Velbert. Historisches Flair für den schönsten Tag: Neuer Trauort eröffnet im Herzen der Stadt. Ambiente-Trauorte sind gefragt. Nun kommt ein neuer dazu.

Überall hängen Kabel von der Decke, etliche Wände sind aufgeschlitzt oder teils großflächig freigelegt. Kurzum: Es sieht schon richtig nach Baustelle aus. In guter Kleidung, geschweige denn festlich gewandet, würde hier niemand umherlaufen wollen. Aber das ändert sich jetzt gründlich. In Zukunft geben sich hier Brautleute das Ja-Wort und mit ihren Festgästen die Klinke in die Hand. Das altehrwürdige Offershaus wird nämlich saniert sowie umgebaut und bekommt ein Trauzimmer. In zwei Monaten soll‘s losgehen und rund ein Jahr später fertig werden.

Neue Location in Velbert wird schon lange geplant

Erinnerungen an früher: Die alten Ofenplatten bleiben erhalten.
Erinnerungen an früher: Die alten Ofenplatten bleiben erhalten. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Idee stammt noch aus den Zeiten, als Stefan Freitag Bürgermeister war, oder – wie andere sich erinnern – sogar schon aus den Jahren seines Vorgängers Hörr. Das Vorhaben habe einen langen Vorlauf, erzählt Manuel Villanueva-Schmidt beim Ortstermin mit der WAZ, da zunächst die Grundlagen hätten erarbeitet werden müssen und detaillierte Abstimmungen mit der Unteren Denkmalbehörde sowie dem LVR-Denkmalamt vonnöten gewesen seien. „Bei der Statik mussten wir schauen, was geht, was nicht?“, so der stv. Leiter des städt. Fachbereichs Immobilienservice, „und beim Thema Denkmal, was ist erhaltenswert?“

Zeugnis der Entstehung von Velbert

Der „Offerhof“ im Herzen der Stadt ist eines der letzten Zeugnisse der Entstehung von Velbert und gehört zu den 60 städtischen Objekten, die das Immobilienservice-Team betreut. Es ist längst nicht das einzige, das unter Denkmalschutz steht. Sanierung und Umbau kosten 470.000 Euro, davon fördern 375.000 Euro Land und Bund über das Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“.

Den ersten Ansatz kurzerhand gedreht

Auch die Treppe hat ihre Geschichte - und wird bewahrt.
Auch die Treppe hat ihre Geschichte - und wird bewahrt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Ein Ergebnis der Voruntersuchungen und -überlegungen ist, dass ein ursprünglicher Ansatz gespiegelt, also exakt einmal gedreht werden muss. Das betrifft die Anordnung des knapp 50 qm großen Trauzimmers mit der darüberliegenden Galerie, von der aus man durch dann freigelegte Balken runter auf die Zeremonie schauen kann.

Auf das Vorgefundene reagieren

Michael Lobe ist daran gelegen, möglichst viel von der alten Substanz zu zeigen; „nicht nur Holz, Bruchstein und Ausfachungen. Man muss auf die Substanz reagieren, die man vorfindet“, sagt der Fachbereichschef. In ihrer jetzigen Form erhalten blieben die zwei vermieteten der vier Wohnungen im Obergeschoss und der von der Offers-Kompenei genutzte Versammlungsraum im Erdgeschoss zur Offerstraße hin.

Große Unterschiede zwischen den einzelnen Ebenen

Die Schnitt-Zeichnung veranschaulicht, wie das Trauzimmer mit der darüber liegenden Empore aussehen wird.
Die Schnitt-Zeichnung veranschaulicht, wie das Trauzimmer mit der darüber liegenden Empore aussehen wird. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Innen ist noch alles sehr kleinteilig und verwinkelt; die Raumhöhe misst zwar deutlich über zwei Meter, dennoch zieht man beim Rundgang unwillkürlich den Kopf ein. Auf den ersten Blick erschließt sich: Hier ist schon mehrfach umgebaut und Hand angelegt worden. Die Sprünge zwischen den unterschiedlich hohen Ebenen werden mittels Stufen sowie - wegen Barrierefreiheit - Rampen und mit einem Hublift überbrückt.

