witten. . Noch steht die SPD fest zu ihrem Bündnispartner Union, doch das soll nicht immer so bleiben. Die Kommunalwahl wirft ihren Schatten voraus.

Die SPD zieht nach bald vier Bündnisjahren mit der CDU im Rat zwar eine „grundsätzlich positive Bilanz“. Doch es sei ein Bündnis auf Zeit, deutete Parteichef Ralf Kapschack jetzt erste vorsichtige Absetzbewegungen mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 an.

„Wenn wir uns andere Optionen eröffnen wollen, müssen wir richtig gut werden“, sagte der Stadtverbandsvorsitzende vor 70 Delegierten, die sich unter dem Motto „Witten zwei Jahre vor der Wahl“ am Freitagabend im FEZ zur Hauptversammlung trafen. Sie schienen sich einig zu sein, dass die Partei nur punkten kann, wenn sie neben den Erfolgen in den Bündnisjahren auch die Unterschiede zur Union deutlich macht und geforderte Projekte, die bisher auf der Strecke blieben, auch wirklich durchsetzt.

Bei der Kommunalwahl „so stark wie möglich werden“

Kapschack schwor die Delegierten darauf ein, bei der nächsten Kommunalwahl „so stark wie möglich zu werden“, um mehr Einfluss zu nehmen und stabile Mehrheiten auch jenseits eines Bürgerbündnisses zu finden. Wen er sich als nächsten Partner wünscht, ohne den es nicht gehen wird, wie der Bundestagsabgeordnete klarstellte, ließ der Schneer offen. Der Mitte-Links-Politiker dürfte vermutlich u.a. an die Grünen denken.

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SPD-Fraktionschef Uwe Rath nannte die Union einen „verlässlichen Partner“, schreibt Erfolge während der laufenden Legislaturperiode aber gerade der Initiative der SPD zu. Verantwortung habe man bei der Verabschiedung eines genehmigungsfähigen Haushalts ebenso bewiesen wie bei der Rathaussanierung. Rath kündigte auch für 2019/2020 einen Doppeletat an, um Planungssicherheit zu haben. Er verteidigte die erheblichen Steuererhöhungen. Nur so habe man sich eine gewisse Handlungsfähigkeit erhalten können.

Schnellen Baubeginn für Kornmarkt angemahnt

Die Kornmarktplanung sieht Rath in der „Endphase“, auch hinsichtlich des noch ausstehenden Grundstückverkaufs. Er mahnte einen schnellen Baubeginn an, weil dieses Projekt ein Impuls für die ganze Innenstadt sei. Der Masterplan Einzelhandel sei verabschiedet und bei der Kinderbetreuung mit über 40 Prozent im U-3-Bereich einiges erreicht worden. Rath kann sich auch gut ein Pilotmodell für eine Frühbetreuung etwa ab sechs Uhr vorstellen. Eine dritte Gesamtschule sei mit der SPD auf den Weg gebracht worden. Hier müsse jetzt eine Konzeption her.

Kritische Fragen gab es zum Thema Sicherheit. Er werde darauf täglich im Ortsverein angesprochen, sagte Wolfgang Lukas. Ihm kam es in der Bilanz des Fraktionschefs zu kurz. Der setzt auf Ordnungspartnerschaften, die aber noch nicht die Regel sind. Das Thema Migration dürfte die Genossen ebenfalls weiter beschäftigen. Man werde sich im Wahlkampf intensiv mit der AfD auseinandersetzen müssen, so Parteichef Kapschack. „Das wird kein Zuckerschlecken.“ Um so stärker will die SPD als „Kümmerer“ vor Ort auftreten und das Ohr nah am Bürger haben.

Bessere Straßen bleiben eine Dauerbaustelle

40 Minuten hatte SPD-Fraktionschef Rath Punkt für Punkt Rechenschaft über die ersten drei bis vier Bündnisjahre im Rat mit der CDU abgelegt, dessen „Stabilität“ hervorgehoben und auf mehreren Seiten genau aufgelistet, was erreicht wurde und wo noch viel zu tun ist.

Um mit Letzterem anzufangen: Rot markiert und damit als unerledigt gilt nach wie vor die „Verbesserung des Straßenzustandes“. Mit mehr Geld allein sei es nicht getan, sagte der Fraktionsvorsitzende bei der Hauptversammlung der SPD am Freitagabend im FEZ. Die Personaldecke sei sehr dünn, es fehle an Planung, an Bauleitern, auch und gerade bei der Stadtverwaltung. Gleichzeitig stiegen die Preise der Firmen, Angebote würden teurer.

Fraktionschef: Bei Ruhrbrücke ist das Land gefragt

Viel Luft nach oben sieht Rath ebenfalls bei einem „allgemeinen Verkehrskonzept“ für die Stadt. Beim Thema (marode) Ruhrbrücke Herbede sei das Land gefragt. Leichter falle es, kleinere Projekte anzuschieben, ob es nun um ein Naturfreibad geht, die „Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen“, die Förderung von Seniorenvertretung und Integrationsrat oder die Würdigung von Bürgerengagement durch die Ehrenamtscard.

Das alles schreibt sich die Fraktion auf die Habenseite, ebenso die „Stabilisierung der Siedlungsgesellschaft“ oder „Sicherung eines sozialen Wohnungsangebots“, einen Masterplan Wohnen, den Mietspiegel, das Bildungsquartier Annen oder die Weiterentwicklung der Wickmannfläche. Der „umfassende Ganztag“ an weiterführenden Schulen ist noch rot markiert, ebenso schnelles Internet, ein „qualifizierter Inklusionsplan“ und „Aktionsplan gegen Kinderarmut“.

Partei-Urgestein Klaus Wiegand mahnte die Genossen, „Projekte, die wir angegangen sind, auch umzusetzen“. Der Bommeraner denkt da zum Beispiel an eine dritte Gesamtschule, „die wir finanziell auf die Reihe kriegen müssen“. Wiegand: „Daran werden wir gemessen, ob wir das durchziehen. Sonst werden wir unglaubwürdig.“ Juso-Chef Philip Raillon forderte die Fraktion dazu auf, „die Verwaltung mehr vor sich herzutreiben“.

Jusos mahnen Verjüngung bei Ratskandidaten an

Bis zu den Sommerferien möchte Parteichef Ralf Kapschack wissen, wer aus den Stadtteilen wieder für den Rat antreten will. Auch hier mahnten die Jusos die viel beschworene „Erneuerung“ an, sonst sei in zwei Jahren kein Ratsmitglied mehr unter 35 Jahren. In Bürgerwerkstätten will die SPD die Wittener an der Erarbeitung ihres Kommunalwahlprogramms beteiligen.