Velbert. Werden sie verkauft oder saniert, umgebaut und anders genutzt? Die Stadt Velbert hat zwei historische Gebäude leer stehen. Was mit ihnen los ist.

Nicht nur leerstehende Ladenlokale sind in dieser Stadt - wohlgemerkt in allen drei Bezirken - ein Thema und bewegen die Gemüter. Immer wieder kommen zudem sowohl aus der WAZ-Leserschaft als erstens auch aus der Bürgerschaft sowie zweitens aus Kreisen der Kommunalpolitik Fragen zu ungenutzten Immobilien auf. Dabei ist in Velbert-Mitte vor allem das frei stehende Wohngebäude Friedrichstraße 92, das sogenannte ehemalige Bürgermeisterhaus, im Fokus. Deutlich weniger Interesse gilt dem Leerstand gleich schräg gegenüber. In der einstigen Fabrikantenvilla Friedrichstraße 79 war zuletzt u. a. das Jugendamt untergebracht. Soviel vorweg: Die Stadt als Eigentümerin denkt aktuell nicht daran, diese Gebäude zu veräußern.

Im Velberts Etat-Planung sind Mittel vorgesehen

Die erwähnten Nachfragen und kritischen Kommentare aus der Bevölkerung gelten weniger dem Zustand der Bauten selbst als vielmehr dem Aussehen des Drumherums und dem Umstand, dass sie seit langem ungenutzt sind.

Ausbauten, Loggien, Erker und Stuckdekor prägen das Aussehen der Villa.
Ausbauten, Loggien, Erker und Stuckdekor prägen das Aussehen der Villa. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Für erforderliche Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sei ein siebenstelliger Betrag vorgesehen, sagt Jörg Ostermann mit Blick auf den städtischen Haushalt und dessen mittelfristige Finanzplanung. Diese Ansätze dokumentierten auch den entsprechenden Willen der Politik. „Beide Immobilien“, so bekräftigt der Fach-Dezernent wörtlich, „werden derzeit nicht verkauft.“ Ihm fehle allerdings auch die Fantasie dafür, merkt er an, dass „jemand um die Ecke kommt und daraus ein Rendite-Objekt macht“.

Seit Jahren unbewohnt und ungenutzt

Auf den Klingelschildern der erstgenannten Immobilie stehen noch die Namen der ehemaligen Mieter. Das Haus sei seit gut vier Jahren unbewohnt, berichtet Ostermann, schräg gegenüber liege die letzte Nutzung ähnlich lange zurück. Die Bezeichnung der Friedrichstraße 92 geht übrigens auf die knapp zwei Jahrzehnte zurück, während derer der ehemalige Bürgermeister Leopold Tweer dort sein Zuhause in der oberen Etage hatte. Eigentlich ist es ein um 1810 von der Familie Kölver erbautes Fachwerkhaus mit dem Namen „Unter den Linden“, dass später eine klassizistische Fassade bekam - teils verputzt, teils verschiefert.

Überlegungen gelten dem Stadtarchiv

Auch an der Friedrichstraße 92 gibt es so manches Detail, das genaueres Hinschauen lohnt.
Auch an der Friedrichstraße 92 gibt es so manches Detail, das genaueres Hinschauen lohnt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Optimal wäre, so hieß es am Rande des doppelten Ortstermins mit der WAZ, grundsätzlich natürlich ein Ansatz, „bei dem alle Beteiligten sagen, ‚das ist es‘“. Bereits seit längerem geprüft werde eine Nutzung durch das Stadtarchiv mit Büro-Arbeitsplätzen, einer Ausleihe und einer kleineren historischen Bibliothek. Derzeitiger Stand: „Der Ausgang dieser Überlegungen ist noch völlig offen.“ Eine klassische, regelrechte Archiv-Nutzung, wirft Michael Lobe ein, stoße recht schnell an statische Grenzen. In diesem Kontext erwähnt der Leiter des städt. Fachbereichs Immobilienservice die riesigen, tonnenschweren Regale.

