Witten. Die Ruhr in Witten zählt zu den riskanten Gewässern, warnt Vanessa Vogel (DLRG). Es gibt viele gefährliche Stellen, wie eine Auflistung zeigt.
Blauer Himmel und Sonnenschein, fast schon wieder knackige 30 Grad und das Wochenende in Sicht – da kommt der Wittener selbst im Spätsommer vielleicht noch einmal in Badelaune. Bei der DLRG, die mit fünf Stationen das Ruhrufer und den Stausee bewacht, läuten an solchen warmen Tagen allerdings schnell die Alarmglocken.
Denn das Baden in der Ruhr ist trotz des offiziellen städtischen Verbots längst oder immer noch ein weit verbreitetes Vergnügen. Vanessa Vogel von der DLRG will zwar keine Spaßverderberin sein, warnt aber eindringlich vor dem Schwimmen in der Ruhr.
Schon 40 Tote durch Ertrinken in NRW, an diese Zahl erinnert die 25-Jährige zum Ende eines Sommers, der abermals Hitzerekorde aufgestellt hat. Obwohl die Taucherstaffel der Wittener Feuerwehr kreisweit um die zehn Einsätze hatte, blieb es in Witten bislang ruhig – was mögliche Unfälle von Badenden oder Kanuten auf der Ruhr angeht. Die Gefahr ist und bleibt aber groß, warnt Vanessa Vogel von der DLRG. „Denn auch die Ruhr in Witten zählt zu den riskanten Gewässern.“ Für die WAZ hat sie einmal aufgelistet, welche Gefahren wo lauern.
Campingplatz Steger: Der Hauptstrom hat sich zum Ufer hin verlagert
Fangen wir ruhraufwärts in Höhe des Campingplatzes Steger an. Idylle pur mit RWE-Insel, Entchen im Wasser und Ruderbötchen, die im warmen Sommerwind schaukeln. „Hier hat sich der Hauptstrom verlagert, zwischen Ufer und RWE-Insel“, sagt Vanessa Vogel. Was deshalb gefährlich sei, weil es im Strom sehr viele Untiefen gebe. „Man kann fast überall stehen. Geht man dann aber einen Meter weiter, ist man plötzlich brusttief im Wasser. Das unterschätzen viele“, sagt die ausgebildete Rettungsschwimmerin.
Am Kraftwerk Hohenstein besteht Lebensgefahr
Selbst am Kraftwerk Hohenstein scheuten sich Menschen nicht, auf das Wehr und ins Wasser zu gehen. „Das ist lebensgefährlich, selbst wenn man sich auskennt“, sagt die junge DLRG-Sprecherin. „Wenn am Kraftwerk die Tore geöffnet oder verstellt werden, ändert sich im Bruchteil von Sekunden alles.“ Der Sog könne Schwimmer in die Tiefe reißen, durch die Strömung könnten sie abgetrieben werden.
Die beliebte Badestelle an der Uferstraße: Strömung nicht zu unterschätzen
Weiter flussabwärts gelangen wir in einem Seitenarm an der Uferstraße (Höhe Kanu-Club) zu einer der beliebtesten Badestellen an der Ruhr in Witten. Dort, wo auch die Wiederbelebung eines Naturfreibades diskutiert wird, wurden im Juli Knöllchen an Schwimmer verteilt. Diese Stelle sei im Verhältnis zu anderen Punkten an der Ruhr zwar weniger gefährlich, sagt Vogel. Doch auch dort würde sie keinem das Schwimmen empfehlen. „Viele Leute unterschätzen die Strömung.“ Und hier legt auch die Schwalbe an.
Beim Sprung von der Nachtigallbrücke weiß keiner, was auf dem Grund liegt
Noch weiter den Fluss runter folgt ein weiterer „Hotspot“ für Badende, die Nachtigallbrücke. Viele springen von dort ins Wasser. Vogel: „Wir müssen nicht darüber reden, wie gefährlich das ist.“ Niemand wisse, was dort womöglich auf dem Grund liegt, von Bauschutt bis zum geklauten Fahrrad. Vor „erhöhten Fließgeschwindigkeiten“ warnt die Verbandssprecherin gerade an den Brückenpfeilern. „Seitlich an der Brücke ist es relativ flach. Da gehen viele ins Wasser und einen Meter weiter ist es tief.“
Schleuse und Wehr in Heven: Strömung zieht Schwimmer in Richtung Überlauf
Wir kommen zur Schleuse und ans Wehr in Höhe des Königlichen Schleusenwärterhäuschens in Heven. Die Unterströmung am Wehr sei gefährlich, so Vogel. Wenn viel Wasser über den Überlauf fließe, könne man sich an den Steinen darunter verletzen. „Kurz vorher verstärkt sich die Strömung und man wird in Richtung Überlauf gezogen.“ Bei Hochwasser seien die Fließgeschwindigkeiten entsprechend stärker – wie sich die Geschwindigkeit auch in flachem Wasser erhöhe.
Lakebrücke Herbede: Das ruhige Wasser zwischen den Buhnen täuscht
Womit wir die Herbeder Lakebrücke mit ihren darunter liegenden Buhnen und dem scheinbar seichten Wasser erreicht hätten. Dort warnt Vanessa Vogel vor „oberflächlichen Wirbeln. „Man denkt, man sei geschützt, und fährt quasi Karussell.“
Fazit der jungen DLRG-Sprecherin, die seit gut zwei Wochen die Ostseestrände bewacht: „Die Leute überschätzen sich einfach und unterschätzen die Gefahren in der Ruhr.“ Nicht selten sei auch Alkohol im Spiel. Sie selbst war dabei, als im Sommer 2016 ein toter Flüchtling im Bereich Gedern geborgen wurde. Erst konnte er noch stehen, dann sei er von der Strömung erfasst worden. Vanessa Vogel: „Der junge Mann konnte nicht schwimmen.“