Witten. . Ein Angeklagter soll seine Wohnung in einem Haus in Witten-Rüdinghausen in Brand gesteckt haben. Der 56-Jährige war hoch verschuldet.

Besonders schwere Brandstiftung wirft die Staatsanwaltschaft einem 56-jährigen Wittener vor, der seit Montag die Anklagebank vor dem Landgericht Bochum drückt. Der Mann soll am 4. Juli 2017 seine Wohnung in einem Vier-Familienhaus an der Brunebecker Straße in Rüdinghausen in Brand gesteckt haben.

Das Feuer zerstörte den kompletten Dachstuhl und drohte aufs Nachbarhaus überzugreifen. Der Bewohner selbst rettete sich durch einen Sprung vom Balkon auf eine darunterliegende Garage, erlitt aber schwere Verletzungen.

Die Feuerwehr löschte den Brand in einer Dachgeschosswohnung in Rüdinghausen.
Die Feuerwehr löschte den Brand in einer Dachgeschosswohnung in Rüdinghausen. © Olaf Ziegler

Die Staatsanwältin geht davon aus, dass der Mann die Tat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit beging. Gutachtern zufolge leidet der Angeklagte unter einer chronischen schweren Persönlichkeitsstörung und sei eine Gefahr für die Allgemeinheit. Seit einer Woche nach der Brandkatastrophe ist der Angeklagte in einer Klinik untergebracht.

Er wolle sich zum Hergang äußern, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Die Eigentumswohnung in dem Haus, an dem er selbst mitgebaut hatte, bewohnt der frühere Opel-Mitarbeiter seit 28 Jahren. Es gab allerdings Streit mit den übrigen Miteigentümern und Ärger um zwei Unfälle des Mannes. Der Angeklagte, der von Arbeitslosengeld lebt, hatte allein bei einem Gläubiger 45 000 Euro Schulden – somit drohte ihm, die Wohnung zu verlieren.

Am Tag des Brandes Gerichtsprozess verloren

Am Tag des Brandes verlor der Mann zudem einen Berufungsprozess vor dem Oberlandesgericht Hamm, bei dem es um einen Unfall zwischen ihm als Fußgänger und einem Radfahrer ging. Auch daraus drohten ihm weitere finanzielle Forderungen. „Ich war völlig neben der Spur“, erinnerte sich der Wittener. Gegen 14 Uhr wollte er in seiner Wohnung den Kamin anmachen. „Das Kaminfeuer beruhigt mich immer“, erklärte der 56-Jährige den Richtern.

Er habe Bioethanol aus einem von drei 10-Liter-Kanistern in Flaschen gefüllt, um den Kamin zu befeuern. „Dann ging auf einmal alles ganz schnell“, schilderte er. Es habe eine Verpuffung gegeben und plötzlich stand alles in Flammen. Er habe noch vergeblich versucht, den Brand zu löschen. Der Weg nach unten sei bereits versperrt gewesen, deshalb sei er die Treppe herauf ins Dachgeschoss geflüchtet. Hier flüchtete er über einen Balkon.

Am 11.7.2017 sicherten das THW und die Feuerwehr das Haus, damit die Brandsachverständigen von Kriminalpolizei und Feuerwehr den Brand untersuchen können.
Am 11.7.2017 sicherten das THW und die Feuerwehr das Haus, damit die Brandsachverständigen von Kriminalpolizei und Feuerwehr den Brand untersuchen können. © Jürgen Theobald (theo)

Das Gericht ließ sich den Hergang genau schildern. Vermutlich habe er den großen Kanister nicht zugeschraubt. „Das weiß ich nicht mehr. Vielleicht habe ich auch Bioethanol verschüttet“, sagte der Angeklagte. An den genauen Hergang habe er keine Erinnerung. „Da habe ich einen Blackout“, meinte der Mann mehrfach. Einem ärztlichen Gutachter soll der Angeklagte später erzählt haben, er habe Ethanol auch auf der Treppe ausgeschüttet. Dem Arzt beichtete der Mann auch, dass er sich seinerzeit habe umbringen wollen. In der Verhandlung wollte er dazu nichts sagen.

Suizidgedanken geäußert

Eine 39-jährige Polizeibeamtin schilderte als Zeugin, das Haus sei nach dem Großbrand einsturzgefährdet gewesen. Der Angeklagte war nach dem Brand ins Knappschaftskrankenhaus transportiert worden, wo er auf der Intensivstation lag. „Mit der Polizei wollte der Mann nicht sprechen“, erinnerte sich die Zeugin. Allerdings soll er auch im Krankenhaus Suizidgedanken geäußert haben.

Der Brand habe sich seinerzeit sehr schnell ausgedehnt, weil an mehr als zehn Stellen Brandbeschleuniger verwendet worden sei, ermittelte ein Brandsachverständiger. Der Prozess wird am 4. Januar 2018 fortgesetzt.

Hilfe bei Depressionen und Suizid-Gedanken

  • Wir berichten in der Regel nicht über Suizide, um keinen Anreiz für Nachahmung zu geben – außer, Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit.
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