Sektempfang im Foyer

Die Wände sind an mehreren Stellen offengelegt worden; gemacht wurde das bei den Voruntersuchungen.
Die Wände sind an mehreren Stellen offengelegt worden; gemacht wurde das bei den Voruntersuchungen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Zum Trauzimmer als dem zentralen Ort gesellen sich Wartebereich und Foyer. Es werden Büros eingerichtet, doch die Anfangsidee, das komplette Standesamt hier unterzubringen, hat man ganz schnell verworfen. „So viel Fläche gibt das Gebäude einfach nicht her“, erklärt Villanueva-Schmidt und beziffert die Nutzfläche auf 250 qm. Die vorgesehenen Büros reichten allenfalls für einen Bruchteil der Arbeitsplätze.

Architekt schon mehrfach in Velbert aktiv

Beim Ortstermin mit der WAZ: Michael Lobe, Immobilienservice, und Architekt Michael Nagy (re.). Die Eingangstür soll die älteste des gesamten Hauses sein. Der Haupteingang ist auf der anderen Seite vorgesehen. In Richtung Freigelände und Nedderstraße.
Beim Ortstermin mit der WAZ: Michael Lobe, Immobilienservice, und Architekt Michael Nagy (re.). Die Eingangstür soll die älteste des gesamten Hauses sein. Der Haupteingang ist auf der anderen Seite vorgesehen. In Richtung Freigelände und Nedderstraße. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Michael Nagy befasst sich schon seit 2021 mit dem Projekt. Der Architekt vom Büro „BNS“ hat vor Ort bereits die Kitas Nord- und Fontanestraße federführend geplant und verfügt über Erfahrungen mit Bauten wie dem Haus am Offers. So hat Nagy in Monheim das Ulla-Hahn-Haus und die historische Spielmann-Kneipe umgebaut. Ein Projekt wie aktuell das Velberter erfordere halt viele Abstimmmungen mit Behörden: „Es ist eben ein Denkmal.“ Das „BNS“-Team arbeitet mit separaten Fachplanungsbüros zusammen: bei der Statik, technischen Gebäudeausstattung, dem Brandschutz etc. Zum Einsatz kommt eine Hybrid-Heizung, eine Wärme-Luft-Pumpe kombiniert mit Gas.

Relikt einer ehemaligen Hofanlage

In dem denkmalgeschützten Haus ist schon wiederholt umgebaut und Hand angelegt worden.
In dem denkmalgeschützten Haus ist schon wiederholt umgebaut und Hand angelegt worden. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Immobilie Am Offers 3 gehört zu den Resten einer ehemaligen Hofanlage. Die Umfassungsmauer des Erdgeschosses besteht aus Bruchsteinmauerwerk, die weiteren Konstruktionen aus Fachwerk. Laut Steckbrief der Denkmalbehörde wurde der Hof bis 1896 von Peter Offerhaus bewirtschaftet. Anschließend kam er in den Besitz der Familie Bredtmann, bis er 1926 an die Stadt verkauft wurde. 1934 erfolgte eine Umnutzung für Kulturamt, Stadtarchiv, Bücherei mit Lesesaal. Eine Komplettsanierung wurde zuletzt 1989 durchgeführt.

Hier die Tiere, gleich nebenan die Menschen

Die ehemalige Kochstelle ist noch erkennbar, da sich dort der um 1722 entstandene barocke Kamin befindet. Aus dieser Zeit stammt auch die zweiteilige Holztür an der Ostfassade und innen die barocke Treppenanlage ins Obergeschoss. Der eine Gebäudeteil diente früher als Stall, in dem anderen, kleineren wurde gewohnt.

Ja-Wort in besonderem Ambiente

Außerhalb des Rathauses sind standesamtliche Trauungen schon jetzt an folgenden so genannten Ambiente-Trauorten möglich: Best Western Plus Parkhotel, Vorburg von Schloss Hardenberg, Bürgerhaus Langenberg und Vereinigte Gesellschaft. Und offensichtlich sind das Interesse an und die Nachfrage nach besonderen Orten ziemlich groß.