witten. . Schulsanierung steht ganz oben auf der Liste der Bürgermeisterin. Sie veranschlagt dafür bis zu 100 Millionen Euro in den nächsten Jahren.
Die Bürgermeisterin empfängt die WAZ zum Sommer-Interview in ihrem geräumigen Amtszimmer, wo neben dem Schreibtisch ein großer Lüfter von den heißesten Tagen dieses Jahres kündet. Sie spricht aber nicht nur über die Rekordhitze in diesem Sommer, sondern auch über Schulen, Straßen, Stadterneuerung, Sicherheit und Flüchtlinge. Es ist längst nicht alles schlecht, aber es gibt noch viel Luft nach oben.
Wie waren Ihre Sommerferien, Frau Leidemann?
Leidemann: Wie immer kurz. Zwölf Tage nur.
Darf man fragen, wo Sie waren?
Richtung Schottland. Nette Landschaft, erholsam und kühl, ganz im Gegensatz zu Witten. 33, 34 Grad hatte ich allein im Büro. Das war eine schwere Belastung für alle, gerade die, die gearbeitet haben, ob Müllwerker oder die Dachdecker auf dem Rathaus. Das Grünflächenamt musste täglich gießen. Gut, dass alle geholfen haben, auch Bürger.
Welche wichtigen Projekte wollen Sie nach den Ferien angehen?
Das wichtigste Projekt ist die Schulsanierung. Wir sind seit längerem dabei, einen Fahrplan auf den Weg zu bringen. Als Erstes sind die Fachräume vom AMG dran. Auch bei Hardenstein fangen wir nach und nach mit den Fachräumen an.
Allein für die Hardenstein-Gesamtschule sind über zehn Millionen Euro veranschlagt?
Locker, wir sanieren im Bestand.
Das klingt nach einem klaren Bekenntnis zum Gesamtschul-Standort Vormholz?
Ja, zu Herbede. Es ist mittlerweile Konsens, dass wir so verfahren, auch am Ruhr-Gymnasium, wo ein Teil der Gebäude abgängig ist. Wir sprechen bei den Schulen von einem Zeitraum von zehn Jahren mit einem Bedarf von rund 100 Millionen Euro. Dazu gehört auch das Bildungsquartier Annen. Und die Vorbereitungen für eine dritte Gesamtschule laufen auf Hochtouren.
Das Geld dafür kommt aus dem Programm „Gute Schule“?
Das ist gemischt. Ein Teil sind normale Fördergelder, ein Teil ist gute Schule. Auch die Digitalisierung ist wichtig. Wir erarbeiten ein Konzept individuell für jede Schule.
Themenwechsel. Wie geht es mit der Innenstadt weiter?
Die Rathaussanierung läuft gut, toi toi toi. Sie wird uns noch fünf Jahre beschäftigen.
Wird es nicht teurer als geplant?
Wir bewegen uns immer noch im angepeilten Rahmen von 20 bis 25 Millionen Euro.
Welche Schwerpunkte wollen Sie noch in der Innenstadt setzen?
Das Integrierte Handlungskonzept sieht drei Schwerpunkte vor, darunter die Aufwertung der einzelnen Quartiere. Hier steht die Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes an vorderster Stelle. Ein Schwerpunkt ist auch die Kornmarktbebauung. Die Vorlage zum Verkauf des Grundstücks ist in Vorbereitung, die entsprechende Platzgestaltung wird organisiert. Im Moment läuft die denkmalrechtliche Untersuchung. Natürlich darf man auch die beiden geplanten Hotels nicht vergessen.
Vertragen sich zwei Hotelbauten und dann noch so nah beieinander?
Ja, wir haben zu niedrige Übernachtungszahlen. Und das eine am Bahnhof wird mehr Tagungshotel.
In der unteren Bahnhofstraße gibt es Kebaphäuser, syrische und türkische Läden, Frisöre, Cafés. Reicht Ihnen das als Antwort auf die Frage, wie dieser problematische Teil der City weiterentwickelt werden kann?
Nein, das reicht mir nicht. Gott sei Dank ist die City-Passage mit den Geschäftslokalen gegenüber der Stadtgalerie verkauft worden. Es wäre schön, wenn wir eine weitere Belebung hinkriegen würden. Es gibt Überlegungen, mehr Dienstleistungen in die untere Bahnhofstraße zu bringen. Die Selbsthilfestelle Kiss oder der Unikatklub sind zum Beispiel im Gespräch.
Thema Wirtschaft. Gerade hat sich ein Verein gegründet, der eine neue Gewerbefläche in Stockum verhindern will. Was sagen Sie dazu?
Der Regionalverband Ruhr hat alle Umweltbelange geprüft. Wir werden im September im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt die Regionalplanung für Witten vorstellen. Dabei geht es um deutlich mehr als Stockum. Wo sind Grünflächen, wo mögliche neue Wohnflächen?
