witten. . Der ungewöhnlicher Altar der Erlöserkirche findet viel Zuspruch der Gemeinde. Künstler Lechner ließ sich von Annens Industriegeschichte anregen.

  • Der ungewöhnlicher Altar in der Annener Erlöserkirche findet viel Zuspruch bei der Gemeinde
  • Künstler Peter Lechner hat sich beim Material von der Industriegeschichte Annens anregen lassen
  • Ein Werk von Lechner kennt fast jeder Wittener: den Berliner Platz aus den 70ern mit Schirmpilzen

Kunstvoll und doch bescheiden schlicht, aber mit ganz viel Stadtteilbezug: So ist der Altar von Peter Lechner in der Erlöserkirche in der Westfeldstraße.

„Annen war früher geprägt von der Stahl- und Glasindustrie. Es gab mindestens drei Glashütten hier. Deshalb habe ich genau die beiden Materialien für diesen Altar benutzt“, sagt der 77-jährige Bildhauer und Keramiker, der selbst aus der Ruhrstadt stammt. Ein Werk von Peter Lechner kennt wohl jeder Wittener: den Berliner Platz in der Innenstadt mit seinen markanten Schirmpilzen und schneckenförmigen Wasserspielen, den er Mitte der 1970er Jahre entwarf. 2011/12 wich diese dann der aktuellen, deutlich sachlicheren Bauvariante des Platzes im Herzen der City.

Klare Linien ergeben die Kreuzform

Das Spielerische jenes einstigen Lechner-Gesamtkunstwerks ist dem Altar in der evangelischen Kirche in Annen eher fremd. Es herrscht eine klare Linienführung vor. Schaut man von oben auf dieses Werk, so erkennt man sogar eine Kreuzform.

Will man überhaupt von Verspieltem sprechen, so sind es höchstens die grünschimmernden Glasbrocken zwischen den Scheiben im Altarsockel: „Solche Brocken entstehen, wenn man in einer Glashütte die Schmelzwanne erkalten lässt. Dann wird das Glas darin mit dem Presslufthammer rausgebrochen und es ergeben sich solche Zufallsformen“, erklärt der Künstler. „Und der rostige Stahl setzt dazu einen kräftigen Kontrapunkt.“

Spannende Kombination: Der rostige Stahl soll zu den grünschimmernden Glasbrocken zwischen den Scheiben im Altarsockel einen kräftigen Kontrapunkt bilden.
Spannende Kombination: Der rostige Stahl soll zu den grünschimmernden Glasbrocken zwischen den Scheiben im Altarsockel einen kräftigen Kontrapunkt bilden. © Jürgen Theobald

Auch das Lesepult für die Messen in der Erlöserkirche ist aus dieser Materialkombination. Dazu sollenzwei passende Stahl-Glas-Kerzenleuchter kommen. „Für die muss aber noch der Hut rumgehen“, sagt Pfarrer Claus Humbert augenzwinkernd. Für den Altar hatte Peter Lechner drei Modelle erstellt. Die Gemeinde stimmte dann ab, welcher in die renovierte Kirche kommen sollte. „Ich hatte einen Favoriten – das war der spätere Gewinner. Aber an der Entscheidung war ich nicht beteiligt, weil ich zu der Zeit zum Kontaktstudium in Israel war“, erinnert sich der Annener Geistliche. Bis auf eine Ausnahme seien die Reaktionen der Gemeindemitglieder positiv auf dieses ungewöhnliche Kunstwerk gewesen. „Ich hatte viel mehr Widerspruch erwartet. Die Kirche ist von 1874, der Altar ist von heute – so eine Kombination darf polarisieren“, findet Humbert.

Für den vielbeschäftigten Peter Lechner, der in Witten wohnt, aber sein Atelier in Essen hat, ist der Annener Altar längst nicht das erste sakrale Kunstwerk seiner langen Karriere: „Mein erster Auftrag als Bildhauer zwischen 1958/60 war für die Kirche in Dortmund-Hörde. Es handelte sich um eine 2,50 Meter große Christusfigur aus Keramik“, erinnert sich der 77-Jährige. Doch damit ist die Geschichte nicht abgeschlossen: „Als die Kirche vor einiger Zeit umgewidmet wurde, kam der Pastor der neuen Gemeinde zu mir und bat mich, die Figur zu überarbeiten. Sie hängt jetzt an der Friedhofskapelle in Hörde, nicht weit entfernt vom Phoenix-See.“

Altar entstand in sechs Wochen

Für den in sechswöchiger Arbeit entstandenen Altar der Erlöserkirche hatte der Künstler einen besonderen Auftrag: „Er sollte optisch nicht an die Raummitte gebunden sein.“ Denn die Sanierung der Kirche war verbunden mit einem neuen, „flexiblen Raumkonzept“, wie Humbert es nennt. Stühle sollten verschoben werden können, bei Feiern Tische rein, der Altar auch mal seitlich stehen. Der Pfarrer: „Deshalb sollte er ein erkennbares, markantes Element sein“. Das ist Peter Lechner zweifellos gelungen.