Bochum-Wattenscheid. Der Straßenbau schmeckt den Anwohnern der Ludwig-Steil-Straße überhaupt nicht. Ihre Kritik-Liste ist lang. Die Stadt Bochum räumt Fehler ein.

„Hier wird voll an der Realität vorbei geplant“, schimpft Thomas Moy de Abreu. Er steht zusammen mit einigen Nachbarn an seiner Anfahrt an der Ludwig-Steil-Straße in Bochum-Wattenscheid. Diese wird nach der Kanalerneuerung gerade rundum erneuert. Und erst jetzt, wo die Gehwege, Parkbuchten und Baumscheiben frisch angelegt sind, sehen die Anwohner, wie die Straße am Ende aussehen wird. Und das gefällt ihnen gar nicht.

„Viel zu eng“: Anwohner kritisieren Stadt Bochum für Straßenbau in Wattenscheid

Pläne hatte ihnen zuvor niemand gezeigt, beklagen sie. „Es fand auch keine Informationsveranstaltung statt, in der man eigene Ideen und Anregungen hätte einbringen können“, sagt Maike Jahn-Tripp. Alles sei viel zu eng geplant, kritisieren die Anwohner. „Bei dem Durchgangsverkehr hier gibt es das reinste Chaos“, prophezeit eine Frau.

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Einen Vorgeschmack gibt es schon während des Ortstermins. Zwei Autos begegnen sich auf der Ludwig-Steil-Straße. Ein Ausweichen ist wegen der neuangelegten Parkreihe nicht möglich. Also muss ein Fahrzeug zurücksetzen. „Und das wird noch schlimmer, wenn auch wieder die Lkw diese Straße als Abkürzung nehmen“, schwant Petra Kleikamp nichts Gutes. Sie hofft, dass die Ludwig-Steil-Straße zur Einbahnstraße wird. „Das wäre nur logisch.“

Ärger um Zufahrt zu den Häusern

Auf der Parallelstraße sei das besser gelöst, findet Kleikamp. „Da sind die Parkstreifen nicht gepflastert, sondern aufgemalt worden. Versetzt, so dass man Slalom fahren kann.“ Hier auf der Ludwig-Steil-Straße sei es jetzt viel zu eng. „Dafür wurden die Gehwege verbreitert. Völlig unnötig“, schimpft ein Nachbar, der nicht genannt werden möchte. Auch würden durch die baulichen Veränderungen nun viele Parkplätze wegfallen.

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Thomas Moy de Abreu hat einen direkt am Haus. Nur fürchtet er, kaum noch in die Einfahrt zu kommen. Auf der Fahrbahn direkt gegenüber hat man eine Baumscheibe hingesetzt. „Laut Stadt sollen von meiner Grundstücksgrenze bis dort sechs Meter Platz sein. Doch in Wirklichkeit ist es vielleicht die Hälfte.“ Und tatsächlich: Auch ohne Zollstock ist sofort zu sehen, dass die Maße auf dem Bauplan nicht stimmen können.

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Die Stadt Bochum reagiert unmittelbar auf die Bürgerbeschwerden aus Wattenscheid und räumt auch durchaus Fehler ein. Zum Beispiel im Hinblick auf fehlende Anwohnerinformationen. Eine Informationsveranstaltung sei wegen Corona nicht möglich gewesen, sagt Christoph Matten vom Tiefbauamt. Dann sei auch ein zuständiger Mitarbeiter krank geworden, wodurch das Verschicken von Bauplänen und Informationen im Vorfeld nicht passiert sei. „Das ist leider untergegangen.“

Stadt Bochum will bauliche Fehler korrigieren

Bauliche Fehler werde man natürlich korrigieren, verspricht Christoph Matten. Dies könnte bei der besagten Einfahrt in Betracht kommen. „Dort waren ursprünglich sechs Meter Platz zum Ein- und Ausfahren eingeplant. Wir werden das noch einmal prüfen.“

Ansonsten sei alles so gebaut worden, wie es zuvor im August 2020 in der Bezirksvertretung Wattenscheid beschlossen wurde, betont Christoph Matten. Dort sei über die Baumaßnahme intensiv diskutiert worden. „Am Ende war man sich einig, die Durchbindung über die Ludwig-Steil-Straße aufrecht erhalten zu wollen.“ Ursprünglich sei allerdings eine Durchfahrsperre angedacht gewesen, verrät Matten.

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In Sachen Einbahnstraße ist die Verwaltung eher zurückhaltend, gerade in Wohnstraßen wie dieser. „Diese Regelung verleitet dazu, schneller zu fahren.“ Ohnehin sei bei dem Straßenneubau vor allem daran gedacht worden, den Verkehr zu beruhigen. „Deshalb ist der Ausbau auch in der Tat nicht opulent“, erklärt Matten. „Diese Enge sorgt für wenig Geschwindigkeit.“

Anwohner werden zur Kasse gebeten

Die Anwohner der Ludwig-Steil-Straße ärgert auch, dass sie nicht darüber informiert wurden, wie viel sie für den Straßenausbau bezahlen müssen. Das könne auch erst nach der Endabrechnung genau gesagt werden, teilt Christoph Matten vom Tiefbauamt mit. Fest stehe, dass je 60 Prozent der Kosten für Fahrbahn und Gehweg auf die Anlieger umgelegt werden. „Davon übernimmt das Land aber noch jeweils 50 Prozent.“

Insgesamt kostet die Baumaßnahme rund 650.000 Euro. In dieser Summe ist aber auch der zweite Abschnitt enthalten, für den keine Anwohnergebühren anfallen. „Es wird am Ende für jeden Eigentümer eine genau aufgeschlüsselte Rechnung vorliegen“, verspricht Matten.

Wer nicht so lange warten und schon einmal eine ungefähre Summe erfahren möchte, möge sich an die Erschließungsbetragsstelle wenden: tiefbauamt@bochum.de (in die Betreffzeile das Anliegen notieren).

Neues Ziel der Verwaltung sei es, dem motorisierten Verkehr nur noch das notwendige Maß an Platz zur Verfügung zu stellen und dafür lieber den Fußgängern mehr Raum zu geben. „Wir versuchen dies mit Augenmaß umzusetzen“, sagt Christoph Matten. Von daher glaubt er auch nicht, das künftig noch viel Schwerlastverkehr über die Ludwig-Steil-Straße fahren wird. „Dafür wird sie ja eigens unattraktiv gestaltet.“

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Wegen der Bäume gebe es künftig sicher ein paar Parkplätze weniger, räumt Christoph Matten ein. Es seien aber nicht so viele, wie es den Anwohnern vielleicht vorkomme. „Denn vorher wurde in einigen Bereichen der Ludwig-Steil-Straße auch unerlaubt geparkt.“

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Eine gute Nachricht zum Schluss: Die Bauarbeiten werden früher abgeschlossen sein als geplant. Matten: „Wir werden wohl Ende Juli fertig. Geplant war September.“ Insgesamt hat die Baumaßnahme dann rund zwei Jahre gedauert. Zuvor war die Straße allerdings schon wegen Kanaleinbrüchen und einem Tagesbruch seit Oktober 2017 gesperrt.