder stärkste Fraktion. Doch zum Alleinregieren reichte es längst nicht mehr. Auch Rot-Grün hatte nicht genug Stimmen. Die CDU nutzte mit 23,5 Prozent die Chance, erstmals überhaupt in Witten ans Ruder zu gelangen.

Wittener Bürgerbündnis: „Es war eine Vernunftehe, keiner Liebeshochzeit“

SPD und Union sprechen heute von einer „Vernunftehe“, keiner „Liebeshochzeit.“ Keine Partei sei so stark gewesen, um die massiven Probleme der Stadt allein lösen zu können, sagt CDU-Stadtverbandsvorsitzender Ulrich Oberste Padtberg rückblickend.

Keine Investitionen ohne genehmigten Haushalt: Mit ihren Etatbeschlüssen habe das Bündnis erst große Vorhaben wie die Rathaussanierung ermöglicht, sagt CDU-Fraktionschef Klaus Noske.
Keine Investitionen ohne genehmigten Haushalt: Mit ihren Etatbeschlüssen habe das Bündnis erst große Vorhaben wie die Rathaussanierung ermöglicht, sagt CDU-Fraktionschef Klaus Noske. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

CDU-Fraktionschef Klaus Noske sieht den Erfolg des Bürgerbündnisses vor allem darin begründet, dass ein genehmigungsfähiger Haushalt zustande kam und die Stadt damit „wieder auf die Beine gestellt wurde“. Das Defizit von damals fast 27 Millionen Euro hat sich inzwischen in ein leichtes Plus verwandelt. „Wir kamen von Tiefrot“, sagt Heiko Kubski (CDU), der dem 14-köpfigen Bündnisausschuss angehört.

Wittener CDU-Fraktionschef: „Ohne genehmigten Haushalt gibt es keine Fördermittel

Die Sanierung des Etats gelang, indem man den Bürgern einiges abverlangte – etwa massive Steuererhöhungen. Außerdem unterstützte das Land den Sparkurs mit bald 70 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt. „Ohne einen genehmigungsfähigen Haushalt hätte es keine Fördermittel gegeben“, sagt Noske. Man habe den drohenden Sparkommissar verhindert und sei wieder handlungsfähig geworden – oder „geblieben“, wie es SPD-Fraktionschef Uwe Rath sagt. Es konnte weiter investiert werden, ob in die Rathaussanierung, in die Pferdebachstraße oder in die maroden Schulen.

Der Wittener Kornmarkt soll bebaut werden, eines der vom  Bürgerbündnis mehrheitlich beschlossenen Projekte.
Der Wittener Kornmarkt soll bebaut werden, eines der vom Bürgerbündnis mehrheitlich beschlossenen Projekte. © List AG mit RKW Architektur+

„Klasse, was wir auf den Weg gebracht haben“, sagt Uwe Rath, der nach über einem Jahr Thomas Richter an der Fraktionsspitze abgelöst hatte und die GroKo in ruhige Bahnen lenkte. „Identitätsstiftend“ nennt er beispielsweise das 25 Millionen Euro teure Rathausprojekt. Rath zählt weitere Vorhaben auf, die in die Bündniszeit fallen oder währenddessen eingestielt wurden: die „Soziale Stadt“ Heven-Ost/Crengeldanz, den Kornmarkt, das Bildungsquartier Annen oder eine dritte Gesamtschule.

Wittener SPD-Fraktionschef: Wir haben keine Schule geschlossen

„Vielleicht nur die Spitze des Eisbergs“: SPD-Fraktionsvize Christoph Malz sieht nicht nur bei den Schulen, sondern auch bei den Sporthallen Sanierungsbedarf. Gesperrt ist derzeit die Horst-Schwartz-Halle in Witten-Vormholz (Foto).
„Vielleicht nur die Spitze des Eisbergs“: SPD-Fraktionsvize Christoph Malz sieht nicht nur bei den Schulen, sondern auch bei den Sporthallen Sanierungsbedarf. Gesperrt ist derzeit die Horst-Schwartz-Halle in Witten-Vormholz (Foto). © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Wir haben keine Schule geschlossen“, sagt Rath. Bündnisausschuss-Mitglied Regina Fiedler (CDU) schließt nicht aus, dass das bis 2028 aufgelegte 100-Millionen-Programm für die Schulsanierungen noch aufgestockt werden muss. Dabei denkt sie etwa an neue Schäden, die in der sanierungsbedürftigen Hardenstein-Gesamtschule auftreten. SPD-Fraktionsvize Christoph Malz hat auch die Sporthallen im Blick. Die jetzt wegen Einsturzgefahr gesperrte Horst-Schwartz-Halle sei „vielleicht nur die Spitze des Eisbergs“.

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Selbstkritisch gibt sich SPD-Fraktionschef Rath beim Thema Straßensanierung/Verkehr. „Hier sind wir relativ langsam in der Spur. Da müssen wir mehr Gas geben.“ Ob Stockumer Straße, Annener Berg, Billerbeck- oder Holzkampstraße – „viele Straße sind kaputt“, sagt Julian Fennhahn (CDU) vom Bündnisausschuss.

Wittener Bündnis sieht sich als eine „Koalition der Kümmerer“

„Vorschläge für Nachbesserungen gemacht“: Die Wittener GroKo will sich nicht die Schuld an dem viel kritisierten Nahverkehrsplan geben lassen.
„Vorschläge für Nachbesserungen gemacht“: Die Wittener GroKo will sich nicht die Schuld an dem viel kritisierten Nahverkehrsplan geben lassen. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Das Bündnis schreibt sich auf die Fahnen, eine „Koalition der Kümmerer“ gewesen zu sein. Viele Bürger hätten sich gemeldet, wenn es Probleme vor Ort gibt. Die Schuld an dem viel kritisierten Nahverkehrsplan will sich die GroKo nicht zuschieben lassen. Ein Jahr habe man zwischen 2015 und 2016 Zeit gehabt, um nachzubessern. SPD und CDU hätten damals die meisten Vorschläge geliefert. „Leider ist nicht alles übernommen worden“, sagt Klaus Noske.

Auch beim Klimaschutz will sich das Bündnis nicht mangelndes Engagement vorwerfen lassen. SPD-Fraktionsvize Martin Kuhn verweist auf das Fahrradkonzept, Uwe Rath auf Fragen der Zukunft. „Wie kommt mehr Wasser, mehr Grün in die Stadt?“ Noske, Aufsichtsratschef bei den Stadtwerken, hebt den Ausbau von grünem Strom und E-Mobilität hervor. Dafür sieht er gute Chancen, zumal die Politik bei den Stadttöchtern in den Aufsichtsräten sitze.

Neuauflage der Wittener GroKo nach der Kommunalwahl nicht ausgeschlossen

Bei aller Harmonie legen beide Parteien Wert darauf, alleine, mit eigenen Programmen und Bürgermeisterkandidaten in die Kommunalwahl zu gehen. SPD-Vorsitzender Axel Echeverria erinnert bei allem, was gut gelaufen sei, auch an „viele Kompromisse“, die man habe schließen müssen. Eine Fortsetzung des Bündnisses sei weder ein „Automatismus“ noch das Ziel. Echeverria: „Der Wähler wird darüber entscheiden.“

Doch ausgeschlossen wird eine Neuauflage nicht, womöglich dann mit weiteren Partnern. CDU-Chef Ulrich Oberste-Padtberg: „Die Zusammenarbeit war so, dass sie wieder aufgenommen werden könnte.“