Westenfeld. Auf dem Friedhof in Westenfeld entstehen gezielt Räume für die Natur. Neue Bestattungsformen verändern zusätzlich das Gesamtbild der Anlage.

Die Zahl seiner neuen Mitarbeiterinnen kann Holger Sense nur grob schätzen: „Bestimmt 100.000.“ Und die brauchen nicht einmal zusätzlichen Platz, diese „besonders friedfertigen Bienen“ sind mit einigen speziellen Ecken auf dem evangelischen Friedhof an der Westenfelder Straße schon ganz zufrieden. Sense als Verwalter der Anlage und Frank Menzel vom Imkerverein Wattenscheid arbeiten intensiv an den Veränderungen, auf besondere Art. Denn beide sind auch Gärtnermeister.

Zeit, die gewinnt hier einen eigenen Stellenwert. Das Konzept „Ort der Hoffnung“ für zahlreiche evangelische Anlagen in Nordrhein-Westfalen kam gerade zum 125-jährigen Bestehen des Westenfelder Friedhofs, dessen Verwaltung kurz zuvor an Holger Sense überging. Daher sind langsam auch die ersten Veränderungen gereift, gewachsen oder angelegt, die aus dem Friedhof einen „Friedpark“ werden lassen.

Zufrieden mit einer Woche Arbeit seines „Jungvolkes“ auf dem Westenfelder Friedhof ist Imker Frank Menzel. Foto: Gero Helm / FUNKE Fotoservices.
Zufrieden mit einer Woche Arbeit seines „Jungvolkes“ auf dem Westenfelder Friedhof ist Imker Frank Menzel. Foto: Gero Helm / FUNKE Fotoservices. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

„Wir wollen hier die Möglichkeiten nutzen, die die Freiflächen bieten, etwas zurückzugeben, was der Natur verloren gegangen ist,“ umreißt Holger Sense. Ein gutes Dutzend kleinerer Wildblumen-Wiesenflecken ist hier im März ausgesät worden und hat schon das erste Mal geblüht. Gerade ist die Hälfte gemäht worden, um noch einmal auszutreiben.

Imker ohne Netz und Pfeife

Die „besonderen“ Bienen von Frank Menzel nehmen das gern an, wenn sie sich nicht an der Nährlösung aus Sirup bedienen, um ihrer Arbeit im Stock nachzukommen. „Sie sind auch besonders auf Honigertrag getrimmt,“ plaudert der Imker aus dem Nähkästchen, während er die Aktivitäten des „Jungvolks“ beobachtet. Ohne das klassische Netz über dem Kopf, ohne Pfeife. Menzels Bienen müssen besonders friedfertig sein. Auch deshalb gibt es bisher nur positive Rückmeldungen von den Besuchern.

Besucher freuen sich über die Bienen

Die Bienen haben es auch nicht weit gehabt bei der Neuansiedlung auf dem Friedhof, verrät der Imker, „gerade 500 Meter von meiner Anlage, aber das stört die sowieso nicht.“ Außerdem wird an der neuen Adresse ja auch bei der weiteren Pflanzung Rücksicht auf die summenden Helfer genommen. 15 neue Bäume sind in letzter Zeit gepflanzt worden, und Holger Sense schmunzelt, als er die Zusammenstellung beschreibt. „Keine aus dem klassischen Sortiment, mehr aus der botanischen Trickkiste,“ erzählt er, denn die Bäume sollten langlebig sein, den Bienen per Blüten Nahrung bieten. Deshalb finden sich hier nun „Dufteschen“, „Tulpenblattbäume“, „Flatterulmen“, übrigens „Baum des Jahres 2019“, und als besonderer Stolz des Verwalters, Mammutbäume (Sequoia) und sogar ein „Urwelt-Mammutbaum“ oder eine gelb blühende Kastanie.

Viel Betrieb wegen der Hitze

Nicht trotz, sondern wegen der aktuellen Hitzewelle herrscht Betrieb auf den Wegen, denn schattige Plätze bietet der Friedhof reichlich. Allerdings laufen im Moment auch 25 Kubikmeter Wasser täglich durch die Hähne in die Gießkannen, erzählt Sense. Trockenschäden nach dem Hitzesommer 2018 sind heute noch zu sehen.

Holger Sense bringt die Geduld mit, die die Veränderungen bei der Gestaltung des evangelischen Friedhofs hin zum „’Friedpark“ benötigen.
Holger Sense bringt die Geduld mit, die die Veränderungen bei der Gestaltung des evangelischen Friedhofs hin zum „’Friedpark“ benötigen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Trotzdem startete vor gut einem Jahr die Planung für die Ansiedlung der Bienen, für die ungewöhnlichen Bäume, und für neue Grabgestaltungen. Die kleinen Haine bieten dazu die Möglichkeit, und die Bäume spielen wieder eine große Rolle. So gibt es seit Mai die Möglichkeit zur „Bestattung unter dem Baum“, dabei informieren Namensplaketten auf schlichten Ruhrsandstein-Stelen über den genauen Standort der jeweiligen Urne. Dann kann ein „Baumfamiliengrab“ gewählt werden, gibt es einen „Urnengarten“ mit einer Pflanzinsel in der Mitte und schließlich die Möglichkeit zur Beisetzung an einer Gemeinschaftsstele.

Holger Sense beschreibt, dass immer mehr Menschen sich wünschen, nach ihrem Tode keine Last für die Angehörigen darzustellen, sie finanziell oder mit der Pflege einer Grabste

Regelmäßig Führungen

Der sich wandelnde Friedhof an der Westenfelder Straße erschließt sich bei Führungen, die Verwalter Holger Sense regelmäßig anbietet. Nächster Termin: Mittwoch, 31. Juli, 14.30 Uhr.

Info und Kontakt: 02327/300 961 (Anrufbeantworter), Friedhofsverwaltung.Wattenscheid@kk-ekvw.de, Sitz ist an der Westenfelder Straße 61.

Der Friedhof verfügt über 8500 Grabstellen, damit haben hier gut 28.000 Beerdigungen stattgefunden.

lle zu belasten. „Aber wir wollen hier nicht einfach eine Wiese ohne Hinweise anbieten, es soll immer etwas Besonderes sein.“ Das gilt auch für die beiden Felder, auf denen die Steine an Tote aus den Weltkriegen und an Opfer von Bergwerksunglücken aus der Gesamtstadt erinnern. Die Gehölze rundum wurden zurückgeschnitten, die Steine überholt. „Damit sich hier ein freier Blick bietet,“ erklärt Sense. Besonders auf die Veränderungen, die die Entwicklung vom Friedhof zum „Friedpark“ ausmachen.