Idee von Wohnraum hinfällig

Eigentlich ein Hingucker: die von Karl Nocken erbaute Fabrikantenvilla.
Eigentlich ein Hingucker: die von Karl Nocken erbaute Fabrikantenvilla. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Hinsichtlich der 1895 von Karl Nocken hauptsächlich im Stil der Neorenaissance erbauten Villa mit Ausbauten, Loggien, Erkern und Stuckdekor sei gemeinsam mit der Wobau eine Wohnnutzung unter Einbeziehung umliegender Flächen geprüft worden, erzählt Ostermann, die jedoch nicht zum Tragen gekommen sei. Sollte es künftig wieder zu einer Verwaltungsnutzung kommen, werde man dabei auch eine öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen.

Städtebauliche Defizite auf dem Schirm

Berichteten auf WAZ-Anfrage zum Sachstand: (v. li.) Dezernent Jörg Ostermann, Robert Wild (Chef des Fachbereichs Stadtentwicklung) und Michael Lobe, Leiter des Immobilienservices der Stadt Velbert.
Berichteten auf WAZ-Anfrage zum Sachstand: (v. li.) Dezernent Jörg Ostermann, Robert Wild (Chef des Fachbereichs Stadtentwicklung) und Michael Lobe, Leiter des Immobilienservices der Stadt Velbert. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Mit beiden Gebäuden könnten wir Qualität in dem Stadtteil abbilden“, zeigt sich Robert Wild überzeugt, ebenfalls auf die Zukunft bezogen. Klar benennt der Fachbereichsleiter Stadtentwicklung „die städtebaulichen Defizite“ in den Bereichen sowohl oberhalb als auch unterhalb beider Immobilien.

Technische Anlagen am Ende ihrer Lebenszeit

Sieht jetzt schon seit fast 200 Jahren so aus und ist doch ein ungewohnter Anblick: die Rückseite des Bürgermeisterhauses.
Sieht jetzt schon seit fast 200 Jahren so aus und ist doch ein ungewohnter Anblick: die Rückseite des Bürgermeisterhauses. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Nach dem Urteil Michael Lobes haben die Gebäude „Anpassungsbedarf“ in puncto Brandschutz und Barrierefreiheit. Sie stehen seit 1981 „als bedeutendes Gebäude für die Stadtgeschichte und -entwicklung“ bzw. 2000 „aus stadtgeschichtlichen und architektonischen Gründen“ unter Denkmalschutz. „Auch die technischen Anlagen sind am Ende ihrer Lebenszeit. Da ist man dann schnell bei einer Kernsanierung.“ Man habe aber derzeit auch keine Ressourcen, sich überhaupt beider Immobilien anzunehmen. Die Personal-Engpässe gehörten zu den wesentlichen Hürden. Das hindere auch die Erstellung von Nutzungskonzepten. Schließlich mache der Denkmalschutz die Sache ebenfalls nicht einfacher.

Früher war hier das Heimatmuseum

Das Gebäude Friedrichstraße 92 gehörte ab 1830 der franz.-belg. Bergwerksgesellschaft „La Marche“. 1850 kaufte es der Gießereiunternehmer Binsfeld aus Remscheid, bis es in den 1870er Jahren der Kaufmann F. W. von Bruck erwarb. Seitdem wurde es das „vom Bruck`sche Haus“ genannt. Nach dem 1. Weltkrieg kaufte es die Stadt Velbert. Zunächst nutzte das Heimatmuseum - das spätere Deutsche Schloss- und Beschlägemuseum - bis 1936 das Erdgeschoss. Danach zog es in den Keller des Rathauses.

Wohnen und Repräsentieren

Die Villa sei „Zeugnis der Phase, in der sich Wohnungen von Arbeitgebern und -nehmern voneinander räumlich trennten und Unternehmer Wohnhäuser erbauten, die nur dem Wohnen der eigenen Familie und der gesellschaftlichen Repräsentation dienten“, heißt es in dem „Steckbrief“ zur Friedrichstraße 79. Um 1933 sei das Haus „von der Familie Nocken an die Stadt Velbert verkauft“ worden, „um die geforderten Räumlichkeiten für die NSDAP zu schaffen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zuletzt waren dort unterschiedliche Verwaltungsbereiche untergebracht.