Witten. Viel los war am Denkmal-Tag an der Burgruine Hardenstein und am Hammerteich in Witten. Hier wurde mittelalterlich gefeiert, da feste diskutiert.
Wie sieht es eigentlich in der Erlöserkirche in Witten-Annen aus? Das konnten sich am Sonntag (8. September) auch die Menschen anschauen, die nicht so gerne zum Gottesdienst kommen wollen. Wieder einmal war die Kirche beim „Tag des offenen Denkmals“ mit von der Partie – einer von zwölf Orten in der Stadt, die am Sonntag zur Besichtigung eingeladen hatten.
Blick hinter die dicken Kirchenmauern in Witten-Annen
„Wir wollen diesen Raum öffnen und allen die Möglichkeit geben, ohne Schwellenangst in die Kirche zu gehen“, sagt Presbyter Wolfgang Schneider, der an diesem Tag alle Fragen der Besucher beantworten will. Die Kirche sei schließlich bis heute prägend für das Stadtbild. Und da wollten manche Anwohner und Passanten eben wissen, wie es hinter den dicken Mauern aussieht. „Oder sie sind irgendwann mal hier getraut worden und wollen sehen, was sich durch den Umbau verändert hat“, sagt Schneider. Das bundesweite Motto des Denkmaltages, „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“, sei jedenfalls wie für die Erlöserkirche gemacht. Wolfgang Schneider nennt sie ein gelungenes Beispiel für eine harmonische Mischung von Altem und Modernem. „Schauen Sie sich doch nur unseren Glas-Altar an.“
Einer, der an diesem Morgen genau hinschaut, ist Patrik Vajkai. Der 14-Jährige hat mit seiner Klasse an der Otto-Schott-Realschule im Kunstunterricht eine kleine Ausstellung zu Bauhaus und Jugendstil erarbeitet, die extra zum Denkmaltag in der Erlöserkirche aufgehängt worden ist. Patrick und seine Klassenkameradin Sara Gorgik stehen bereit, um den Besuchern die Bilder zu erklären. Aber am Vormittag ist es noch ruhig – da können die Schüler eine Privatführung von Kirchenpädagoge Schneider bekommen.
Befreundete Rittergruppen lagern schon seit Freitag an der Wittener Burgruine
Ganz viel los ist hingegen bereits seit dem Morgen an der Burgruine Hardenstein. Viele Besucher sind allerdings nicht wegen des Denkmals gekommen, sondern wegen des Mittelalterfestes, das die Burgfreunde Hardenstein zum 45. Vereinsjubiläum auf die Beine gestellt haben. Schmied und Töpferin zeigen ihr Handwerk, ein Geschichtenerzähler lädt Kinder in sein Zelt, es wird getanzt und gekämpft – nur zur Schau, versteht sich. Befreundete Rittergruppen lagern schon seit Freitag an der Burgruine. Sie sind beim Fest mit Rat und Tat dabei. Warum er mitmacht? „Dabei kann man so schön abschalten vom Alltag“, sagt Roland Schaefer von der Ritterschaft Wolfskuhle aus Hagen. Und an der Burgruine sei es ja heute ganz entspannt. Sprach’s und muss gleich wieder los – er wird beim Tanzen gebraucht.
Mehrere Millionen Besucher bundesweit gezählt
Der Tag des offenen Denkmals findet seit 1993 jährlich bundesweit statt. In diesem Jahr nahmen 8000 Denkmale in rund 2500 Städten im ganzen Land daran teil, die Veranstalter zählten mehrere Millionen Besucher. Der Tag des offenen Denkmals ist der deutsche Beitrag zu den European Heritage Days. Mit diesem Tag schafft die private Denkmalschutzstiftung große Aufmerksamkeit für die Denkmalpflege in Deutschland.
