Witten. Was von der „Sozialen Stadt Annen“ übrig blieb: Fünf Jahre nach Ende des Wittener Projekts wirkt manches positiv nach. Doch es gibt auch Kritik.

Auf die „Soziale Stadt Annen“ folgt gerade die „Soziale Stadt Heven-Ost/Crengeldanz“. Doch was bleibt eigentlich auf Dauer von solch großen Förderprogrammen? Vor knapp fünf Jahren wurde das Projekt in Annen beendet. Über seine Nachhaltigkeit gehen die Meinungen auseinander. Was die meisten noch heute positiv bewerten: den Park der Generationen und die Aufwertung des Rheinischen Esels.

Der Park der Generationen: Hier können die Annener spazieren gehen, Boule spielen oder auf dem Spielplatz toben.
Der Park der Generationen: Hier können die Annener spazieren gehen, Boule spielen oder auf dem Spielplatz toben. © FUNKE Foto Services | Foto: Jürgen Theobald

Der Fahrradweg am Rheinischen Esel ist super. Wir haben da schon viele Radtouren bis Dortmund gemacht“, sagt Sabrina Brück, die gerade auf dem Weg zum Zug ist und dabei den Park der Generationen durchquert.

„Für größere Kinder fehlt hier was“

Was aus dem ehemaligen Bolzplatz an der Hamburgstraße geworden ist, gefällt der 47-jährigen Annenerin ganz gut. Zumindest, was das Angebot für kleinere Kinder betrifft. Doch ihr Sohn Lucas ist inzwischen 13. „Und ihm fehlt hier was Passendes“, sagt die Mama – und denkt zum Beispiel an eine Skaterbahn. „Die Fläche wäre dafür ja groß genug.“

Immerhin weiß sie mit dem Begriff „Soziale Stadt Annen“ etwas anzufangen. So mancher Bürger zuckt, darauf angesprochen, mit den Schultern. Etwa der Mann, der gerade die Kippen aus einem der kargen Baumbeete an der Annenstraße fegt. Auch Günna (42) vom dort ansässigen Tattoo-Studio muss überlegen.

Parksituation an der Annenstraße ist „nicht sozial“

Gar nicht sozial findet er jedenfalls die Parksituation an der neu gestalteten Annenstraße: Nur ganz am Anfang und am Ende verweisen Schilder darauf, dass Parkscheiben ausgelegt werden müssen. Zwischendurch: nichts. „Meine Kunden zahlen hier regelmäßig 15 Euro für ein Knöllchen“, sagt Günna und findet, das sei Abzocke.

Die Annenstraße: Günna betreibt ein Tattoostudio auf der „Meile“. Annen liebt er, die Annenstraße aber weniger.
Die Annenstraße: Günna betreibt ein Tattoostudio auf der „Meile“. Annen liebt er, die Annenstraße aber weniger. © FUNKE Foto Services | Foto: Jürgen Theobald

Auch die erdig braunen Flächen, auf denen nichts wächst außer jeweils einem Baum, seien nicht schön. „Da darf man aber auch nicht einfach Blumen drauf pflanzen oder Kübel drauf stellen“, hätte er von Anwohnern gegenüber gehört.

Annenstraße: von hübsch bis trostlos

Doch sonst lässt Günna nichts auf den Stadtteil kommen: „Ich liebe mein Annen, bin hier groß geworden.“ Und der Rheinische Esel sei – natürlich – super.

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Ulrike (68) und Doris (77) sitzen gerade auf einer Bank und warten auf den Bus. Die Beete finden auch sie „trostlos“, den Rest aber „hübsch“.

„Bürgersteige verfärben sich im Herbst“

Kritik am Aussehen der Annenstraße übt Stefan Grafe von der hiesigen Gemeinschaft Gewerbetreibender. Dass daraus mal laut Konzept ein „Boulevard“ werden sollte, „das entbehrt jeglicher Realität“. Auch die verwendeten Materialien seien nicht ideal: „Die Bürgersteige verfärben sich im Herbst durch das herabfallende Laub.“ Ansonsten bewertet er die Außenwirkung verschiedener Projekte wie Generationenpark oder die Renaturierung des Steinbachtals positiv.

Der Rheinische Esel: Die ehemalige Bahntrasse wurde im Rahmen des Projektes Soziale Stadt Annen aufgewertet. Hier kann man schön Rad fahren und spazieren gehen.
Der Rheinische Esel: Die ehemalige Bahntrasse wurde im Rahmen des Projektes Soziale Stadt Annen aufgewertet. Hier kann man schön Rad fahren und spazieren gehen. © FUNKE Foto Services | Foto: Jürgen Theobald

Zu schaffen macht Grafe jedoch das Aus des Vereins „Annen gestalten“ vor zwei Jahren. Dieser ist aus dem Bürgergremium entstanden, in dem Annener bei der Gestaltung ihres Quartiers mitgewirkt haben. „Damals hatten wir einen festen Treffpunkt im Stadtteilbüro und feste Ansprechpartner. Da wurde hervorragende Arbeit geleistet.“

Vereinsmitglieder fühlten sich „alleingelassen“

Doch kurz nach der Gründung des Vereins hätten sich die Beteiligten „alleingelassen“ gefühlt. Das Engagement sei mangels Zeit sehr mühselig geworden und schließlich sei der Verein „auseinandergebröckelt“. Viele hätten sich stattdessen auch lieber für Flüchtlinge eingesetzt, was er durchaus verstehe.

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Was dagegen funktioniert: zum Beispiel die Kooperation zwischen Kitas. „Wir tauschen uns regelmäßig mit dem Ev. Familienzentrum Märkische Straße aus“, sagt Sandra Brück-Peters, Leiterin der Kita Erlenschule. Allerdings sei das auch schon vor Projektbeginn der Fall gewesen. Gemeinsam würden Sportfeste vorbereitet oder jetzt auch das Annenstraßenfest – Letzteres sei inzwischen zu einem festen Bestandteil der alljährlichen Frühlingskirmes geworden. Daran seien natürlich noch viel mehr Initiativen und Einrichtungen aus dem Quartier beteiligt. Auch da habe das Projekt Soziale Stadt auf jeden Fall „Früchte getragen“.