Betriebe wandern ab, weil Flächen fehlen. Auch die Gewerbesteuern sind hoch.
Um so wichtiger ist es, Flächenpotenziale zu haben. Was wir tun können, das tun wir. Auf Drei Könige stellen wir gerade 30 000 m² bereit, auf der Thyssenfläche an der Stockumer Straße wären es knapp 100 000 m². Dort befinden wir uns gerade in einer Art Vermittlungsverfahren. Traurig sind natürlich Vorgänge wie Pelzer, die nicht zu halten waren. Und was die Gewerbesteuer angeht: Wir brauchen sie, sonst können wir die nötige Infrastruktur nicht vorhalten. Die Menschen wollen U-3-Betreuung, Ganztagsplätze, gute Straßen... Im Übrigen sind unsere Wirtschaftsdaten exzellent, auch wenn es schade ist, dass PZW gerade Insolvenz angemeldet hat. Wir haben eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten im Ruhrgebiet und in den letzten Jahren 4000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
<<< Interview mit der Bürgermeisterin, Teil II:
„Ohne Mehrheiten geht es nie“
Thema Flüchtlinge. Es kommen viel weniger. War es nicht ein Fehler, an der Brauckstraße als teurer Großunterkunft festzuhalten? Statt Flüchtlinge sitzen da jetzt Beamte...
Es ist nach wie vor eine Riesenaufgabe. Wir bekommen weiterhin Leute, auch welche, bei denen klar ist, dass sie kein Bleiberecht haben, aber vielleicht krank sind. Zu den Betreuungskosten kommen dann noch die Krankenkosten hinzu, selbst dann, wenn die Menschen nicht mal einen Duldungsstatus haben. Ich habe mit dem Regierungspräsidenten telefoniert und gesagt, dass es nicht sein kann, dass wir allein für die Geduldeten jährlich mindestens 3,5 Millionen Euro zuschießen müssen. Die Kommunen werden damit alleine gelassen. Wir haben über 1500 Flüchtlinge, mehr als 200 wurden neu zugewiesen.
Themenwechsel. Warum wollen Sie Ihren Kulturchef loswerden?
Ich glaube, es gab eine klare Mehrheit gegen Herrn Steimann. Er hat erklärt, er stehe nicht mehr zur Verfügung. Ich bin zwar Vorsitzende des Verwaltungsrats im Kulturforum, aber er besteht aus 15 Mitgliedern. Und wenn er der Meinung ist, dass es vielleicht einer Neuerung bedarf, hat das primär erst mal nichts mit mir zu tun. Das ist wie bei anderen Dingen auch. Sie brauchen immer eine Mehrheit.
Anderes Thema. Endlich beginnt die Sanierung der Pferdebachstraße. Was ist mit anderen wichtigen Eingangsstraßen wie der Herbeder Straße, wo gerade die letzten 400 Meter stadteinwärts eine furchtbare Rumpelstrecke sind. Warum kriegen Sie das nicht in den Griff?
An der Herbeder Straße haben wir die Problematik mit der Straßenbahn, die irgendwann erneuert werden soll. Es gibt eine ganze Reihe größerer Projekte. Die Sprockhöveler Straße ist als Nächstes dran. Am Crengeldanz gibt es die relativ neue Nachricht, dass die Bahn die Brücke doch erneuern will. Ansonsten haben wir gut zwei Millionen Euro für Straßen auf der Agenda.
Thema Soziale Stadt Heven-Ost/Crengeldanz. Die Ecke Sprockhöveler/Billerbeckstraße/Wannen ist alles andere als schön. Wie gehen Sie damit um im Rahmen der Quartierserneuerung?
Das ist ein Thema im Zusammenhang mit der Sanierung der Sprockhöveler Straße. Die Frage ist, ob andere Wohnformen entwickelt werden können. Wir benötigen Sozialwohnungen, Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen.
Das schließt Abrisse und Neubauten ein?
Ja. Es wird aber auch viel im Bestand saniert und geguckt, wo es Zuschüsse gibt, etwa für Fassaden etc. Ganz wichtig ist es, keine Häuser verwahrlosen zu lassen. Wir achten mit dem Ordnungsamt darauf, dass nirgendwo illegal gewohnt wird. Da wird knallhart geräumt.
Thema Sicherheit und Vandalismus. Wie gehen Sie damit um?
Wir haben seit Jahren den Arbeitskreis „Sauberkeit und Ordnung“. Durch den Zusammenschluss vieler Jugendlicher können unsere Leute teils nicht mehr zu zweit auf die Straße gehen. Da bedarf es konzertierter Aktionen mit der Polizei. Ich habe schon versucht, das Thema Videoüberwachung zu platzieren.
Leider erfolglos...
Leider. Es ist eine Zumutung für die Reinigungskräfte, welche Hinterlassenschaften sie auf der Rathaustreppe wegmachen müssen. Nach der Rathaussanierung wollen wir einen Objektschutz beauftragen