Wattenscheid-Westenfeld. Auf dem evangelischen Friedhof in Bochum-Westenfeld können Gräber mit Revier-Symbolen gestaltet werden. Ein “Wattenscheid-Grab“ gibt's auch.

Es fließt einiges zusammen an einem besonderen Ort und einem besonderen Tag. Auf dem evangelischen Friedhof an der Westenfelder Straße in Bochum-Wattenscheid ist gerade ein extra gestaltetes Grab als Muster gestaltet, dem "Ort der Hoffnung", wie er als einziger im Ruhrgebiet seit der Kampagne der Landeskirche heißt. Zum Tag des Gedenkens an die Verstorbenen der Corona-Pandemie am Sonntag, 18. April, sind Grablichter in hoffnungsvollem, lebendigem Purpur vor den Steinen kurz hinter dem Eingang zu sehen. Sie tragen ungewöhnliche Symbole, reviertypische.

"Wattenscheider Grab": Ökologisch wertvoll und mit viel Lokalkolorit

Wer will, kann sich das "Wattenscheider Grab" sichern. Die Stelen aus heimischen Steinbrüchen gestaltet der Gelsenkirchener Steinmetz und Bildhauer Martin Künne. Möglich sind etwa ein Förderturm oder Schlägel und Eisen, außerdem natürlich ein Kreuz, eine Rose, ein Segelboot, auf Eifelsandstein, Anröchter Dolomit aus Südwestfalen oder Grauwacke aus dem Bergischen Land.

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Der Zielsetzung auf der Anlage folgend, erläutert Friedhofsleiter Holger Sense, ausgewiesener Gärtner: "Die ausgewählten Grabstätten für Erdbestattungen werden per Pflegevertrag für 25 Jahre attraktiv, ökologisch und insektenfreundlich gestaltet," und zeigt auf den Thymian auf dem Mustergrab. Er scheut sich nicht, auch die Kosten zu nennen, die für Angehörige in der schwierigen Zeit, einem Trauerfall, häufig äußerst belastend sind: 3047 Euro, und zählt die Argumente auf. "Pflegefrei, nachhaltig, regelrecht fair gehandelt und wohl die letzte Heimat für einen wertvollen Menschen," alles zu bedenken, und auf ein Vierteljahrhundert gerechnet.

Denn häufig können Angehörige sich nicht um die Pflege kümmern, weil sie weit weg wohnen. Die Wahl der Ornamente bietet dann noch die Möglichkeit, Identität zu stiften. Anonyme Bestattungen werden ohnehin nicht gewünscht und bietet der Westenfelder Friedhof nicht.

Mitten im Leben der Revierstadt

"Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen," fällt Daniel Schwarzmann, dem neuen Pastor im evangelischen Wattenscheider Seelsorgeteam, spontan ein, das Luther zugesprochen wird. Vom Westenfelder Friedhof zeigt er sich mehr als angetan nach gerade einem Monat im Dienst vor Ort. Deshalb sorgt das Zitat bei ihm auch gleich für ein Lächeln bei seinem Rundumblick.

Denn hier, im Schatten der Autobahn-Lärmschutzmauer, dem Berufskolleg gegenüber an der vielbefahrenen Westenfelder Straße am City-Rand und der nahen Kindertagesstätte, passt das auf außergewöhnliche Art. Bienenstöcke stehen neben den nicht belegten Flecken auf dem Friedhof, auf denen Wildblumen wachsen, ein Eichelhäher krächzt, was das Eichhörnchen aber nicht stört. Es hockt auf einer Kastanie, die zur Sicherheit bis auf den Stamm gestutzt wurde. "Ein Habitat-Baum", unterstreicht Holger Sense, der auch absterbend, ohne Zweige und Blätter, seinen Sinn bringt und voller Leben ist. Die Spechthöhle beweist es.

Lebensraum für Tiere und seltene Pflanzen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz, BUND, ist in Westenfeld ideeller Kooperationspartner. Dr. Armin Jagel von der Bochumer Ortsgruppe ist von der Fülle auf dem Friedhof kürzlich ganz besonders überrascht worden. Denn erstmals in ganz NRW hat er auf einer Rasenfläche den "Zierlichen Hornklee" entdeckt, außerdem das "Niederliegende Johanniskraut", das mittlerweile im Westfälischen Flachland als gefährdet (Kategorie 3) auf der Roten Liste der Gefährdeten Arten im Lande steht.

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Nachschlagen musste Sense, welcher ungewöhnliche Käfer im hier schon begegnete, und auf dessen Vorkommen den er ebenso stolz sein kann: "Der Trauer-Rosenkäfer", sagt er schmunzelnd.

Info: Gedenktag für Corona-Opfer

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben beim Gedenktag am Sonntag unterstrichen: "Aber nicht nur derjenigen, die an Corona gestorben sind, gedenken wir. Viele andere, ohne mit dem Virus infiziert zu sein, waren unter den Bedingungen der Pandemie allein; sind ohne Beistand und Abschied verstorben."

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In der evangelischen Gemeinde Wattenscheid wird überlegt, auf dem Friedhof in Westenfeld nachträglich einen Gottesdienst für Angehörige anzubieten, die durch die Kontaktbeschränkungen keine oder nur geringe Möglichkeit zur Trauer und zum Abschied nehmen hatten.