Witten. . Besuch im Wasserkraftwerk Hohenstein: 80 Gäste informierten sich über das historische Bauwerk. Die neue Fischtreppe interessierte am meisten.
Das bekommen nur wenige Wittener zu sehen: Drei massige, schwarze Turbinen rauschen in der Maschinenhalle. Eiserne Messuhren und glänzende Steuerräder lassen das Herz jedes Industrie-Romantikers höher schlagen. Einen Tag lang dürfen sich 80 Gäste nach Herzenslust im Wasserkraftwerk Hohenstein umschauen. Vor allem die neue Fischtreppe zieht viele Blicke auf sich – und wirft auch Fragen auf.
Juliane Eikel und Hans Otto Schmidt stehen noch vor dem Wasserkraftwerk. An den Stehtischen ringsum verteilen sich rund 25 Besucher. Sie haben sich zur ersten von drei Führungen angemeldet. Als kleinen Imbiss gibt es vorab – passend zur neuen Fischtreppe – salzige Lakritz-Heringe. „Wir gehen oft auf dem Hohenstein spazieren und schauen uns das Wasserkraftwerk von oben an“, sagt Juliane Eikel. „Deshalb wollten wir es jetzt mal von innen sehen.“
Keine Bachforelle in Sicht
Auch Hans Otto Schmidt treibt die Neugier zum historischen Bauwerk mitten in der Ruhr. Er ist auf die neue Fischtreppe gespannt. „Besonders Radfahrer haben ja mitbekommen, dass hier etwas gebaut wird.“ Stimmt. Damit die großen Baustellenfahrzeuge den Weg zum Wasserkraftwerk erreichen konnten, musste ein Teil des Ruhrtalradwegs gesperrt werden. Seit zwei Wochen können Radler aufatmen. Der Radverkehr fließt wieder.
Eine Besucher-Gruppe beugt sich über die Steinmauer hinunter zur Fischtreppe. Die Treppe schlängelt sich vom oberen Teil der Ruhr zum unteren. Barben oder Bachforellen sind im trüben Wasser nicht zu erkennen. Aber weshalb brauchen die Fische überhaupt einen eigenen „Durchgang“? „Im Fluss ist alles in Bewegung“, sagt Stefan Jäger von der Ruhrfischerei-Genossenschaft. Fische schwimmen stromauf- und abwärts, um zum Beispiel gute Orte zum Fortpflanzen zu finden. Der Bau der Fischtreppe war eine zwingende Vorgabe des Landes.
Der Aal ist ein sensibles Tier
Stromversorger Innogy ging noch einen Schritt weiter und baute zusätzlich ein Rohr für Aale. Auch sie kommen auf ihrem weiten Weg vom Atlantik bis zu den europäischen Küsten häufiger mal am Wasserkraftwerk vorbei. Weil der Aal ein sensibles Tier ist, schwimmt er bei Hindernissen dicht am Flussboden entlang. Deshalb könnte er die Fischtreppe verpassen, würde nicht auf dem Grund der Ruhr das Aalrohr warten.
Unter die Besuchern haben sich auch einige Angler gemischt. „An sich ist die Treppe sehr gut durchdacht. Aber ich möchte natürlich auch wissen, ob sie funktioniert“, sagt Manfred Lübben. Er ist Mitglied im Sportfischerverein Witten. Eine andere Besucherin interessiert, ob die Fische denn überhaupt den Eingang zur Treppe finden. Um dies herauszufinden, müsste gemessen werden, wie viele der Fische es über die Treppe schaffen. Doch so eine sogenannte Funktionsprüfung ist noch nicht geplant.
Manfred Lübben möchte trotzdem etwas für die Fische in der Ruhr tun. Er will Schilder aufstellen, die das Angeln im Bereich der Fischtreppe verbieten sollen. Denn wenn Schleie und Döbel noch überlegen, ob sie die Treppe nehmen oder doch lieber auf den „Fahrstuhl“ warten sollen, haben Angler leichtes Spiel.
>>> FISCHTREPPE KOSTETE ZWEI MILLIONEN EURO
Die Fischtreppe wurde in 8300 Arbeitsstunden errichtet und kostete Innogy zwei Millionen Euro. 10.000 Tonnen Boden und 1100 Tonnen Stahlbeton wurden bewegt.
Döbel, Schleie und Brasse müssen am Wasserkraftwerk eine Höhe von 4,6 Metern überwinden. Auf einer Strecke von 127 Metern durchschwimmen sie insgesamt 37 kleinere Becken.