Witten. . 19-Jähriger steht vor Gericht, weil er seinen Vater mit einem Messer schwer verletzte. Dieser soll gedroht haben, die ältere Schwester zu töten.
Ein heftiger Familienstreit beschäftigt weiter die 8. Strafkammer des Landgerichts Bochum. Vor der Jugendkammer muss sich ein 19-jähriger Wittener verantworten. Er soll als Heranwachsender seinem Vater am 3. April 2017 auf offener Straße mit einem Messer in den Bauch gestochen haben. Der schwer verletzte Mann überlebte die Tat nach einer Notoperation. Die Staatsanwaltschaft wirft dem geständigen Angeklagten gefährliche Körperverletzung vor.
Ständiger Streit zwischen Vater und ältester Schwester
Der gebürtige Syrer lebte damals mit seinen drei Schwestern und seinem Vater in einer Wohnung auf der Schlachthofstraße. Es habe ständig Streit zwischen seiner ältesten Schwester und dem Vater gegeben, erläuterte der Angeklagte. Er habe ab und zu Ohrfeigen und auch Faustschläge verteilt.
Zuletzt war die Polizei wegen häuslicher Gewalt im Februar 2017 vor Ort gewesen, auch das Jugendamt wurde damals eingeschaltet. Am Tattag wollten der Mann und seine ältere Schwester die Wohnung verlassen und zu Freunden flüchten, doch ihre beiden jüngsten Schwestern, die sie mitnehmen wollten, waren mit dem Vater unterwegs.
Angeklagter packte "zur Sicherheit" ein Messer ein
Der 19-Jährige packte und nahm ein Küchenmesser mit – „zur Sicherheit“, wie er erklärte. Zuvor hätten sie mehrfach die Polizei angerufen, aber es sei kein Streifenwagen gekommen. Der Vater habe telefonisch angekündigt, er werde seine Tochter umbringen und ihr den Kopf eintreten.
Kaum waren die beiden gegen 20 Uhr aus der Haustür getreten, kehrte gerade der Vater zurück. „Er ging sofort mit Fäusten auf meine Schwester los und würgte sie. So wütend habe ich ihn noch nie erlebt“, berichtete der Angeklagte den Richtern.
Vom Messerstich will der Angeklagte nichts bemerkt haben
Er habe hinter seinem Vater gestanden und habe versucht, ihn zu umklammern und wegzuziehen. Dabei habe er seinen Vater unabsichtlich mit dem Messer getroffen. „Plötzlich wehrte er sich nicht mehr und rief, er habe Schmerzen“, schilderte der Mann. Von dem Messerstich habe er selbst gar nichts bemerkt, erst, als er das Messer herauszog.
Der lebensgefährlich Verletzte stolperte zu einer nahen Bank und legte sich in ein Blumenbeet. Die Schwester versuchte, die Blutung zu stoppen und rief einen Krankenwagen. Dann traf auch die Polizei endlich ein.
"Du tust uns nicht mehr weh."
Der Angeklagte erklärte, er habe gedacht, dass sein Vater stirbt. „Du tust uns nicht mehr weh, sagte ich zu ihm“, erinnerte er sich vor Gericht. Im Krankenhaus wurde der Schwerverletzte gerettet.
Zwei Wochen später kehrte der Vater in die Wohnung zurück. „Er hatte versprochen, sich zu ändern. Er war wirklich ruhiger und alles war in Ordnung. Er schlägt uns nicht mehr“, erläuterte der 19-Jährige am Dienstag (12. 12.). Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.