In Witten luden am Sonntag zwölf Orte zum Besuch ein. Geöffnet waren auch Rathaus- und Helenenturm, Märkisches Museum und Stadtbibliothek, die Zechen Nachtigall und Theresia, Bethaus, Steigerhaus und Zechenhaus Herberholz.
Dabei würde auch Era gerne mitmachen. Allerdings fürchtet sie, dass sie vielleicht noch zu klein dafür ist. „Aber ich bin schon sechs!“ Außerdem habe sie beim Bogenschießen ja (fast) ins Schwarze getroffen, versichert sie treuherzig. „Ich hab gezielt und dann einfach losgelassen.“ Mama Anna-Fee Bongaerts lächelt. Schön sei das Fest geworden, lobt sie – „bunt und abwechslungsreich“.
Wittener Burgfreunde hoffen auf eine offizielle Ehrung durch die Stadt
Hans Dieter Radke wird das Lob freuen. Der Chef der Burgfreunde ist froh, dass so viele Besucher kommen und das Wetter gehalten hat – auch bei der internen Feier zum Vereinsjubiläum am Samstag. Von Anfang an, seit 45 Jahren, ist er der Vereinsvorsitzende. Radke sieht fast täglich an der Ruine nach dem Rechten. Er muss sich oft ärgern. „Erst letzte Woche sind wieder sechs große Steine aus dem Flankierungsturm gebrochen worden.“ Er wird Anzeige erstatten und den Schaden beseitigen.
„100.000 Euro und mehr“ hätten er und seine Vereinskollegen in den letzten viereinhalb Jahrzehnten in die Ruine gesteckt, sagt Hans Dieter Radke. Umso mehr stört ihn, dass es dafür nie eine offzielle Anerkennung gab. „Dass wir als Verein von der Stadt nie eine Ehrung bekommen haben, das knabbert an unserem Selbstwertgefühl.“ Schließlich werbe die Stadt doch auch mit der Ruine. „Und mit so einer Ehrung könnten wir dann ganz anders Mitglieder und Spenden anwerben.“
Das Interesse der Wittener am Schicksal des Hammerteichs ist riesig
Auch am Hammerteich – er war diesmal zum ersten Mal beim Tag des offenen Denkmals dabei – sind nicht alle mit der Stadt zufrieden. Obwohl die erst am Freitag verkündet hatte, der Teich könne entschlammt werden. „Ein Feigenblatt“, nennt Christoph König von der Initiative „Wir lieben den Hammerteich“ die Pläne. Mit so einem „Schnellschuss“ würden die Probleme nicht gelöst, sondern verschoben. Gebraucht werde ein ganzheitliches Konzept. Wie das aussehen könnte, hat der Gewässer-Fachmann für die Besucher auf Stellwänden anschaulich dargestellt. „Aber so eine Lösung ist ja schon mal was“, beschwichtigt sein Mitstreiter Harald Kahl. Schließlich wolle man doch eine Lösung mit der Stadt und nicht gegen sie.
So oder so: Das Interesse der Wittener am Schicksal des Hammerteichs ist jedenfalls riesig. „Es läuft gut, zu gut“, sagt König mit Blick auf die großen Besucherströme am Sonntagnachmittag. Mit der Initiative habe man offenbar offene Türen eingerannt. Und die Bürger drängten darauf, dass sich bald etwas tut. „Ja, wir wollen, dass der Teich erhalten bleibt“, sagt etwa Thomas Stange, der am frühen Nachmittag mit der Familie gekommen ist. Mit diesem Besuch wolle er die Initiative unterstützen. „Jetzt kommt es darauf an, ein Konzept zu finden, das sich umsetzen lässt, und sich nicht in Planungsverfahren zu verwickeln.“
Ganz ähnlich argumentiert Christiane Dunker, die extra aus Bochum gekommen und ganz begeistert von der Arbeit der Initiative ist. Ihr Rat: Die Stadt sollte eher mit ihren Bürgern kommunizieren. „Denn darunter sind oft kluge Köpfe mit brauchbare Ideen.“