Bochum. 528 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine gehen derzeit in Bochum zu Schule. An vielen Stellen läuft es gut, doch es gibt Herausforderungen.
Daniil (13) und Artyom (14) blicken auf das Arbeitsblatt, das auf dem braunen Holztischtisch vor ihnen liegt. Im Deutschunterricht lesen die beiden Jungs ein Buch, müssen dazu nun Fragen beantworten. Beide besuchen seit einiger Zeit die Märkische Schule in Wattenscheid. Sie kommen aus der Ukraine, ebenso wie 526 andere Schülerinnen und Schüler, die mittlerweile ein Zuhause in Bochum gefunden haben.
Vor etwa einem Jahr, kurz nach Beginn des Krieges, haben erstmals geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in den Bochumer Klassen Platz genommen. Auf die Märkische Schule gehen mittlerweile 23, verteilt auf vier Lerngruppen.
Ukrainische Kinder und Jugendliche an Bochumer Schulen: So läuft der Unterricht
In drei davon – Alphabetisierungsklasse, Anfänger und Fortgeschrittene – haben sie zehn bis zwölf Stunden pro Woche Deutschunterricht, aktuell sogar etwas mehr. Den Rest der Zeit besuchen sie Regelklassen mit Mitschülerinnen und Mitschülern in ihrem Alter. Seit Anfang dieses Jahres gibt es außerdem eine neue Willkommensklasse.
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In dieser steht ebenfalls der Deutschunterricht im Vordergrund, zwischendurch wird Kunst, Sport und auch mal Mathe unterrichtet. „Das Ziel ist es, die Kinder fit für die Regelklasse zu machen“, so Klassenlehrer Steffen Kern. Die elf Schülerinnen und Schüler kommen aus der Ukraine, aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und Bulgarien. In Raum 151 begrüßt Steffen Kern sie regelmäßig, die erste Stunde beginnt meist mit derselben Frage: „Wie geht es dir?“ „Routinen sind total wichtig für die Schülerinnen und Schüler“, sagt Kern.
Der 60-Jährige ist seit etwa anderthalb Jahren an der Märkischen Schule. Als zusätzliche Kraft war es zuerst seine Aufgabe, Corona-Rückstände aufzuholen. Mittlerweile ist er Klassenlehrer der Willkommensklasse, zusammen mit Lehrerin Dilara Tsaous.
Diese sitzt beim Besuch an der Märkischen Schule am Dienstag zusammen mit Schüler Yehor (10) an einem Tisch, die beiden spielen Memory. „So soll spielerisch der Wortschatz erweitert werden“, erklärt Tsaous. Auf den Karten sind Tiere zu sehen, darunter steht in deutscher Sprache der jeweilige Name, der vorgelesen wird.
528 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen eine Bochumer Schule
Für die Zuteilung der Kinder und Jugendlichen auf die Schulen in Bochum ist das Kommunale Integrationszentrum (KI) im Auftrag der Schulaufsicht zuständig. Demnach besuchen – Stand 15. März – 528 zugewanderte Ukrainerinnen und Ukrainer eine Schule im Stadtgebiet. 197 gehen auf eine Grund-, 277 auf eine weiterführende Schule und 54 auf ein Weiterbildungs- oder Berufskolleg.
Vier Ukrainerinnen und Ukrainer warten derzeit auf einen Platz. „Bis das Vermittlungsverfahren abgeschlossen ist, dauert es durchschnittlich zwei bis drei Wochen“, so Peter van Dyk, Sprecher der Stadt Bochum.
So werden die Schulen unterstützt
„Die Geflüchteten in Bochum aufzunehmen, ist für alle eine Herausforderung, der die Bochumer Schulen, die Schulaufsicht und die Stadtverwaltung durch sehr enge und gute Zusammenarbeit begegnen“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk.
In den Schulen erhalten die Kinder und Jugendlichen entsprechende Förderungen, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und sich in den Schulalltag zu integrieren. Zudem gibt es an den Schulen weitere Unterstützungsangebote wie z. B. Elterncafés oder das Programm „Rucksack Schule“ für Grundschulen. Hierbei geht es um migrationssensible und diversitätsbewusste Unterrichts- und Schulentwicklung, aber auch die Unterstützung der einzelnen Familien.
Schulen können darüber hinaus Integrationsstellen als zusätzliche Ressource beantragen. Die Anzahl der aufgenommenen Kinder generiert dabei den Umfang der Stelle.
Die Schulen in Bochum sind mittlerweile schon erprobt, was die Aufnahme von Flüchtlingskindern angeht. Bereits als 2015 die Menschen aus Syrien kamen, wurden Vorbereitungsklassen eingerichtet und seitdem nicht komplett geschlossen. „Die Klassen haben wir vor einem Jahr wieder aufgestockt“, erklärt Kerstin Guse-Becker, Leiterin der Märkischen Schule.
Flüchtlinge wurden an den Schulen herzliche empfangen
Zur Begrüßung haben die Kinder damals einen Tornister bekommen und wurden mit Schulsachen ausgestattet. Nun, etwa ein Jahr nach Kriegsbeginn, sagt die Schulleiterin: „Es läuft ganz gut, auch wenn es natürlich immer Herausforderungen gibt.“
Die Altersspanne in der Willkommensklasse beispielsweise liegt zwischen elf und 17 Jahren, es gibt unterschiedliche Muttersprachen, manch eine oder einer kann gar nicht schreiben. Hier helfen oftmals technische Hilfsmittel wie Übersetzungsapps, Kinder, die schon besser Deutsch sprechen, fungieren als Dolmetscher.
Zwei Jahre dürfen die Schülerinnen und Schüler in den Vorbereitungsklassen bleiben. Dann wird entschieden, wie es weitergeht. Oftmals steht ein Schulwechsel bevor, weil das Gymnasium nicht die richtige Schulform ist, um einen Schulabschluss zu erreichen.
Herausforderungen wie diese wird es für das Märkische Gymnasium genauso wie für die anderen Schulen in Bochum auch in der Zukunft geben. Dessen ist man sich bewusst, trotzdem macht Schulleiterin Kerstin Guse-Becker auch klar: „Wir sind wirklich stolz.“ Auf das, was die Schulgemeinde in den vergangenen Jahren geleistet hat, genauso wie auf Leistungen von Schülerinnen und Schülern.